Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 17.1882

DOI Artikel:
Verschiedenes / Inserate
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5808#0091

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
177

Kunstlitteratur.

178

weilenden Bruder gerichteten, aus Wien 1810 datirten
Briefe hervor, worin es heißt: „Wenn Du nicht einzig
und allein unseres großen Vvrhabens wegen hierher-
kommst (es ist der Übertritt des Brüderpaares vom
Judentum zum Christentum gemeint), so wirst Du Dich
in Hinsicht Deiner Erwartungen für die Kunst ge-
täuscht finden. Jch arbeite auf der Akademie, diese
würde aber für Dich wcnig Nutzen bringen, da Du
schon malst. Jndessen glaube ich, ist doch mehr hier
als in Berlin, wo doch rein gar nichts ist". Das Jahr
1813 verzögerte die Verwirklichung der kiinstlerischen
Bildnngspläne. Gemeinsam mit Eichcndorff beschließt
Philipp Veit, dem Ausruf zur Beteilignng nn dcn Frei-
heitskämpfen Folge zu leisten, und meldet seinem Vater
das Vorhaben in einem Wiener Briefe, der mit folgcn-
den Worten beginnt: „Jch zweifle nicht, daß Du längst
wirst erwartet habcn, was ich Dir jetzt schreiben werde,
den Entschluß nämlich, mich nicht von den meisten und
besten deutschen Jünglingen abznsondern und mit ihnen
meine Kraft für das Wohl des Vaterlands zu benutzen".
Der von dem edelsten Patriotismus erglühte zwanzig-
jährige junge Mann schloß sich in Breslau der Lützow-
schen Schar an, trat später zu den reitenden Jägern
des Brandenburgischen Kürassierregiments über, erwarb
sich in der Schlacht bei Leipzig das Offizierspatent,
zog mit dem siegreichen Heer nach Paris und kehrte
mit dem eisernen Kreuz geschmückt zu Pinsel und
Palette zurück. Von da ab verfolgen wir in dem
Briefwechsel seine Reise nach Rom im Jahre 1815,
seinen Eintritt in den Kreis der deutschen Maler mit
Cornelius an der Spitze und vernehmen viel des An-
ziehenden über deren kllnstlerisches Schaffen. Alles
Jnteresse nehmen die Notizen über die Ausführnng der
Frescogemälde in der Casa Zuccari in Anspruch. Daß
es bei diesem Unternehmen an Schwierigkeiten und
Widerwärtigkeiten nicht fehlte, darauf deutct folgende
Stelle eines Briefes Philipps vom 31. Oktvber 1816
an den in Neapel weilenden Bruder Johannes: „Von
unserer Malerei kann ich Dir nur die betrllbende Nach-
richt mitteilen, daß, obgleich Catel, Schadow und ich
nichts bezahlt nehmen, Cornelins doch nicht fvrt-
arbeiten soll. Bartholdy scheint disgustirt. Du kannst
Dir denken, wie traurig Cornelius ist". Weiterhin
erfahren wir, daß die Absicht bestand, die berllhmte
Frcskenfolge (die noch vor Jahresfrist den deutschen
Reichstag, leider jedoch nicht zu Gunsten des von der
Reichsregierung beabsichtigten Ankaufs der Casa Zuccari,
beschäftigt hat) für Berlin zu kopircn. „Daß man die
Kopicn in Öl nach Berlin schickt", schreibt Dvrothea
an Philipp, „wird gewiß gut sein; überhaupt ist nichtS
zweckmäßiger, den Lcuten die Augen zu vffnen, als ihnen
etwas zum Schauen hinzustellen. Andisputiren läßt
sich der Sinn nicht. Du hast sehr recht mit Deinen

Klagen, daß in der Kunst noch immer das Schlechtere
mehr gilt als das Gute und daß so manches Gute
verkehrt geschieht." Jn der Folge kam die Ausführung
der Wandgemälde doch wieder in glücklichen Fluß.
Veit wurde sogar von Bartholdy mit „schönen Ge-
schcnken" bedacht, u. a. mit cincm als Jntaglio geschnit-
tcnen antiken Kopfe, dcssen sich der junge Maler als
Briefsiegel bediente. Daß es dem Kreise der deutschen
Künsller in stcom trotz aller Hemmnisse an Bcgeistc-
rung, Schaffcnssrende, Wissensdrang nnd gemütvoller
Heiterkeit nicht fehlte, geht aus dem Briefwechsel zwischen
Mutter und Sohn hervor. „Mit dcm allergrößten
Jnteresse", heißt es da, „hnbcn wir Deine Berichte
gclesen über dic griechischen nnd dentschcn Studien.
Es ist ein herrliches, tichtvolles, srcudcnrciches Leben,
was Du führst, Du und Deine Freunde. . ." Der
zweite Band schließt mit Philipp Vcits Bcrnfsziveifeln,
hervorgerufen durch eine vorübergehende Neigung zum
geistlichen Stande. Friedrich von Schlegel kann seines
Sticfsohnes Beruf als Kllnstler mit jener Ncignng
nicht unvereinbar finden, unterläßt aber nicht beizu-
fügen: „Auf Deinem Malerberuf schien uns allcn bis
jetzt ein Segen zu ruhen und die Gnade eines srommen
Sinnes". Auch ohne diese Mahnnng schwandcn bald
alle Berufszweifel: nach drei Jahren war Philipp Veit
der glückliche Gatte der schönen und liebenswiirdigen
Römerin Karoline Pulini, einer Tochtcr des Bildhauers
Pnlini. Mit dem Jahre 1817 und einigen Dichtcr-
klängen Veits an seinen Waffengefährten I. v. Eichen-
dorff schließt der zweite Band des Briefwechsels. Ein
in nahe Aussicht gestellter dritter Band soll Briefe
von Ovcrbeck bringen, ohne Zweifel ebenfalls mit Be-
reicherungen für die Geschichte der neudeutschen Kunst.
Von den bis jetzt erschienenen beiden Bänden ist der
erste mit den Bildnissen Dorothea und Friedrich von
Schlegels, der zweite mit dcncn Johann und Philipp
Veits nach Originalzeichnungen der Brllder in Radi-
rungen von Eissenhardt geschmückt. Die Brüder sind in
jugendlichem Alter dargestellt. Ungern vermissen wir
das Bildnis Veits im Greisenalter nach der kurz vor
seinem Tode gemalten Selbstporträtskizze, von welcher
eine treffliche Nachbildung ebenfalls von Eissenhardt,
im 15. Jahrgange dieser Zcitschrift zu der Charakte-
ristik Philipp Veits Vvn Valentin erschiencn ist. Wir
schließen mit dem Wunsche, daß dieses geistvolle Bildnis
in dem zu erwartenden dritten Bande des Briefwcchsels
nicht fehlen möge. G. S.

—x. Seemanns Kunsthistorische Bilderbogen. Das zweits
Supplement dieser Publikation ist vor kurzem um zwei neue
Lieferungen mit den Tafeln Nr. 331 bis 3S4 bereichert worden.
Den Abbildungen ist diesmal ein kurzer erläuternder Text
beigefügt, während die vorhergehenden, auf die Antike bezüg-
lichen Tafeln des zweiten Supplements bereits in der zweiten
Auflage des von Anton Springer verfaßten „Textbuchs"
Berücksichtigung gefunden hätten. Jn den neuen Ergänzungs-
 
Annotationen