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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 28.1930

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Heft 8
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Kunstausstellungen
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Scheffler, Karl: Chagalls Fabeln: Ausstellung in der Galerie A. Flechtheim
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Post, Hermann: Neues aus Amerika
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https://doi.org/10.11588/diglit.7609#0372

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A. MAILLOL, HOCKENDE FRAU. STEINDRUCK

AUSGESTELLT tM STAATLICHEN KUPFERSTICHKABINETT, BERLIN
MIT ERLAUBNIS DER D. D. A.

Die städtische Galerie veranstaltete eine umfangreiche
Ausstellung von Gemälden, Aquarellen und graphischen
Arbeiten von Frans Masereel, die ihren starken Eindruck
nicht verfehlte. Den Lesern dieser Zeitschrift brauche ich
die Eigenart und Bedeutung dieses fruchtbaren Künstlers
nicht erst vor Augen zu führen. Wenn Masereel auch als
Maler in neuerer Zeit erhebliche Fortschritte gemacht hat,
so bleibt er doch nach wie vor in erster Linie Graphiker.
Seine eindrucksvollen Großstadtballaden könnten häufig auf
manche Staffagefigur verzichten. Masereels Häuser und
Hallen, Straßen und Interieurs sind unheimliche Lebewesen,
sind in ihrer Art moderne Gegenstücke zu den romantischen,
unwirklichen und doch so lebendigen Gebilden zerfallener
Vergangenheit, die Kubin vor uns heraufbeschwört.

In der Staatsgalerie war für einige Wochen Manets
frühes Meisterwerk „Der Bettelmusikant" als Leihgabe aus-
gestellt. Dieses Bild, das vor einigen Jahren unbegreif-
licherweise aus der Wiener Staatsgalerie verkauft wurde
und jetzt in englischen Privatbesitz übergegangen ist, hatte
während seiner Münchener Ausstellung einen geradezu sen-
sationellen Erfolg bei Künstlern wie bei dem großen Pu-
blikum. Bei dieser Gelegenheit sei bemerkt, daß die große

Landschaft bei Auvers von van Gogh, die seit Jahren als
Leihgabe die Staatsgalerie schmückte, seit kurzem in den
Besitz des bayerischen Staates übergegangen ist.

A. L. M.

CHAGALLS FABELN
AUSSTELLUNG IN DER GALERIE A. FLECHTHEIM

T7S war ein guter Einfall des klugen, künstlerisch passio-
' nierten Vollard, als er den Russen Marc Chagall ge-
wann, zu den Fabeln des Lafontaine hundert Aquarelle zu
machen. Es wurde ein Treffer. Er hat damic Lafontaine
einen Dienst erwiesen und auch Chagall. Denn dessen er-
zählfreudiges Talent entfaltet sich, wie sich zeigt, um so
reicher und naiver, je sicherer es von einem Stoff geführt
wird. Nie war Chagall so frei wie in dieser Abhängigkeit.
Sonst wurde sein illustrativer Instinkt den Bildern oft ver-
derblich; hier durfte es aus vollem Herzen Illustrator sein
und damit sein Bestes geben. Die hundert Aquarelle sind
ungleich; die Besten aber gehören zum Liebenswürdigsten,
was die neueste Kunst noch hervorgebracht hat. Sie sind
vor allem sehr märchenhaft. In einer ungesuchten Weise.
Chagall konnte für diese dankbare Aufgabe alle Elemente
des Volkskunstartigen, die in seinem Talent sind, mobili-
sieren und, so geführt, echte Formphantasie entwickeln.
Die starke Übertragung der Form und vor allem auch der
Farbe überzeugt dichterisch. Sehr anmutig ist, wie auch in
diesem Fall eine Haupttugend bedeutender Illustratoren her-
vorgekehrt wird: der Stoff ist in einer reizenden Weise hu-
moristisch genommen, er ist lachend verarbeitet. Das gibt
den Aquarellen dieselbe Leichtigkeit, die die Fabeln haben.
Dadurch ist es möglich geworden, auch den ganzen Ex-
pressionismus, die ganze transzendente Romantik der neue-
ren Malerei mit einer gewissen überlegenen Ironie zu be-
handeln.

An der Schnur der Dichtung reihen sich reich und schön
diese hundert Aquarelle zu einer Einheit. Schade ist nur,
daß diese Aquarelle nicht zusammenbleiben können, daß
sie kein Buch bilden, sondern Motive für Radierungen ab-
geben, die ihrerseits dann als Illustrationen zu Lafontaines
Fabeln buchmäßig vereinigt werden sollen. Die Radierungen
werden die Frische dieser Aquarelle kaum haben können.

K. Sch.

*

NEUES AUS AMERIKA
„Cubism 1910—1913" hieß eine Ausstellung, die de
Hauke im April veranstaltete: Picasso, Braque, Gris, Leger,
de la Fresnaye, Gleize, Metzinger, Villon und Marcoussis.

Im Museum of Modern Art in New York gab es im
April eine Klee-Ausstellung. Der Kritiker Mc. Bride von
„The Sun" schrieb über Klee, man könne sehen, daß er
als Kubist geboren sei, es sei schwer, sich ihn als etwas
anderes vorzustellen. „Und auf die Gefahr hin für paradox
zu gelten: er ist gar nicht einmal ein Kubist. Er kümmert
sich so wenig um strenge Formen, wie er sich um andere
prosaische Tatsachen dieser Erde kümmert." Mc. Bride sagt,
daß er bei keinem der abstrakten Künstler eine der Musik
so nahe kommende Empfindung habe wie bei Klee. Im

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