Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 28.1930
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Heft 11
DOI Artikel:Scheffler, Karl: Die Sammlung Alfred Cassirer
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AUGUST GAUL, JUNGER BÄR. STEIN
MIT ERLAUBNIS VON PAUL CASSIRER, BERLIN. SAMMLUNG ALFRED
risch und klassisch an. Der sich beständig Wan-
delnde muß mit merkwürdiger Bewegung auf solche
Arbeiten zurückblicken. Dieses Frühbild hängt mit
Recht in der Nähe des „Rothaarigen Jungen" (1871
bis 187z, 40 cm hoch, 33 cm breit, früher im Besitz
von W. Trübner) von W. Leibi. Denn beide Bilder
wurzeln in der Münchner Malerei und gehen zu-
gleich, jedes in seiner Weise, weit darüber hinaus.
Wenig bekannt geworden ist das Selbstbildnis von
1918, das den Betrachter entfernt an Menzel, oder
doch an die Kunststimmung, die Menzel heißt,
denken läßt. Eine besondere Erwähnung verdient
auch noch der „Reiter am Meer" aus dem Jahr 1907
(60 cm hoch, 76 cm breit).
Unter den Zeichnungen, Pastellen und Aqua-
rellen ist sehr vieles und schönes von Liebermann;
es sind allein fünf Pastelle von Wannseegärten
darunter, zwei Kreidezeichnungen mit holländi-
schen Motiven und vieles andere — alles persön-
lich und mit viel Sinn für Qualität gewählt. Das
importanteste Blatt von Menzel ist ein liegender
Mann in farbiger Kreide, glänzend gezeichnet, ein
Menzel in der Quintessenz. Daneben sind noch drei
andere Zeichnungen vorhanden. Viele Zeichnungen
CASSIKKK
und Aquarelle besitzt die Sammlung von
Slevogt; eine ganze Welt von illustra-
tiver Gestaltung und improvisierendem
Naturstudium breitet sich an den Wän-
den des Eßzimmers aus. Von Guys
sind neuerdings zwei jener schönen
Aquarelle erworben, die neulich bei
Paul Cassirer ausgestellt waren. Eben-
daher kommen auch die beiden Aqua-
relle von Cezanne: „Die Angler" (ab-
gebildet Jahrgang XXVIII, Seite 189)
und „Die Früchte", ebenso die Rohr-
federzeichnung des Kirchhofes von St.
Maries von van Gogh und die Studie
einer Tänzerin mit Fächer (Jahrgang
XXVIII, Seite 190) von Degas. Bedeu-
tender ist noch eine Gruppe von
Tänzerinnen dieses letzten Künstlers,
die wir hier abbilden: das ist leicht hin-
geschriebene, rhythmisch schwingende
Monumentalität. Ein Glanzstück der
Sammlung ist das Pastell einer jungen Frau mit
kleinem Hut und Schleier von Renoir. Das Bild-
nis ist in Blau gehalten mit etwas Rostrot im Hut
und mit grünem Hintergrund. Das Ganze ist von
hinreißender Lieblichkeit und Jugend. Arbeiten von
Rodin, Karl Walser, Signac, reizende Märchen-
zeichnungen von Gulbransson und graphische Blät-
ter verschiedener Künstler vervollständigen diese
Abteilung der Sammlung.
Die Plastiken gehören alle — mit Ausnahme
eines reizenden Bronzeköpfchens der Tochter des
Sammlers von Georg Kolbe — August Gaul. Er
ist vertreten mit zehn Kleinplastiken von Tieren,
mit einer stehenden Löwin, stehenden Bären, einem
sichernden Reh, einer Hühnergruppe, einer Pingu-
inengruppe, zwei Enten und mit der ganzen so-
genannten „Eselei". Alles dieses sind Bronzen. Ein
liegender junger Bär in Stein kommt hinzu. Auch
hier erweist sich Gaul als ein Meister, der unter
Kunstwerken jeder Art und jeder Güte seinen Rang
behauptet, als ein Meister, ein Kleinmeister der
Tierwelt, unter Meistern.
So rundet sich die Sammlung zu einem Gan-
zen. Kunstwerke der verschiedensten Art kommen
zusammen, um einen Gesamteindruck zu erzeugen,
der selbst etwas vom Kunstwerk hat.
