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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 17.1882

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https://doi.org/10.11588/diglit.5808#0378

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Konkurrenzen. — Personalnachrichten. — Kunstunterricht und Kunstpflege.

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tionen — höchstwahrscheinlich von Gsnga — (Die Flucht
des Äneas und der Loskauf von Gefangenen) in die Aka-
demie zu Siena gelangt, während zwei andere Fresken
Signorelli's (Die „Verleumdung" des Apelles und die Schule
des Pan), die fast ganz zerstört waren, übertüncht wurden
und eine allegorischs Komposition Pinturicchio's seit threm
Verkauf ins Ausland im Jahre 1844 verschollen ist. Jener
Prachtsaal selbst war im Laufe der Zeit infolge der herab-
geminderten Ansprüche der Besitzer an Weiträumigkeit und
Pracht ihrer Wohnräüme durch eine Zwischenwand in zwei
Hälften, und die eine dieser Hälften überdies noch in kleinere
Gemächer geteilt worden, für welch letztere man nun, nach-
dem die ursprüngliche Deckenhöhe den übrigen Dimensionen
nicht entsprach, eme hölzerne Decke etwa in halber Höhe des
Raumes einfügte. Unter dem Schutze dieser hat sich nun
die ursprüngliche Deckenmalerei erhalten, während sie leider
an jener ungeteilten Hälfte des Saales durch Übertünchen
verloren ging. Daß es übrigens bei diesen Adaptirungen
auch von'seiten der dabei beschäftigten Werkleute nicht an
der üblichen Rücksichtslosigkeit gefehlt hat, zeigt der vielfach
gewaltsam beschädigte und zerkratzte Zustand der Malereien
ünd Stuckornamente der nicht übertünchten Hälfte. — Die
ganze Decke bildets ein quadratisches Klostergewölbe mit
inittlerem Spiegel und Stichkappen rundherum, die auf
Pilaster aufsetzten, durch welche die Wandfläche in die einzelnen
Kompartimente geteiltz war, die die obenerwähnten Fresken
aufnahmen. Was noch von dem dekorativen Schmuck der
Decke übrig ist, läßt keinen Zweifel an Pinturicchio's Ur-
heberschaft. Da derselbe von 1502—1509 mit seinen Gs-
hülfen an den Fresken der Libreria im Dom beschäftigt und
Ler Bau des Pal. Petrucci im letzteren Jahre soweit fertig-
gestellt war, daß mit dessen malerischer Ausschmückung be-
gonnen werden konnte, so muß unsers Decke nach jener der
Libreria angesetzt werden, deren Vorbild sie übrigens sowohl
in der Gesamtanordnung als im dekoraliven Detatl verrät.
Jm mittleren Spiegel sind es von breiten Arabeskenfriesen
umrahmte quadrytische, runde und eliptische Felder, welche
figürliche Kompositionen mpthologischen (Helle von dem
Widder übers Meer getragen, Herakles und Omphale, die
Erziehung Pans) und allegorischen Gegenstandes (Triumphe
der Tugendsn) enthalten; in den Gewölbskappen sind in
länglichen, von reichstem Rankenwerk umschlungenen Rahmen
Einzelgestalten der Musen und Tugenden dargestellt, während
an den dreieckigen Gewölbsfeldern zwischen den Kappen
Spruchtafeln, von Kandelabern getragen und von Bändern
und Festons umschlungen, die Devisen des Hausherrn ver-
ewigen (^.varns nulli donus sibi psssiinus; ObliFas bonos
äiAnis clanäo; Lonis nooob q;ui inalis pnreit). Das Mittel-
seld zeigt von reichem Fruchtkranz umschlossen das Wappen
Pandolfo's. Die Anordnung ist in der Weise durchgeführt,
daß die Konturen der einzelnen Gewölbfelder und der
Friese des Mittelspiegels sowie die Rahmen der figürlichen
Kompositionen durch Stuckgliederungen markirt sind, welche
noch Spuren von Vergoldung tragen, während die Flächen
dazwischen aufs reichste mtt 'jenem Arabeskenschmuck vege-
tativen und sigürlichen Charakters bemalt sind, worin
sich Pinturicchio in der Libreria, im Chor von S. Maria
del popolo zu Rom und im Appartamento Borgia des
Vatikans als Meister bewährt hatte. Auch der Charakter
des Figürlichen sowie die malerische Behandlung weist un-
zweifelhaft auf Pinturicchio und seine Schule. — Bekanntlich
sind von der übrigen Ausstattung des Palazzo del Magnifico
in der Akademie zu Siena noch acht geschnitzte Pilaster (wohl
gerade die aus unserem Prqchtsaal) erhaltpn, ein Werk Antonio
Barile's, des Vaters Giovanni's, dem wir die Thüren der
vatikanischen Stanzen verdanken, — sowie am Äußern ein
paar prächtige Fackelhalter vom Architekten des Baues selbst.

