Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 28.1930
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https://doi.org/10.11588/diglit.7609#0258
DOI Heft:
Heft 6
DOI Artikel:Scheffler, Karl: Moderne Plastik: Ausstellung der Berliner Secession
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HERMANN HALLER, WEIBLICHER KOPF. STUKKO KARL ALBIKER, BILDNIS KARL HOFER. BRONZE
AUSGESTELLT IN DER BERLINER SECESSION
MODERNE PLASTIK
AUSSTELLUNG DER BERLINER SECESSION
VON
KARL SCHEFFLER
TA er Erfolg, den die Berliner Secession mit ihrer
nur plastische Arbeiten enthaltenden Aus-
stellung hat, ist wohlverdient, weil ein solcher Ver-
such längst einmal hätte gemacht werden sollen.
Mit Recht dürfen sich die Bildhauer beklagen, daß
ihre Werke gemeinhin in den Ausstellungen nur
zwischen den Bildern und Zeichnungen dastehen,
um Cäsuren zu schaffen, und daß die meisten
Besucher achtlos vorübergehen. Dennoch sah man
der Verwirklichung des Planes mit einer gewissen
Besorgnis entgegen. Nicht daß es an genügend
vielen und guten Arbeiten lebender Bildhauer fehlt;
im Gegenteil, die Plastik hält das Niveau heute
sicherer als die Malerei. Aber es hat sich immer
als fast unmöglich herausgestellt, Plastiken ver-
schiedener Größe zulänglich in großen Sälen auf-
zustellen. Uberzeugend ist die Aufstellung denn
auch nicht geraten; doch ist die fast unlösliche
Aufgabe immerhin mit Geschmack und Takt be-
wältigt worden.
Diese Schwierigkeit der Aufstellung hat tiefere
Ursachen. Innerhalb der modernen Kunst ist die
Plastik vereinsamt. Sie schwebt eigentlich mit allen
ihren reinen und edlen Bemühungen in der Luft.
Es ist so, weil Plastik eine bürgerliche Kunst nicht
sein kann, wie es die Malerei doch im neun-
zehnten Jahrhundert betont gewesen ist und es,
wenn auch schon auf einer Grenzscheide, heute
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AUSGESTELLT IN DER BERLINER SECESSION
MODERNE PLASTIK
AUSSTELLUNG DER BERLINER SECESSION
VON
KARL SCHEFFLER
TA er Erfolg, den die Berliner Secession mit ihrer
nur plastische Arbeiten enthaltenden Aus-
stellung hat, ist wohlverdient, weil ein solcher Ver-
such längst einmal hätte gemacht werden sollen.
Mit Recht dürfen sich die Bildhauer beklagen, daß
ihre Werke gemeinhin in den Ausstellungen nur
zwischen den Bildern und Zeichnungen dastehen,
um Cäsuren zu schaffen, und daß die meisten
Besucher achtlos vorübergehen. Dennoch sah man
der Verwirklichung des Planes mit einer gewissen
Besorgnis entgegen. Nicht daß es an genügend
vielen und guten Arbeiten lebender Bildhauer fehlt;
im Gegenteil, die Plastik hält das Niveau heute
sicherer als die Malerei. Aber es hat sich immer
als fast unmöglich herausgestellt, Plastiken ver-
schiedener Größe zulänglich in großen Sälen auf-
zustellen. Uberzeugend ist die Aufstellung denn
auch nicht geraten; doch ist die fast unlösliche
Aufgabe immerhin mit Geschmack und Takt be-
wältigt worden.
Diese Schwierigkeit der Aufstellung hat tiefere
Ursachen. Innerhalb der modernen Kunst ist die
Plastik vereinsamt. Sie schwebt eigentlich mit allen
ihren reinen und edlen Bemühungen in der Luft.
Es ist so, weil Plastik eine bürgerliche Kunst nicht
sein kann, wie es die Malerei doch im neun-
zehnten Jahrhundert betont gewesen ist und es,
wenn auch schon auf einer Grenzscheide, heute
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