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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 28.1930

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Heft 8
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Seifert-Wattenberg, ...: Achtundneunzigste Grosse Kunstausstellung Hannover
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https://doi.org/10.11588/diglit.7609#0369

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seinen zähen stillen, manchmal etwas trockenen Willen.
Alemannisches Erbgut möchte man sagen. Roesch, Laves
und Nay ringen mit Hoferschen Problemen.

Die Brückenleute — ihr Geburtsland ist Sachsen und
merkwürdigerweise sind ihnen die drei Schleswiger: Bar-
lach, Nolde und Rohlfs gewissermaßen verwandt — stehen
im schärfsten Gegensatz zu dem Domkreis. Der Pfälzer
Purrmann, der Hamburger Ahlers-Hestermann, der Westfale
Peifer-Watenphul und Rudolf Großmann suchen von neuem
Anschluß bei Paris, bei Matisse und geben reizvolle, beson-
ders farblich kultivierte Arbeiten. Französische Malkultur
verrät auch das Bildnis „Sauvage" von Walter Becker-Cassis.

Die Synthese von germanischem Geist und romani-
scher Sinnlichkeit vollzieht sich dann restlos in den beiden
Schweizer Sälen, die zu den beglückendsten der ganzen Aus-
stellung gehören. Gesunde, fast robuste Sinnlichkeit bei
Blanchet, spielerische Grazie mit heiterem Ernst bei Gub-
ler, vollendete Grazie bei Barrand in dem kleinen Halbakt
mit dem Strohhut, dekoratives Vermögen im besten Sinne
bei Kohler — alles das streift nicht nur das moderne Frank-
reich, sondern es weist, was weit wichtiger ist, auf eine ver-
steckte, aber noch immer lebendig empfundene Antike hin.
Graeco-romanisch ist die Plastik von Geiser, an Idyllen von

Gessner erinnert der Tänzer von Hubacher — alles atmet
Tradition.

Tradition und damit fast immer Niveau hat auch die
deutsche Plastik. Zwar gibt es hier bedenkliche Lücken —
es fehlen Kolbe, Albiker, Schärft und Barlach (dieser hat zwei
sehr schöne Zeichnungen geschickt) —, aber Jussuf Abbos
stille Köpfe, Karschs reizende, sich drollig gebende Mädchen
und Matarcs stark stilisierte und doch so naturnahen Tier-
plastiken fallen verheißungsvoll auf. Auch Mareks sei hier
genannt, ferner der Frankfurter Werner. Von Fiori ist die
Fliehende da. Hallers drei Köpfe wirken mehr sinnlich nervös
als statuarisch.

Das Bauhaus ist ungenügend vertreten. Als halb abstrakt
eingestellte Künstler, etwa auf Braque oder Lurqat fußend,
seien der originelle Xaver Fuhr, der Kölner Hörle und der
Düsseldorfer Adler hervorgehoben.

Es wären noch manche zu nennen — Heß, Troendle, Cro-
del, Walser und viele andere. Der Katalog weist 432 Nummern
auf. Trotz dieser Fülle hält die Ausstellung fast immer Niveau.
Hannover ist als kunstinteressierte Stadt allmählich in den
Vordergrund gerückt —, aber auch kunstschaffend verdient
es Beachtung. Von den hannoverschen Künstlern seien
Schwitters, Scheuernstuhl und Gleichmann genannt.

Seiffert-Wattenberg.

FR. AHLERS-HESTERMANN, DER SPRINGBRUNNEN

AUSGESTELLT IM KUNSTVEREIN HANNOVER

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