0. v. 1?. I» Pompeji ist kürzlich ein antikes Wand-
gemnlde ausgedeckt und seither in das Museo nazionale
zu Neapel überführt worden, das vermöge seines Gegen-
standes geeignet ist die Aufmerksamkeit der Forscher und
Kunstfreünde zu fesseln. Es ist eine Darstellung des Urteils
Salomonis, die ersts aus dem reichsn Bilderschatze der ver-
schütteten Städte Kampaniens, die einen Gegenstand der
heiligen Geschichte behandelt und bisher überhaupt das ein-
zige antiks Gemälde — denn das Sgrafitto des Museo
Kircheriano mit dem Spottbild des Gekreuzigten kann nicht
als solches gelten — das sich auf die jüdische oder christliche

Religion bezieht. Die Times giebt folgende Beschreibung
davon: das Bild ist 5s/r Fuß lang, 19 Zoll hoch und ringsum
von einem etwa zollbreiten, gemalten schwarzen Rahmen ein-
gefaßt. Den Ort der Handlung bildet eine Terrasse vor
einem Hause, die von Schlinggewächsen umrankt und einem
weißen Zelttuch beschattet ist. König Salomo sitzt unter
einem Thronhimmel mit dem Szepter in der Hand in weißem
Gewande da, zu seiner Rechten und Linken je ein Rat und
hinter ihnen sechs Krieger in Waffen. Der König lehnt sich
über die Brüstung des Throns vor, um die Klage eines
Weibes in grünem Gewande, das mit aufgelöstem Haar und
die Hände ringend zu seinen Füßen knieet, zu vernehmen. Jn
der Mitte des Hofes stsht ein dreibeiniger Tisch, einem
Metzgersblock ähnlich, und darauf liegt ein Kind, das trotz
seiner Anstrengungen sich loszumachen von einem Weibs mit
einem Turban auf dem Kopf, in liegender Stellung nieder-
gehalten wird. Ein geharnischter und behelmter Krieger
faßt die Beine des Kindes, im Begriff es mit seinem Schwerte
entzwei zu hauen. Eine Grupps von Zuschauern nimmt den
übrigen Raum des Biloes ein, das >m ganzen 19 Figuren
enthält. Die Zeichnung ist mager, das Kolorit außergewöhn-
lich kräftig, die Erhaltung vortrefflich. Jn der Ausführung
zeigt es nur die mittlere Durchschnittsgüte pompejianischer
Wandmalereien, aber die Komposition ist geistvoll und frei.
Die Gestalten sind im Verhältnis zu den übergroßen Köpfen
zwerghaft gebildet, was zu der Vermutung Anlaß gegeben
hat, das Bild sei eine Karikatur gegen die Juden und ihre
Religion. Andererseits stellte man dafür die Erklärung auf,
dem Künstler sei es um den Ausdruck in den Köpfen seiner
Figuren zu thun gewesen und er hätte jene deshalb so groß
gebildet, um seinen Zweck möglichst vollkommen erreichen zu
können. Die letztere Ansicht hat größere Wahrscheinlichkeit
für sich, weil sonst kein Moment Anlaß giebt, eine Absicht
der Verspottung von seiten des Malers vorauszusetzen, im
Gegenteil, die seelischen Affekte der Beteiligten in treffend-
ster Weise dargestellt sind. Man braucht nur die Angst der
knieenden wahren Mutter, dis gespannte Aufmerksamkeit des
Königs, dsn Triumph der falschen Mutter, die den Augen-
blick der Urteilsvollstreckung mit gierigen Augen herbeisehnt,
sich in unserem Bilde zu vergegenwärtigen, und wird nicht
zögern, die Erklärung als die richtigers gelten zu lassen,
welche eine absichtliche Karikirung ausschließt.

Aonkurrenzen.

Bci der Konkurrenz fnr den Van des Rathanses in
Wiesbaden hat die Iury folgende Preise zuerkannt: erster
Preis (Mk. 6000) F. Ewerbeck, Professor an der technischen
Hochschule in Aachen in Verbindung mit Alb. Neumeister,
Architekt in Wiesbaden, zweiter Preis (Mk. 3000) G. Heine
und E. Bühring in Hannover, dritter Preis (Mk. 1000)
Joh. Vollmer in Berlin.

j)erso»alnachrichten.

RZt. Dem Radirer Wilhelm Krauskopf in München
hat der König die Ludwigsmedaille für Wissenschaft und
Kunst verliehen.

LAt. Die von der Münchener Akademie vorgenommene
Wahl der Maler Fr. Aug. Kaulbach und Ludwig Hart-
mann in München, des Bildhauers Schoenewerkin Paris,
des Landschaftsmalers und Professors Schoenleber in
Stuttgart und des Kupferstechers Mandel in Berlin zu
Ehrenmitgliedern der genannten Akademie ist vom Könige
von Bayern bestätigt worden.

Aunstunterricht und Aunstpflege.

8n. Das Hamburgische Museum für Kunst und Gewerbe
veröffentlicht soeben einen Bericht über die Entwickelung der
Anstalt seit ihrer Eröffnung am 25. September 1877 bis
zum gleichen Termin des Jahres 1882. Das Museum wurde
1869 als Privatunternehmen begründet und im Jahre 1877
in eine Staaatsanstalt umgewandelt. Unter der umsichtigen
Leitung ihres Direktors Dr. Justus Brinkmann hat sich
dasselbe, wie der Bericht erkennen läßt und der Augenschetn
jeden Besucher der schönen Räume, die es einnimmt, über-
zeugt, zu einer Musteranstalt entwickelt. Mit verhältnis-
 
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