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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 28.1930

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Heft 7
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Hausenstein, Wilhelm: Zur Rembrandt-Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.7609#0304

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des betenden David und die Not auf dem Ölberg?
Und ist uns allen der Reiter auf einem Zustands-
druck der Drei Kreuze vertraut — dieser Reiter
links zwischen zwei Kreuzen, der das Grauen um
sich hat und starr sitzt wie eine Puppe? Ein ge-
ronnenes Profil, das in die Ewigkeit blickt?

Und daß ich zum Schluß gestehe: unter allen
den herrlichen Handzeichnungen blieb mir wieder
die liebste die mit dem blinden Beiisar, der ein
Almosen empfängt — dies Blatt mit der doppelten
Handschrift, denn man findet dort den schreiben-
den und den zeichnenden Rembrandt in Einem,
und man findet die Weite, findet die Demut, findet
die Innigkeit, das Menschliche, das Herz und die
Frömmigkeit und die gestaltende Gewalt dieser
unvergleichlichen Phantasie, die auch mit einem
prosaischen Strich schon die tragisch rhapsodierende
Leier des Weltalls tönen macht. Auf diesem Blatt
stehen die folgenden Worte: „Erbarmt u over den

armen belisaro die nochtans wel was in groot
aensien door syn manhaftyge daden en door de
jaloesy is verbündt." Die Legende von dem ge-
blendeten byzantinischen Feldherrn Beiisar ist Gleich-
nis des nur zu wahren Lebensromans des Rembrandt
selbst. Vordem in großem Ansehen, nachher durch
den Neid der anderen geblendet. Es ist der Weg
von 1631 bis 1Ö57. Man hört in diesen para-
bolischen Worten die dunkle Stimme des Rem-
brandt; er klagt; er bittet um ein Almosen; er
weiß nicht, ähnlich wie Beethoven, der in der
Sterbestunde fragt, ob er ein wenig Talent ge-
habt hat — er weiß wahrhaftig nicht, daß von
seines, des Bettlers Reichtum drei Jahrhunderte der
Weltgeschichte gesättigt worden sind.

Anmerkung der Redaktion: Wilhelm Hausenstein
hat vor einigen Jahren ein Buch üher Rembrandt geschrie-
ben, dessen Grundanschauungen mit diesem Aufsatz über-
einstimmen. (Deutsche Verlagsanstalt, Berlin-Stuttgart.)

REMBRANDT, SELBSTBILDNIS AM TISCH. LAVIERTE FEDERZEICHNUNG MIT DECK WEISS, UM 1638

KUPFERSTICHKABINETT, BERLIN

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