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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 17.1882

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55

Kunstlitteratur.

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der Darlegung der Grundsätze, welche ihn bei der
Bildung der Galerie leiteten, betont Schack nachdrück-
lichst sein Mißtrauen gegen den zeitweilig herrschenden
Geschmack der Menge. Gewiß aus guten Gründen!
Aber gegen manche Erscheinungen, z. B. gegen die älteren
Düsseldorser, deren Ruhm zur Zeit seiner Jugend die
Welt crfüllte und die ihm als warnende Exempel schnell
verblaßten Erfolges gelten, berhält er sich abwehrend
bis zur Ungerechtigkeit. Wenn er bei der Charakteristik
Feuerbachs von C. Fr. Lessing als von dem „Schöpfer
der Hußbilder" spricht, „welche auf den Pfeifeuköpfen
der Handwerksburschen in die Uusterblichkeit eingehen
werden", so wollen wir mit ihm über den Geschmack
dieser Ausdrucksweise nicht strciten; gerecht aber kann
man ein solches Wort gewiß nicht nennen einem Meister
gegenüber, der sich durch den schlichten Ernst seiner
Landschaftsmalerei den unbestreitbaren Anspruch darauf
erwvrben hat, unter den Meistern echt deutscher Art
und Empfindung, wie sie Schack doch sonst vor allen
schätzt und liebt, einen Ehrenplatz zn behaupten. Auch
ein großer alter Meister wird von unserem Autor ini
Vorübergehen degradirt, kein Geringerer als — Rem-
brandt; er nennt ihn einmal ganz gelassen einen „ Künstler
zweiten Ranges". Die originelle Begründung dieses
Ausspruches möge der Leser auf S. 97—99 des Buches
nachlesen.

Das führt uns zu dem zweiten Hauptbestandteil
der Galerie, der unvergleichlichen Sammlung Vvn
Kopien uach alten Meisterwerken, welche auf Schacks
Veranlassnng von ciner Anzahl berufenster Kräfte für
die Sammlung angefertigt wurden. Die Grüude, welche
den Besitzer zu diesem Unternehmen angespvrnt haben,
verdienen allseitige Beachtung und Nacheiferung. Er
schildert das stetig zunehmende Verderben der alten
Bilder, dieGefahren der Restaurationeu, die Schwierig-
keit des Studiums bei der Zersplitterung der großen
Meisterwerke über alle Länder und Hauptstädte der ge-
bildeten Welt uud macht dem gegenüber auf den relativ
hohen Wert aufmerksam, welche eine gute Kopie sür
die Masse der Gebildeten und selbst für diejenigen,
welche höhere künstlerische Ansprllche machen, haben
kann. „Das schönste künstlerische Geschenk" —. sagt
er —, „das ein König seinem Lande zu bieten ver-
möchte, wäre daher ein Museum, worin die auf der
ganzen Erde zerstreuten Hauptwerke der Malerei in
vorzüglichen Kopien einen Platz fänden." Ein Muster
Lafür, wenn auch im Kleinen, hat Schack ausgestellt,
und unter allen Städten Europas dürfte zunächst Berlin
berusen sein, seiner großartigen plastischeu Kopien-
sammlung, dem Museum der Gipsabgüsse, eine solche
Kopiengalerie sür die Geschichte der Malerei an die
Seite zu stetlen! Den Jmpuls zu Schacks Kopien-
sammlung gab Lenbachs 1863 ausgeführte treffliche

Kopie des Bildes der Helene Forman von Rubens in der
Pinakothek, und dem berühmten Münchener Porträt-
maler verdankt er bekanntlich noch eiue ganze Reihe
von Nachbildungen nach Werken der Hauptmeister
Jtaliens, Spaniens und der Niederlande, vor alleu
nach Tizian (Karl V. in Madrid, Jrdische und himm--
lische Liebe im Palazzo Borghese u. a.), denen später
zahlreiche nicht minder gelungene Kopien von Ernst
von Liphart, Hans v. Maröes, B. Entres, A. Kraus,
A. Cassioli, D. Penther, K. Schwarzer und namentlich
die reiche Sammlung der Arbeiten August Wolfs, vor-
nehmlich nach venetianischen Meisteru, sich anschlossen.
Auch bei der Besprechung der Kopien giebt Schack
sowohl über die Urheber der Originale als über die
von ihm zu deren Wiedergabe berufenen Künstler viel
höchst interessantes, für die liebevolle Sorgfalt und den
feinen Knnstsinn des Bestellers zeugendes Detail. Wir
begleiten ihn auf seinen Reisen, hören ihn die Gründe
für die zu treffende Wahl der Bilder auseinandersetzen,
vernehmen auch die Äußerungen der Kopisten über die
besonderen Eigenschaften der Originale, die technischen
Schwierigkeiten des Kopirens, kurz empfangen überall
den Eindruck des lebendigsten, den Künstler wie den
Menschen im Jnnersten berührenden Verkehrs mit deu
Werken der großen Meister, dieser kostbarsten und edel-
sten Hinterlassenschast der Menschheit.

Bei dem vielen Erhebenden, Schönen und Nach-
eiferungswürdigen, welches in Schacks Buch enthalten
ist, wird es uns schwer, diese Anzeige mit einem leisen
Mißktang zu schließeu. Aber der Verfasser selbst hat
es so gewollt, indem er an mehreren Stellen, besonders
am Ende seiner Darstellung sich zu einem Ausbruche
der Verbitterung hinreißen tieß, den wir nicht mit Still-
schweigen hinnehnien können. Wenn Schack von „der
eisigen Kälte und tödlichen Gleichgültigkeit" spricht,
„Welche die ganze deutsche Nation von jeher seinem
eigenen geistigen Schaffen gezeigt habe" und infolge
dessen den „Wunsch nicht zurückweisen kann, er möchte
lieber in England oder Jtalien, in Frankreich oder
Spanien gebvren worden sein", sv müssen wir an dieser
Stelle freilich uns versagen, die Berechtigung seines
Unwillens, insoweit sich derselbe auf des Autors dich-
terische Produktion bezieht, näher zu untersuchen. Die
wiederholten Auflagen seiner Gedichte, von denen das
Lem vorliegenden Buche beigedruckte Verlagsverzeichnis
der Cotta'schen Buchhanblung zu berichten weiß, wollen
uns jedoch inimerhin jene Külte und Gleichgültigkeit
nicht gar so arg erscheinen lassen. Jn Betreff der ge-
lehrten Werke aber, seiner Geschichte der dramatischen
Litteratur Spaniens, seiner Bearbeitung des Firdusi,
seiner Schilderung der arabischen Kunst und Litteratur in
Spanien und Sicilien, wird er sich doch wahrlich nicht
über Mangel an Erfolg zu beklagen haben. Was
 
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