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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 17.1882

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225

Nekrologe. — Sammlunqen und Ausstellunqen.

226

Jakob Becker bekannt, der ihn nach Frankfurt a. M.
mitnahm und dort seine Aufnahme ins Städelsche Jn-
stitut vermittclte. Um sich seinen Lebcnsunterhalt zu
verdienen, gab er eine Anzahl Kindermärchen mit selbst
gezeichneten Jllustrationcn heraus, die auch eine sehr
giinstige Aufnahme fanden. Die bekanntesten sind: „Der
Kinderhimmel" — „Hähnchen und Hühnchen" — „Der
Wundertag" — „Das Kind und seine liebsten Tiere"
— „Was der Nußbaum erzählt" — „Das Wettlaufen
zwischen dem Hasen und dem Jgel" (in zwanzig Auf-
lagen erschienen) — „Froschküster Quack". Einige
dcrselben sind auch ins Englische und Französische über-
setzt worden. Am Ende des ereignisreichen Jahres
1848 verließ Süs, der gerade die ersten Studien im
Ölmalen begonnen, Frankfurt und kehrte ins Eltern-
haus zurück, wo der verloren geglaubte, nun schon zu
einem gewissen Rufe gekommene Sohn mit herzlicher
Freude aufgenommen wurde. Von Rinteln, wo er
sich mit Porträt- und Landschaftsstudien beschäftigt
hatte, ging er 1850 nach Düsseldorf, um an der dor-
tigen Akadeniie seinen Bildungsgang zu vollenden. Nach-
dem er ein Jahr unter Leitung von Karl Sohn ge-
arbeitet, bezog er ein eigenes Atelier. Süs fühlte bald,
daß er für die Genremnlerei weniger Berns hatte, als
sür die Darstellung von Tieren, namentlich von Ge-
flügel, und das Federvieh bildete denn auch fortan den
Gegenstand fast aller seiner Gemälde. Er ging bei
seinen Kompositionen fast immer von einem humori-
stischen Grundgedanken aus und nannte mit Recht
seine Darstellungen „sprechende Tiere". Die Auffassung
war so neu, treffend und sür jeden verständlich, daß
der allgemeine Beifall, der seinen Bildern zu teil
wurde, vollständig gerechtfertigt erscheint. Biele der-
selben sind durch Farbendruck und Photographie in
allcn Weltteilen, namentlich in England und Amerika,
weit verbreitet, wie z. B.: „Der erste Gedanke" und
„Die Kükenpredigt". Seine Werke sind übrigens so
zahlreich, daß wir nur die bekanntesten namhaft machen
kvnnen, wie „Die beiden Mütter" (angekauft vom
Prinzen Friedrich von Preußen), „Die Entenhetze" (in
Hamburg), „Der Hahnenkampf" (angekauft von der
Großfürstin Helene von Rußland), „Häusliches Glück
und Leid" (im Besitz der Königin Marie von Hannover),
„Am häuslichen Herd" (cin Genrebild, Eigentum dcs
Geh. Sanitätsrat Or. Mooren in Düsseldorf), „Das
Abendlied" (in der Galerie in Hannover), „Die drei
Philosophen" (Hahn, Henne und Huhn, die das Geheim-
nis des Kohlkopfs zu ergründen suchen), „Das große
Ereignis" u. a. Außer den deutschen Kunstvereinen
erwarben auch die zu Wien, Pest, Boston u. s. w. mehr-
fach Arbeiten von Süs. Auch als Jllustrator und
Schriftsteller war er nebenher noch unausgesetzt thätig,
und die „Düsseldorfer Mvnatshefte" und andere littera-
rische Unternehmungen enthalten manch schätzbaren Bei-
trag von seiner Hand. Ebenso wirkte er mit günsti-
gem Erfolge als Lehrer, und viele Schüler und noch
mehr Schülerinnen verdanken ihm ihre Ausbildung.
Reich mit gesellschaftlichen Talenten begabt, wirkte Süs
auch bei den Festen des Künstlervereins „Malkasten"
als Sänger und Schauspieler, als Regisseur und Dichter
mit aufopfernder Hingabe. Von seinen aus solchem
Anlaß verfaßten Dichtungen ist der anmutige Text zu
der von Franz Knappe (jetzt Musikdirektor in Solingen)
komponirten Oper „Müllers Ännchen" wohl die wert-

vollste. Süs war zweimal verheiratet. Aus seiner
ersten Ehe mit einer Tochter des bekannten holländi-
schen Marinemalers P. I. Schotel (gestvrben 1865)
entstammen zwei Kinder, von denen der Sohn, Willy,
des Vaters Talcnt geerbt zu haben scheint.

