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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 17.1882

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669

Kunstlitteratur und Kunsthandel.

670

Der Verfasser setzt in einer kurzen Vorrede seine
Jntentionen cmseinander: „Jch habe es versucht", sagt
cr, „hier zum erstenmale ein genaues Verzeichnis der
Titel aller gedruckten Werke zu vereinigen, welche zur
Geschichte der Malerei und des Knpferstichs in Holland
oder Belgien beitragen und bis zum Jahre 1875 in
Europa veröffentlicht wurden". Jm weitern Verlauf
der Vorrede wird jedoch dem Verfasser etwas bange,
denn Europa ist ein sehr weitläufiger Begriff! Er
sagt daher zu seiner Entschuldigung: „Man kann sich
eine Vorstellung von der Mühe machen, welche der
Verfasser hattc, alle diesc Wcrke kennen zu lernen,
wenn man bedenkt, daß die neun größten Bibliotheken
der Niederlande zusammengenommen nicht den sünften
Teil der hier verzeichneten Bücher besitzen!"

Das ist ein trauriger Zustand, in welchem sich die
niederländischen Bibliotheken besinden, und macht die
noch weit traurigeren Zustände der niederländischen
Bibliographie begreiflich, die, trotz des recht warm
und ernst gemeinten Versuches unseres jungen Autors,
auch nicht einmal halbwegs als abgeschlossen betrachtet
Werden kann. Jch will nicht des näheren eingehen
auf die ganze Anlage deS Buches und die prinzipielle
Unzulässigkeit, in einem Werke dieser Art Bücher anzu-
führeu, die mau nie vor sich gehabt und dercn Titel
man also nicht genau kopiren konnte. GrunL-
bedingung für den Bibliographen ist und bleibt: er
muß das Buch, welches er erwähnt, selbst gesehen
haben oder der Titel muß ihm von verläßlicher Seite
mitgeteilt worden sein; diese Bedingung trifft aber
bei mehr als Dreifünfteln der hier angeführten Werke
nicht zu. So lesen wir z. B. (S. 198) wie folgt:

Oonokisr, Oollsetion ok tlls nrost sininsnt
nmstsrs ok tlis ckutoll nnä üsinisli sokiools, purtion-
lurs^ Rsinbrnnät, Ostuäs, Oorn. Usga. nnä Vnn
Vlist. Läinb. 1803. 3 vol. Zr. in-4. Vv. siiä. 300x1.,
während der wirkliche Titel des Buches lautet:

(Osnollar Onviä) — L. ooltsotion ok bltoliinKS
nktsr tkis niost sniinsnt inustsrs ok tlis Ontoli unä
Iklsniisli Lollools, xartionlarl^ Ksinbrnnät, Ostuäs,
Oornslins 8sAN nnä vun Vliot. Voooinxnnisä rvitli
snnär^ inisosllunsons xisoss, anä s, ksrv ori-
Ainnl ässiAns, O. O. 2 vols. OblonZ 4to.
LäinbnrAli 1803.

Die mit durchschossenen Lettern angegebenen Unterschiede
sind wesentlich.

Es mag begreiflich erscheinen, daß der Verfasser
dieses und viele ältere englische Werke nicht gesehen hat
und sich bei dem dürftigen Bestande der holländischen
Bibliotheken auch nicht die Gelegenheit verschaffen
konnte, sie zu sehen; unerklärlich aber ist, daß ihm
beispielsweise die von James Weale in Brügge her-
ausgegebene Revue „Us Lskkroi" niemals zu Gesichte

> gekommen, die doch einige für die Geschichte der nieder-
ländischen Kuust uuumgänglich wichtige Artikel cnthält.

Nicht ganz billig ist das wegwerfende Urteil des
Autors über die älteren Kataloge niederländischer Ge-
mälde- oder Kupferstichsammlungen, welche der Ver-
fasser auf Anraten des Herrn van dcr Kellen, wie er
in der Vorrede bemerkt, deshalb völlig außer Betracht
licß, weil sie in der Negel veraltet oder zumeist
unzuverlässig und unvollständig sind; dies ist nicht
richtig. Es giebt solche, welche allen Ansorderungen
eines modernen Katalogs vollkommen entsprechen und
sehr wesentliche Anhaltspunkte fttr die Kunstgeschichte
enthalten; wenn sie Herr van der Kellen für unzu-
verlässig hält, so bedauern wir dies in seinem und
seiner eigenen Werke Jnteresse. Wichtig wäre es ferner
gewesen, daß van Someren beispielsweise die im
Usintr6-Org.vsnr von Bartsch und anderen ähnlichen
Werken behandelten Niederländer ausgezogen, und diese
Quellen bei den betreffenden Meistern angegeben hätte;
dann würde man beispielsweise den anonymen sogen.
Meister von Amsterdam, dessen im Amsterdamer
Kupferstichkabiuette befind^iche Blätter Kaiser seiner-
zeit sämtlich in Facsimile in einem großen Foliobande
herausgegegen hat, nicht ganz vergebens in der vor-
liegenden Bibliographie suchen. Bei bibliographischen
Arbeiten bildet allerdings der richtige Titel des
Buches ein wesentliches Moment, aber der Biblio-
graph muß auch den Jnhalt des Werkes kennen, dessen
Titel er aufschreibt, — denn nur der Jnhalt entscheidet
über die Klassifikation des Buches. Nun, einstweilen
haben wir hier eine Menge von Titeln; wir wünschen
nichts dringender, als daß die holländischen Biblio-
theken die dazu gehörigen Bücher anschaffen; dann be-
kommen wir vielleicht auch, wenn die Kunstgeschichte
dem Verfasser des vorliegenden Buches ein langes
Lebcn schenkt, eine wirkliche Bibliographie, ivie sie
den Freunden niederländischer Kunst in der That not
thut. vr. A. von Wurzbach.

^ Die zweite Lieferung vou Lord Nonald Gowers Werk

über die „Schätze der großen Gemäldegalerien Englands"
(Deutsche Ausgabe, Leipzig, O. Schulze) bringt wieder einige
der kostbarsten Perlen aus dem Privatbesitz und den könig-
lichen Sammlungen. Vor allem das berühmte Porträt der
Gräfin Elisabeth Grosvenor (geb. Sutherland) von Thomas
Lawrence in Stafford House, eines des zartesten, duftig-
sten Frauenbildniffe, dis je gemalt worden sind; sodann das
vielbesprochene Brustbild des Kavaliers mit breitem Schlapp-
hut undSpitzenkragen vonFrans Hals, früher in derGalerie
Pourtalds, jetzt in Hertford House; endlich drei reizvolle
Miniaturen (Bildnisse Jakobs I., des Prinzen Heinrich
Friedrich, seines Sohnes, und der Königin Anna, seiner Ge-
mahlin) von Jsaak Oliver und Hoskins. Die Aufnahme
dieser Miniaturporträts, an denen England bekanntlich un-
gemein reich ist, giebt dem Werke, abgesehen von dem künst-
lerischen Werte der Bildnisse, noch ein besonderes historisches
Jntereffe. Die Ausführung der photographischen Tafeln ist
tadellos. Die Publikation bedarf bei der enormen Wichtig-
keit ihres Jnhalts kaum noch spezieller Empfehlung.
 
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