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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 17.1882

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Vom Christmarkt
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https://doi.org/10.11588/diglit.5808#0060

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N5

Vom Christmarkt.

11k

kein Heil erbliihen, schon um dcs Kommentars wilien,
den dieDarstellungen bedürften, denn der Kommentar ist
zwar eine gute Sache für den, der lernen, nicht aber
für den, der genießen will. Jmmerhin wäre es kurz-
sichtig, wollte man an der illustrirenden Kunstthätig-
keit nnserer Zeit und unseres Volkes verzweiseln. Nur
sollte man ihr Zeit und Ruhe gönnen, sollte nicht
treiben und hetzen und mit einem Aufgebot von einem
ganzen Dutzend handfertiger Zeichncr innerhalb 10 bis
12 Monaten einen Folianten illustriren wollen. Das
Resultat einer solchen auf den Termin gestellten Ak-
kordarbeit ist in den meisten Fällen schon der Bunt-
scheckigkeit der äußeren Erscheinung wegen ein wenig

Faden zusammengehalten wird. Dieser Mangel an
Gesühl für Harmonie macht sich auch in dem ersten
der uns vorliegenden Holzschnittwerke geltend, das sonst
seiner ganzen Anlage und Durchführung nach zu den
besseren Leistungen der illustrirenden Verlagsthätigkeit
zu rechnen ist. Wir laffen ihm nicht blos deshalb
sondern auch des Jnhalts wegen den Bortritt, der uns
zu dem Urguell der Kunst des christlichen Weltalters
zurückführt. „Von Bethlehem nach Golgatha, das
Leben unseres Herrn u. s. w. mit Bildern von
B. Plockhorst, Bignetten und Ornamenten von E.
Kep ler und F. Wanderer und Gedichten von Karl
Gerok" (Stuttgart, Gebr. Kröner) lautet der Titel

Aus „Von Bethlehem nach Golgatha'

Verlag von Gebr. Kröner in Stuttgart.

befriedigendes, und nur ausnahmsweise wird der
Verleger Gelegenheit finden, die Mängel der Schnell-
bleiche bei neuen Auflagen durch Flickarbeit auszubeffern;
denn Prachtwerke haben in der Regel einen kurzen
LebenSatem, es geht ihnen wie den Schmetterlingen,
die auch nicht von einem Jahr zum andern dauern.

Sind wir auch in Deutschland, was den repro-
duzirenden Kunstfleiß anlangt, im letzten Jahrzehnt
dem Auslande gegenüber ein gutes Stück vorange-
kommcn, hat unsere Bücherausstattung auch in typo-
graphischer Beziehung gewonnen, dcr Holzschnitt in der
Feinheit der Technik franzvsische uud englische Leistungen
üherflügelt, immer noch stehen wir in Geschmackssachen
hinter den mit uns rivalisirenden Nationen zurück.
Selten wird man englische und französische Prachtwerke
finden, welche Holzschnitte von ganz verschiedenerHand-
schrift zusammenwürfelii, namentlich in Fällen, wo der
Stoff ein einheitlicher ist, der Tept durch einen festen

des in mäßigem Umfange gehaltcnen Quartbandes.
Von den drei auf dem Titel genanntcn Künstlcrn treffen
wir, unseres Wiffens, Plockhorst und Kepler zum ersten-
male als Arbeiter auf dem buchhändlerischen Ackerfelde
an. Plockhorst hat die sogenannten Vollbitder, vierzehn
an der Zahl, zu der Publikation beigesteuert; sie sind
alle in den tiefsten Tönen gestimmt, die der Holzschnitt
anstimmen kann, aber nicht sollte, und machen den Ein-
druck, als ob sie nicht auf Grund von Zeichnungen,
sondern nach völlig durchgeführten Ölgemälden angefer-
tigt worden wären. Man merkt den Kompositionen
den Fleiß und das ernste Studium an, mit welchem
der durch scin Mosesbild (im Kölner Museum) als
biblischer Historienmaler zuerst anerkannte Künstler seiner
Aufgabe und niit ihr all den verschiedenen Ansprüchen
des modernen Kunstgeschmacks an Wahrheit des Kostüms
und derScenerie, an malerischen Effekt und koloristischer
Stimmung gerecht zu werden suchte. Aber nur in ein-
 
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