Moritz Blanckarts.

Giovanni Duprö ch Einen gerade im gegenwärtigen
Moment recht empfindlichen Verlust hat die italienische
Künstlerschaft, die sich in der Hauptstadt eben zu einein
Wettgang mit dem Auslande rüstet, durch das Hinscheiden
Giovanni Duprs's erlitten; er statb, Jahre alt, nach
kurzem Krankenlager, am 18. Januar zu Florenz. GeborsN
am 1. März 1817 zu Siena, wo sein Vater als Bildschnitzer
arbeitete, erlernte er unter Giuseppe Barbetti's Leitung schon
früh die väterliche Kunst, studirte zwei Jahre auf der dortigen
Akademie, später zu Florenz; wo er mit einem Basrelief,
„Urteil des Paris", 1840 den dreijahrigen Preis davon-
trug. Bekannt ist seine Gruppe „Kain und Abel", wie seine
Pietü auf dem Friedhofe von Siena*). Daß er nicht nur
mit dem Meißel sondern auch mit der Feder zu hantiren
wußte, beweisen seine witzig geschriebenen: „llsnsisri sull'
nrts s rioorcli nntobioAruüoi", ein interessanter Beitrag zur
Kunstgeschichts der Gegenwart. §. 0. 8.

Lammlungen und Ausstellungen.

14. U. Eine neue periiiancnte Kunstausstellung ist durch
die Kunsthandlung von Emil Ph. M eyer L Co. in dem ehe-
mals Sachse'schen Kunstsalon inder Taubenstraße in Berlin
eröffnet worden. Zwei stattliche Oberlichtsäle haben durch
einegeschmackvolle Dekoration mitKaminen, Bronzen, Statuet-
ten ünd lebenden Pslanzen ein sehr gefälliges Aussehen er-
halten, wslches unsere Ausstellungsräume sonst vermissen
ließen. Zur Eröffnung fehlts es an den üblichen „Kolossal-
gemälden" nicht. Jn dem einen Saale figurirte ein Bild
von Georg Papperitz, „Die Ankunft der Toten in der
Unterwelt", welches schon 187S auf der internationalen Kunst-
ausstellung in München durch seine schwülstigen Formen und
seine übertriebene Ausdrucksweise allgemeinen Schrecken er-
regt hatte, in dem andern Piloty's letzte Arbeit „Die klugen
und die thörichten Jungfrauen", welche übrigens in Berlin
größeren Beifall gefunden haben als in München und Wien.
Zu ihnen kam noch das neueste Werk des czechischen Malers
VacslavBrozik, der sichinParis unterderLeitungMunkacsy's
von der Farbengebung seines ersten Lehrers Piloty emani-
zipirt und sich enger der französischen Schule nngeschlassen
hat. Die erste Arbeit in dieser Richtung war „Karls IV.
Zusammenkunft mit Petrarca und Laura in Avignon". Es
folgte „Kolumbus vor Ferdinand und Isabella" (für den
Salon von 1881 gemalt), ein Bild, in welchem namentlich die
Charakteristik der Köpfe mehr als sonst in die Tiefe ging,
und zuletzt hat er „Ein Fest in Rubens' Atelier" genialt,
welches jetzt in Berlin zur Ausstellung gekommen ist. Alle
drei Bilder sind eng miteinander verwandt: es handelt sich
um eine Art Ausstellung kostbarer Stoffe und prächtiger
Kostüme, die von vornehmen Männern und Frauen iiiit
historischen Etiketten zur Schau gestellt werden Jn der Art,
wie die französischen Maler historische Anekdoten zu malen
lisben, sind um Rubens alle künstlerischen Berühmtheiten
seiner Zeit versamnielt, Frans Hals so gut wie vnn Dyck,
Jordaens und Snyders, Teniers der alts und junge und
alle wirklichen und angeblichen Schüler des Meisters. Helene
Fourment sitzt auf einem Fauteuil und macht in Gemeinschaft
mit dem neben ihr stehenden Gatten dis Honneurs. Unter
der Gesellschaft bemerkt man auch manche Person, dis Rubens
gemalt hat, so z. B. die unter den Namen oünxsan cle xnilis,
der eigentlich ein Filzhut ist, bekannte Dame, die der Familie
van Lunden angehören soll. Das Atelier von Rubens, zu
welchem nicht einmal das bekannte Bild im Palazzo Pitti
benutzt, sondern das ganz frei aus der Phantasie geschaffen
worden ist, zeigt an dsn Wänden natürlich die berühmtesten
Gemälde des Meisters. Hinter den mit glänzender koloristi-

').S. Zeitschr. f. bild. K. IV. Jahrg. S. 1.
 
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