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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 17.1882

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Die bayerische Landesausstellung in Nürnberg von 1882
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Die bayerische Landesausstellung in Nürnberg von 1882.

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zu dem machten, als welches wir dasselbe auf der Aus-
stellnng sehen. Bevor wir eine kurze Beschreibung der
Ausstellung geben, sei noch bemerkt, daß die gesamte
Durchführung derselben vom bayerischen Gewerbe-
musenm ausging, welches entsprechend seiner Aufgabe,
die Entwickelung der Gewerbe des Landes zu fördern,
alle seine Kräfte hierfür einsetzte, und dem in erster
Linie der großartige Ersolg des Unternehmens zu
danken ist.

Poch nie hat eine Ausstellung unter günstigeren
Verhältnissen stattgefunden. Unter diese Verhältnisse ist
in erster Linie derAusstellungsPlatz zu rechnen, der
bekanntlich bei jeder Ausstellung eine große Rolle spielt.
Dieser Platz nun, das Mapfeld, liegt unmittelbar an
den Stadtmauern und ist mit prächtigen großen Linden
und Kastanienbäumen bepslanzt, welche ihm das An-
sehen eines Parkes geben. Die gesamten Baumanlagen
wurden fnr die Ausstellung in rücksichtvollster Weise
erhalten nnd höchst vorteilhaft zur Erzielung eines
malerischen Gesamtbildes ausgenützt. An den von
Bäumen freien größeren Plätzen wurden Ausstellungs-
gebäude sür die bildende Kunst und die graphischen
Künste, für das Verkehrs- und Unterrichtswesen errichtet;
weniger umfangreiche freie Plätze boten Raum für
Annexbauten der Aussteller, und der am meisten zurück-
gelegene Raum, auf welchem keine Bäume mehr standen,
wurde für das Hauptgebäude und die Maschinenhalle
bestimmt, zwischen welchen sich die Wagenhatle ein-
schob. Auf diese Weise erhielt man eine Vielheit der
Gebäude, die sich ebenso sehr aus Zweckmäßigkeits-
gründen wie aus ästhetischen Rücksichten empfahl. Die
Besucher konnten beim Eintritt in eines der Aus-
stellungsgebände ihre Aufmerksamkeit mehr konzentriren
nnd wurden bei dem Studium einer bestimmten Gruppe
nicht durch Andersartiges abgezogen; die Feuersgefahr
wurde durch Loslösung der Maschinenhalle ans das
geringste Maß beschränkt und die Gebäude selbst setzten
sich zu den Parkanlagen in ein entsprechendes Verhält-
nis. Jn der That sieht man, wenn man den Aus-
stellungsplatz betritt, der den ansehnlichen Flächenraum
von 120 000 gm aufweist, keines der größeren Aus-
stellungsgebände sich vordrängen. Man hat vor sich
herrliche Avennen mit dazwischen leicht und luftig sich
aufbauenden kleineren Gebäuden, deren Dasein durch die
ganzen Gartenanlagen bedingt erscheint. Am Schlusse
dcr Avenuen sind kleinere Annexbauten als Abschlüsse
der schönen Perspektiven errichtet, man glaubt in einem
vorzüglich angelegten Garten und nicht auf einem Ans-
stellungsplatze zu sein. Erst beim weiteren Fortschreiten
kommt man an den Fassaden des Kunst- und Verkehrs-
Pavillons vorbei zu der schräg abzweigendcn Avenue,
welche uns vor das Hauptgebäude mit der imposanten
Fassade führt, womit der Direktor Gnanth seine

Meisterschaft aufs neue wieder erfolgreich erprobte.
Man kann sich nicht leicht etwas Jmposanteres und
Zweckentsprechenderes denken als diese Fassade mit ihrer
dnrchbrochenen luftigen Kuppel und der reichen und
doch so vornehmen Dekoration. Wie ein Schmuck-
kästchen stellt sich der Ban dar, an dem tansend ge-
schäftige Hände zur Vcrwirklichung eines einheitlichen
Gedankens thätig waren, den provisorischen Charakter
streng hetonend, aber in einer Weise, wie die Pflanzen
ihr vorübergehendes Dasein niit Blllten und Blumen
schmücken. Es ist ein durchaus eigenartiger Bau, der
jedem Unbefangenen die höchste Anerkennung abzwingt.

Gehen wir des näheren auf die Ansstellung selbst
ein, so beginnt unsere Betrachtung mit dem, dem Ein-
gange zunächst gelegenen Empfangsgebäude, das in
seinem Äußeren schon seinem Zwecke entsprechend sich in
ernster und würdevoller Weise darstellt. Zwei Türme
flankiren eine Säulenhalle mit mächtigen Granitsäulen,
die Vorhalle zeigt uns farbenprächtige Frescomalereien
und der Saal dahinter eine prachtvolle türkische Aus-
stattung, deren sich der reichste Mann in Kairo nicht
schämen dürfte. Wir haben darin das erste Ausstellungs-
objekt vor uns, eine Kollektivausstellung verschiedener
bapcrischer Jndustriellen, welche diese Einrichtung nach
Entwürfen von Gnauth lieferten. Es ist hier nicht
der Ort, alle Einzelnheiten aufzuführen; ich möchte
nnr sagen, daß dieses ganze Gebäude in seiner inneren
und äußeren Ausstattung charakterisch ist für die hoch-
entwickelte Dekorationskunst in Bayern, und daß hier
die Berbindung von Kunst und Handwerk am präg-
nantesten in die Augen springt. Der orientalische
Charakter des Ganzen hat seine besondere Berechtigung
deshalb, weil unsere gesamte moderne Dekorationskunst
gerade im Orient die erfolgreichsten Anregungen findet.
Bon Einzelnheiten sei nur der herrlichen Decke gedacht,
welche in einer leichten, der Feuchtigkeit und dem Feucr
unzugänglichen Masse von Kailhofcr in Passan .her-
gestellt wurde.

Der Kunstpavillon ist das einzige feuersichere
Gebäude der Ausstellung; es ist aus Eisen und Back-
stein gebaut, mit einer großen Rotunde am südlichen
Ende. Jn dem großen Mittelsaal wurde der Versuch
gemacht, einen Musterranm fürBildergalerien zu schaffen;
deshalb wnrden auch die Bilder darin ohne Rücksicht
auf die geringere oder größere Bedeutung der Meistcr
nur von dem Gesichtspunkte ansgewählt, einen maleri-
schen und ansprechenden Gesamteffekt zu erzielen. Die
Ausstattung des Saales und die ganze dekorative Anord-
nung des Kunstpavillons hat Herr Maler Cl. Schrau-
dolph in München übernommen, und jeder Besucher
wird gern dem hohen Talente dieses Künstlers die
verdiente Anerkennung zollen.

Ein neuer Gedanke, der in dem Pavitlon zur
 
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