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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 17.1882

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Brun, Carl: Gerolamo d'Adda
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https://doi.org/10.11588/diglit.5808#0036

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Gerolamo d'Adda.

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das Werk gewidmet ist, den Jmpuls gebe zur Vvllendung
desselben. *)

Es ist natnrlich, daß Gerolamo d'Adda als Mai-
länder sich von der mailändischen Kunst am meisten
angezogen fühlte; drei seiner Arbeiten beschäftigen sich
speziell mit Lionardo da Vinci. Wenig bekannt, weil
nicht in den Handel gekommen, ist seine bibliographische
Abhandlung über jene Seite im Ooüox ^tlantious
(Foglio 207, Nr. 1 rooto), auf welcher die Bücher
verzeichnet sind, die der Maler der Mona Lisa besesien
hat. Die Schrift, betitelt: Iisonuräo 6u Vinoi s Is.
sns lidroris, (Lliisno, 1873.) ist tppographisch schön
ausgestattet und mit einem photolithographischen Fac-
simile versehen; der Jnhalt legt beredtes Zeugnis ab
von dem Scharfsinn des Autors. Die zweite Studie,
welche sich mit dem Gründer der mailändischen Akademie
befaßt, Iwonsräo äs Vinoi o ls OosrnoZ'rslm, erschien
als Feuilleton in der Perseveranza vom 7. Juli 1870
(^nno XII, X. 3836). Allgemeiner bekannt ist der
in der OuMtts äss Usaux-^rts von 1868 Publizirte
Aufsatz: I/öonsrä äo Vinoi, lu §rsvuro milsnuiss ot
kusssvsnt (loms XXV, S. 123—152). Gcrvlamo
d'Adda ging, wie er mir brieflich mitteilte, mit dem
Gedanken um, vas, was er über Lionardo zusammen-
getragen hatte, in einem Bandc für sich zu veröffent-
lichen. Nun ist vielleicht manches Neue sür inimer
begraben! Jm Frühling 1879, in einer jencr mir
unvergeßlichen Stunden im Sanktuarium des Marchesc,
las mir derselbe z. B. einen Aufsatz vor Uber die
Reiterstatue des Francesco Sforza und die viel be-
strittene Zeichnung im Münchener Kupferstichkabinet.
Auchd'Adda hielt dieselbesürPollajuolo, und dieGründe,
welche er angab, waren durchaus zwingender Natur.

Gerolamo d'Adda beherrschte zweierLänder Jdiome
glcich gut, er drückte sich mit derselben Leichtigkeit in
der Sprache Voltaire's wie in seiner Muttersprache aus.
Der Aufsatz über Lionardo ist nicht der einzige, den
er in französischer Sprache veröffentlicht hat, die
Ou^otto äss Usuux-^rts darf fich rühmen, mehrere
wertvolle Beiträge von ihm erhalten zn haben. Jn
den Jahrgängen von 1863 und 1864 sindet sich sein
üsssi biblioArsxüiguo sur los anoious moäblss äs
linAsrio, äo äontollss ot äs ta^issoriss Arsvos st
xublios sux 16 ° st 17° sibolos sn Itulis, on I?rsnos,
on ^IIomuAus st on Vlsnärs (Bd. XV, S. 342—
359 u. Bd. XVII, S. 421—436), im Jahrgang 1867
der kurze Aufsatz: Im xravuro sur äiawsnt (Bd. XXIII,
S. 294—296), im Jahrgang 1876 endlich sinden sich
die beiden geistvollen Abhandlungen über die künstlerische

*) Es sreut mich, sagen zu können, daß der Sohn des
Verstorbenen, Marchese Giovannino d'Adda, mir geschrieben hat,
er würde seinerseits alles thun, damit nichts von der Hinter-
lassenschaft seines Vaters sür die Wissenschast verloren gehe.

und industrielle Bewegung in Jtalien während des
16. Jahrhunderts: I. Im lit äs Oristsllnrsio. II. Ds
tombsau äo Ouston äs IHx (Bd. XV, S. 97—120;
S. 442—450 nnd S. 483—499, 2° xsrioäo.) 1879
wurde dem Marchese, kurze Zeit nachdem er zum
korrespondirenden Mitglied des Jnstituts ernannt worden
war, von einer Pariser Verlagsbuchhandlung das An-
erbieten gemacht, die in der dnriotts äss Lsuux-^rts
erschienenen Aufsätze zu sammeln und in zwei Oktav-
bänden herauszugeben. Leider ist dies schöne Projekt
bis jetzt nicht zur Ausführung gekommen; wie durch
vieles andere hat auch hier die Krankheit einen Quer-
strich gemacht.

Es liegt nicht in meiner Absicht, ein vollständiges
Verzeichnis von den Arbeiten d'Adda's zu geben, nur
auf zwei derselben möge noch hingewiesen werden.
1866 veröffentlichte er im Facsimile ein Unikum der
Ambrosianischen Bibliothek, einen gedruckten und an Luis
de Santangel gerichteten Brief des Christoph Columbus
vom 15. Febr. und 14. März 1493 (Nilnno, Dsoäoro
ImsnAnor.), 1874 im -brobivio storioo lombnräo eine
Studie über Lodovico Maria Sforza und das Kloster
von Santa Maria dellc Grazie. Letztere bringt wiede-
rum viele inedirte Archivalien. (Vgl. ,Vnno I, Vaso. I.)

Meine Beziehungen zu Gerolamo d'Adda datircn
vom Jahre 1875; es war mir damals darum zu thun,
in seiner Kupferstichsammlung die Stiche Mantegna's
und der anderen paduanisch-mantuanischen Meister
zu sehen. Mein Freund Gustav Frizzoni war so gütig,
mich dem Marchese vorzustellen. Mit der den italieni-
schen Adel auszeichnenden Gentilezza wurden wir von
demselben empfangen.*) Jn jener Zeit stand der alte
Herr trotz seiner 60 Jahre noch im Vollbesitze seiner
Kraft. Er teilte uns aufs freundlichste alles mit, was
unser Herz bcgehrte und sprach mit Begeisterung von
den Werken des großen paduanischen Malers. Um
den kuooo suoruto seiner Rede, die Lebendigkeit seiner
Ausdrucksweise hätte ihn ein Jüngling beneiden können!
Als ich dann im Frühjahr 1879 wiederum bei ihm
vorsprach, war Gerolamo d'Adda körperlich bereits ein
gebrochener Mann. Das Faustische in seiner Er-
scheinung, welches mir schon beim ersten Zusammen-
treffen aufgefallen war, machte sich nun noch umso-
uiehr gcltend; das Feuer seiner Augen war nach wie
vor unerloschen. So deutlich, als wäre es gestern ge-
wesen, sehe ich den alten Edelmann vor mir stehen,
wie er mir seine Alden zeigte und mich an der Hand
der Werke selbst einweihte in die Geschichte des mai-
ländischen Holzschnitts und Kupferstichs. Es war eine
Lust, sich von ihm weisen und belehren zu lasien, sein
Enthusiasmus für das Unvergängliche in der Kunst

') Vgl. auch den Nökrolog von Louis Courajod in der
ObroiÜHns äss Xrts vom 17. Sept. Nr. 30, S. 238—239.
 
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