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MIT ERLAUBNIS VON PAUL CASSIRER, BERLIN. SAMMLUNG ALFRED
risch und klassisch an. Der sich beständig Wan-
delnde muß mit merkwürdiger Bewegung auf solche
Arbeiten zurückblicken. Dieses Frühbild hängt mit
Recht in der Nähe des „Rothaarigen Jungen" (1871
bis 187z, 40 cm hoch, 33 cm breit, früher im Besitz
von W. Trübner) von W. Leibi. Denn beide Bilder
wurzeln in der Münchner Malerei und gehen zu-
gleich, jedes in seiner Weise, weit darüber hinaus.
Wenig bekannt geworden ist das Selbstbildnis von
1918, das den Betrachter entfernt an Menzel, oder
doch an die Kunststimmung, die Menzel heißt,
denken läßt. Eine besondere Erwähnung verdient
auch noch der „Reiter am Meer" aus dem Jahr 1907
(60 cm hoch, 76 cm breit).
Unter den Zeichnungen, Pastellen und Aqua-
rellen ist sehr vieles und schönes von Liebermann;
es sind allein fünf Pastelle von Wannseegärten
darunter, zwei Kreidezeichnungen mit holländi-
schen Motiven und vieles andere — alles persön-
lich und mit viel Sinn für Qualität gewählt. Das
importanteste Blatt von Menzel ist ein liegender
Mann in farbiger Kreide, glänzend gezeichnet, ein
Menzel in der Quintessenz. Daneben sind noch drei
andere Zeichnungen vorhanden. Viele Zeichnungen
CASSIKKK
und Aquarelle besitzt die Sammlung von
Slevogt; eine ganze Welt von illustra-
tiver Gestaltung und improvisierendem
Naturstudium breitet sich an den Wän-
den des Eßzimmers aus. Von Guys
sind neuerdings zwei jener schönen
Aquarelle erworben, die neulich bei
Paul Cassirer ausgestellt waren. Eben-
daher kommen auch die beiden Aqua-
relle von Cezanne: „Die Angler" (ab-
gebildet Jahrgang XXVIII, Seite 189)
und „Die Früchte", ebenso die Rohr-
federzeichnung des Kirchhofes von St.
Maries von van Gogh und die Studie
einer Tänzerin mit Fächer (Jahrgang
XXVIII, Seite 190) von Degas. Bedeu-
tender ist noch eine Gruppe von
Tänzerinnen dieses letzten Künstlers,
die wir hier abbilden: das ist leicht hin-
geschriebene, rhythmisch schwingende
Monumentalität. Ein Glanzstück der
Sammlung ist das Pastell einer jungen Frau mit
kleinem Hut und Schleier von Renoir. Das Bild-
nis ist in Blau gehalten mit etwas Rostrot im Hut
und mit grünem Hintergrund. Das Ganze ist von
hinreißender Lieblichkeit und Jugend. Arbeiten von
Rodin, Karl Walser, Signac, reizende Märchen-
zeichnungen von Gulbransson und graphische Blät-
ter verschiedener Künstler vervollständigen diese
Abteilung der Sammlung.
Die Plastiken gehören alle — mit Ausnahme
eines reizenden Bronzeköpfchens der Tochter des
Sammlers von Georg Kolbe — August Gaul. Er
ist vertreten mit zehn Kleinplastiken von Tieren,
mit einer stehenden Löwin, stehenden Bären, einem
sichernden Reh, einer Hühnergruppe, einer Pingu-
inengruppe, zwei Enten und mit der ganzen so-
genannten „Eselei". Alles dieses sind Bronzen. Ein
liegender junger Bär in Stein kommt hinzu. Auch
hier erweist sich Gaul als ein Meister, der unter
Kunstwerken jeder Art und jeder Güte seinen Rang
behauptet, als ein Meister, ein Kleinmeister der
Tierwelt, unter Meistern.
So rundet sich die Sammlung zu einem Gan-
zen. Kunstwerke der verschiedensten Art kommen
zusammen, um einen Gesamteindruck zu erzeugen,
der selbst etwas vom Kunstwerk hat.
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