Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 17.1882

DOI Artikel:
Die jüngsten Erwerbungen der Nationalmuseen Frankreichs, [2]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5808#0099

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Die jüngsten Erwerbungen der Nationalmuseen Frankreichs.

19t

193

triebenen Ausgrabungen ansehnlich vermehrt. Die
Gegenstände gehören mit Ausnahme der Ausbeute eines
Pfahlbaues der Stativn zu Bevaix dnrchaus der vor-
rvmischen und römischen Epoche Galliens an. Auch
Schenkungen flossen dem Museum reichlich zu, unter
ihnen mehrerc Sammlungen von Steiniverkzcngcn ans
Dänemark und Norwegen, sowie eine solche von Pfeil-
spitzen und Silepwerkzeugen aus der algerischen Sahara.
Da das Museum möglichste Lückenlvsigkeit in der Dar-
stellung der Kulturentwickelung der Rassen anstrebt,
die den Bvden Galliens seit der ältesten bis zur Zeit
Karls des Großcn bewvhnten, um so gleichsam wissen-
schastliche und chrvnologische Serien der für die gallische,
römische und fränkische Epoche typischen Antiguitäten
darzubicten, sv werden die Lücken, die sich in den Ori-
ginalen etwa vorfinden durch Abformungen nach den
Schätzen anderer ähnlicher Sammlüngen ausgefüllt.
Sv wurden anch in dem genannten Zeitraum insbe-
svndere aus dem unter der musterhaften Leitung Or.
Lindenschniitts stehenden Mainzer Museum, sodann
auch aus den Provinzialsammlungen Frankreichs zahl-
reiche Abgüsse beschafft, ja einzelne umbrische und
etruskische Funde auch aus italienischen Sammlungen
in Kvpien dem Museum einverleibt.

Der Bericht erwähnt auch nvch zweier Sanim-
lungen, die bcstimmt sind, den Grundstvck sür zwei
neue Abteilungen der Nationalmuseen zu bilden: das
sogen. Musöe Khmer, enthaltend die etwa aus dem
10. bis 14. Jahrhundert unserer Zeitrechnung stammen-
den, zumeist religiösen Altertümer aus Cambodge, eine
Ausbeute der franzvsischen Expeditivn nach Cochinchina,
früher im Schlosse zu Compiögne, seit der Ausstellung
von 1878 aber auf dem Trvcadero aufgestellt und
bisher in Europa die einzige Sammlung dieser Art-
und das chinesisch e Museum des Schlvsses zu Fvn-
tainebleau, durch richterlichen Spruch aus dem Nach-
lasse Napoleons III. dem Staate zuerkannt. Auf die
Fortentwickelung beider konnte, in Ermangelung der
nvtigen Kredite, nvch nicht die volle Sorgfalt ver-
wendet werden, und es sollen ins nächste Kunstbudget
nun die nötigen Summen sowohl hierfllr, als auch für
die endgiltige Jnstallativn beider Sammlungen aufge-
nvmmen werden. — Endlich ist auch noch die Notiz
beigesügt, daß die im Schlosse zu Fontainebleau
zerstreuten Gemälde zu einer Galerie von >43 Werken
vereinigt wurden, die nächstens dem öffentlichen Besuche
geöffnet werden fvll, sowie daß die Restaurativn der
Fresken Primaticciv's und Rosso's ebendaselbst in
Angriff genommen werden kann, nachdem hierzu cin
außerordentlicher Kredit von 205 000 Fr. von den
Kammern bcwilligt worden ist.

Seit der Bericht, dessen Resultate wir im Vor-
hergehenden zusammenfaßten, der Öffentlichkeit über-
geben wurde, ist der Lonvre durch eine jener groß-
artigen Schenküngen, wie sie in Frankreich, mehr als
anderswo, einc schvne Tradition und gleichsam Ehrcn-
sache für die Kunstsammler sind, neuerdings bedeutend
bereichert werden. Der Bildhauer und Medailleur
Edvnard Gatteaux, Mitglicd dcs Jnstitnts, in wcl-
chem er bis zu seinem vor türzeni in dem hohen Alter von
92 Äahren erfolgten Tode eine Wohnung und ein Atelier
inne hatte, hinterließ, nachdem er schon bei Lebzeiteu
wiederhvlt einzelne Prachtstücke, insbesondere seiner
Handzeichnungensammlung, dem Louvre verehrt hatte,
seine sämtlichen Sammlungen, soweit sie nicht bei dem
Brande des Jnstitutsgebäudes am 21. Mai 1871 zu
Grunde gegangen waren, den wissenschafllichen und
Kunst-Anstaltcn seines Vaterlandes, indem er bezüglich
der Kunstobjekte die Auswahl ganz dem Ermessen der
Konservatoren der betreffenden Abteilungen des Louvre
überließ und nur die Bedingung daran knüpfte, die
einzelncn Objekte möchten dnrch Etiketten alS Vvn ihm
herrührend bezeichnet werden.

Wie nun aus dem Verzeichnis der dem Louvre
einverleibten Kunstobjekte zu ersehen, ist diese Auswahl
sehr reich ausgefallen, indcm die Summe derselben 173
beträgt.

An Gemälden sind es blos sieben, darunter aller-
dings ein Memling (Mystische Verlobnng der Heil.
Katharina mit dem Christuskind) und ein FraAnge-
lico (Sechs Heiligengestalten); dagegen nehmen die
Handzeichnungen mit 113 Stücken den Löwenanteil
für sich in Anspruch, und zwar nicht nur der Zahl,
sondern auch dem Werte nach, dcnn es finden sich
darunter zwei Livnardo's (Draperiestudie und zwei
Köpfe), zwci Michelangelv's (Akt für cinen Christus
am Kreuz und nackter männlicher Akt), Raffael (nackte
Aklstudie sür cinen Svldaten in der Constantinschlacht),
Mantegna (? Projekt zu einem Grabmal), cin
Squarcivne (Zwei Krieger), drei Dürers (Jung-
frau auf dem Throne, Mädchen und Händestudie, Dra-
perie), ein H. Baldung Grien (der Sabat), 16
Pvnssins (Arbeiten des Herküles), einClaude (Marine),
19 Jngres (Porträts und Studien) n. s. f. Es
folgt eine Reihe vvn 33 Bronzen, darunter zwölf
italienische aus dem Cinqnecento, elf spätere, zumeist
französische des 17. und 18. Jahrhunderts, und zehn
modern französische, darunter auch zwei von dem Dona-
tvr; svdaun zehn Terrakotten, darunter sieben taua-
gräische, zwei italicnische des 10. Jahrhunderts, nnd
cine französische (Pugets Mvdell zu seincm Milv vvn
Crotvn), zweiMarmorbüsten (Buffon vvn Hvudvn
und Moitte von Gatteaux selbst), eine Wachsbüste
(Ariadne von Nic. Poussin), eine Hvlzskulptur (eiii
 
Annotationen