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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 17.1882

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Kunsthistorisches.

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ziert, und ein kolossaler Damnring, vermutlich aus Bernstein
geschnitten, der an Stelle des Siegels eine Kapsel mit zwei
ganz kleinen Spielwürfeln aus Bernstein enthält: die Kapsel
war mit einem durchsichtigen, jetzt zerbrochenen Plättchen be-
deckt. Sonst sind noch gläserne Becherchen, Thränenfläschchen
u. dgl. dabei. Die Militärbehörde wendet die größts Auf-
merksamkeit an, damit die Funde wohlbewahrt und nicht
zerstört oder verschleppt werden, und erwirbt sich dadurch
ein großes Verdienst um unsere Altertumssammlungen,
denen diese merkwürdigen Sachen zugedacht sind.

(Köln. Zeitg.)

Die Felsreliefs von Bogas-Koei in Galatien sind
durch Or. Karl Humann zum erstenmale für das Berliner
Museum abgeformt worden. Am I I. August ist Humann mit
den Gipsabgüssen, welche zwölf Wagenladungen repräsen-
tiren, in Samsum an der Nordküste Kleinasiens glücklich ein-
getroffen. Diese Reliefs, welcheTexier inder^-siöNinsursI.,
xl. 75—79 publizirt hat, sind noch nicht genügend erklärt
und kunstgeschichtlich fixirt worden. Lübke sagt darüber in
der „Geschichte der Plastik" 3. Aufl., S. 62: „Es sind zwei
Züge von je 13 Reliefgestalten in einem derben, kräftigen,
dabei ziemlich rohen Stil dargestellt. Die eine Reihe hat
Schnabelschuhe, Hosen, kurze Gewänder und hohe spitze Hüte';
nur drei bärtige Greise an der Spitze des Zuges sind mit
längersn Gewändern ausgestattet. Einige tragen Keulen,
andere wunderlich gestaltete Embleme oder verschiedene
Wasfen. Man erkennt in ihrer Tracht genau das von Hero-
dot (VII, 64) beschriebene Kostüm der Saker. In mono-
toner Wiederholung sind sie alle mit fast tanzartig beweg-
tem Schritt dicht aneinander gereiht. Die andere Gruppe,
stämmige, breite Gestaltsn, in langen Gewändern mit niedri-
gen Diademen, sind offenbar Frauen. An der Spitze jeder
Gruppe schreiten, durch viel größeren Maßstab ausgezeichnet,
die Häupter; der Sakeranführer setzt seine Füße' auf den
Nacken dreier Männer; die ihm entgegentretende Fürstin steht
auf einer Löwin. Phantastische Embleme seltsamster Art
verstärken noch das Rätselhafte, Fremde der Darstellung, in
welcher wahrscheinlich ein Heiratsbündnis zwischen dem Fürsten
und der Fürstin verschisdener Stämme verherrlicht ist. Der
künstlerische Charakter ist bei aller Roheit ein entschieden
altasiatischer, am meisten durch babylonisch-persische Denk-
male bedingt". Man glaubt, daß diese Felsreliefs zu den
Überresten dsr alten Stadt Pterium gehören.

I)r. Heinrich Schliemann hatüber seine am 1. März
d. I. wieder begonnenen trojanischen Ausgrabungen
auf dem Anthropologenkongresse einen Vortrag gehalten, dem
wir zunächst die erfreuliche Thatsache entnehmen, daß zwei
Architekten, die Herren Wilhelm Dörpfeld und Josef Höf-
ler den Ausgrabungen beigewohnt haben. Da der erstere
vier Jahre lang an den Ausgrabungen in Olympia teil ge-
nommen hat, ist zu erwarten, daß eine wissenschaftlich gründ-
liche Untersuchung der Ausgrabungsresultate stattgefunden
hat. Schliemann machte u. a. folgende Mitteilungen: „Eine
unserer ersten Arbeiten war die, m dem bis dahin noch un-
erforschten Teil von Hissarlik alle Fundamente von griechi-
schen und römischen Bauten freizulegen und die zu denselben
gehürigen skulptirten Blöcke zu sammeln, sowie andere, deren
Fundamente nicht mshr nachgewiesen werden können. Unter
den letzteren verdient ein kleiner dorischer Tsmpel besondere
Beachtung; denn derselbe scheint identisch zu sein mit jenem
„winzigen und unbedeutenden" Heiligtum der Pallas Athens,
welches nach Strabo (XIII, 593) Alexander der Große hier
sah. Wie aber meine Architekten meinen, sind die davon
übriggebliebenen skulptirten Blöcke nicht archaisch genug, um
zu jenem Tempel der Göttin zu gehören, zu dem nach Hero-
dot (VII, 43) Lerxes hinaufstieg. Das älteste der späteren
Gsbäude ist ein großer dorischer Tempel aus Marmor, zu
welchem die hier vor zehn Jahren von mir gefundene, den
Phöbus Apollo mit der Quadriga der Sonne darstellende
herrliche Metope gehört, die jetzt die trojanische Sammlung
in Berlin ziert. Dieser Tempel ist ohne Zweifel identisch
mit jenem, wslcher, nach Strabo (XIII, 593), hier von Lysi-
machus gebaut wurde. Da derselbe bei weitem der größte
aller Tempel ist, so stimme ich vollkommen mit meinen Archi-
tekten darin überein, daß er notwendigerweise das Heiligtum
der Pallas Athens, der Schutzgöttin Jlions, sein mußte. Von
Gebäuden, die sich nachweisen lassen, erwähne ich ferner einen
dorischen Portikus von Marmor aus römischer Zeit, wovon

noch einige Stufen iu situ waren; auch zwei kleinere Ge-
bäude dorischen Stils, sowie ein sehr großes schönes marmor-
nes Thor der Akropolis, worin sowohl der ionische als der
korinthische Stil vertreten waren. Man sieht skulptirte Blöcke
aller dieser Gebäude in reicher Fülle auf den benachbarten
Kirchhöfen Halil Kisi und Kum Kisi, wo sie als Grabsteine
dienen. Aber noch gar viel größer, als irgend eines aller
dieser Gebäude, ist das von mir ausgegrabene riesige
Theater, welches gleich östlich von der Akropolis im Fels
ausgehauen ist, den Hellespont überschaut und mehr als 6UU9
Zuschauer enthalten konnte. Jn dem Scenengebäude, dessen
Unterbau wohlerhalten ist, fand ich unzählige Bruchstücke von
marmornen Säulen, korinthischen, dorischen und ionischen
Stils, sowie ungeheure Massen von Splittern marmorner
Statuen und einen Kalkofen, in welchem alle Statuen zu
Kalk gebrannt zu sein scheinen. Ein Kopf, sowie viele Hände
und Fütze von Statuen; ein Reliefmedaillon, auf dem die
Romulus und Remus säugende Wölfin dargestellt ist, und
eine mii einem Gorgohaupt geschmückte Quelle zeugen für
die einstige Pracht dieses Theatsrs, welches aus römischer
Zeit stammt. — Jn den unzähligen Grüben und Schachten,
die ich in der untern Stadt, östlrch, südlich und westlich von
der Akropolis abteufte, entdeckte ich die Substrukttonen vieler
großer Gebäude aus macedonischer oder römischer Zeit, wo-
von das eine, welches mit schönen Marmorplatten gedielt
und mit einer langen Reihe von Granitsäulen geschmückt ist,
wahrscheinlich das Forum war. — Meine merkwürdigsten
Entdeckungen waren in den drei untersten vorhistorischen
Ansiedelungen, auf dem Hügel der Akropolis; denn meine
beiden Architekten bewiesen mir über jeden Zweifel, daß die
ersten Ansiedler hier nur ein oder zwei große Gebäude bauten,
und diese mit einer aus mit Lehm verbundenen kleinen
Steinen bestehenden hohen, 2 in dicken Mauer umgaben.
Die Länge dieser ersten Niederlassung übersteigt nicht 46 iu
und ihre Breite kann kaum größer gewesen sein. Die Archi-
tektur der Gebäude dieser ersten Ansiedelung ist meinen
Architekten durchaus unverständlich; denn wir haben dort
in Abständen von 3,5 m, 5,30 und 6 m voneinander fünf
parallel laufende innere Wände aufgedeckt, die etwa 0,90 ui
dick sind, keine Querwände haben und daher lange Säle
bilden; wir sind indes nur imstande gewesen, dieselben auf
die Breite meines großen nördlichen Grabens und somit auf
eine Strecke von 30 ui freizulegen. Diese Wünde bestehen
aus kleinen, mit Erde zusammengesetzten Steinen und der
Putz ist auf mehreren Stellen erhalten. — Mit größter Wahr-
scheinlichkeit können wir annehmen, daß diese erste Ansiede-
lung eine untere Stadt hatte, die sich nach Süden und Westen
hin ausdehnte; in der That läßt die dort in der untersten
Schichte in meinen Gräben und Schachten gefundene Topf-
ware, die mit der der ersten Ansiedelung in der Akropolis
identisch ist, kaum einen Zweifel darüber. Die erste An-
siedelung scheint hier viele Jahrhunderte bestanden zu haben;
denn der Schutt häufte sich darin allmählich bis zu einer
Höhe von 2,50 m an. Meine Architekten haben mir auch
bewiesen, daß Herr Burnouf und ich die Trümmer der beiden
folgenden Ansiedelungen, nämlich der zweiten und dritten,
nicht richtig auseinander gehalten, daß wir zwar die 3 iu
tiefen Mauern aus großen Blöcken ganz richtig als Funda-
mente der zweiten Stadt angesehen, aber nicht die unmittel-
bar darauf ruhende und dazu gehörende Schicht verbrannter
Trümmer dazu gerechnet und diese dsr dritten Stadt, die
nichts damit zu thun hat, zugeteilt hatten. — Wenn ich nun
die Resultate meiner, d. h. trojanischen Kampagne rekapitu-
lire, so habe ich bewiesen, daß es in ferner, vorhistorischer
Zeit in der Ebene von Troja eine große Stadt gab, die auf
Hissarlik nur ihre Akropolis mit ihren Tempeln hatte,
während sich ihre Unterstadt in östlicher, südlicher und west-
licher Richtung auf dem Plateau des späteren Novum
Jlium ausdehnte, und daß somit diese Stadt der homeri-
schen Beschrsibung der heiligen Jlios vollkommen enspricht.
Jch habe ferner von neuem bewiesen, daß die Ruinen auf
dem Bali Dagh verhältnismätzig neu sind, und daß die An-
sprüche des letzteren, die Baustelle des alten homerischen
Troja zu sein, Hissarlik gegenüber vollends zu Boden fallen.
Jch habe ferner bewiesen, daß die Schuttaufhäufung, die in
Hissarlik 16 ui Tiefe beträgt, an den sünf der merkwürdig-
sten Punkte der Troas, wo die ältesten Ansiedelungen ge-
wesen zu sein schienen, nur höchst geringfügig ist. Aus
 
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