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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 13.1902

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Goldschmidt, Arthur: Das Hamburgische Bismarckdenkmal
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Verschiedenes / Inserate
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201

Nekrologe. — Personalien. — Ausgrabungen und Funde.

202

Man muss zugeben, dass die Auffassung schlicht
und kraftvoll, dass die Massenbehandlung völlig der
gewählten Materialverwendung anempfunden ist, aber
ein flüchtiger Gedanke an jenes bekannte Bild Michel-
angelo's über die Art bildhauerischen Schaffens ge-
nügt, um klar zu werden, dass es sich hier doch in
letzter Linie — sit venia verbo — um eine Material-
protzerei handelt. Denn der romantische und als
solcher unzweifelhaft verlockende Gedanke, aus Granit-
blöcken einen Bismarck in die Ewigkeit hinein zu
türmen, bedeutet doch in Wahrheit nicht mehr und
nicht weniger, als den Verzicht auf die künstlerische
Bewältigung der Form.

Dass dem so ist, zeigt heute schon deutlich genug
der doch nur geformte Entwurf: harte Winkel in der
Silhouette, breite Flächen ohne organisches Leben;
allein der Rücken schon wirkt wie eine grosse Mauer-
wand, hinter der man nichts von einem menschlichen
Organismus ahnt.

Bei weitem befriedigender wirkt der gleichfalls
mit einem zweiten Preise bedachte Entwurf des
Architekten William Möller-Berlin. Ein gewaltiger
Bronzelöwe auf stark überhöhtem rechteckigem Unter-
bau; auf der Vorderseite hoch oben eine Reliefbüste
Bismarck's; das Ganze mächtig und einfach im Auf-
bau und »durch die reizvoll vornehm empfundene
Verbindung der Brunnenanlage mit den ernsten Massen
des Denkmalunterbaues« von eindringlicher Wirkung,
aber dennoch, gegenüber jenem lebenentsprungenen
Roland ist dies doch nur die glückliche Neulösung
einer bereits verbrauchten Allegorie.

Als dritter in diesem Bunde hat Hundrieser einen
zweiten Preis davon getragen mit einer guten Militär-
figur im üblichen Kaiserdenkmalstil, der gegenüber
man die Frische der anderen Entwürfe doppelt em-
pfindet.

Unter der Fülle der übrigen seien noch erwähnt
der stimmungsvoll ernste, mausoleumsartige Entwurf
von Wilhelm Kreis in Dresden, gleichfalls — be-
deutungsvoll genug — einem Schüler Wallot's; die
etwas abstruse, aber durchaus eigenartige Germania-
herme von Rieth; derjenige von Schmitz und Ch.
Behrens (dem Lehrer Lederer's), der, allerdings für
eine Flachlandschaft wenig angemessen, eine relief-
geschmückte Felstürmung von prähistorischer Derb-
heit zeigt, sowie der Entwurf P. Breuer's, der durch
einen einfachen, starken Hallenbau, in dem, von
aussen unsichtbar, die Statue ihren Platz finden soll,
die Forderung einer mächtigen Massenwirkung mit
der einer Bildnisstatue von grösserer Intimität glück-
lich zu vereinen sucht — dazu würde indessen vor
allen Dingen eine Statue von allerersten Qualitäten
erforderlich sein.

Der hier gewährte Raum verbietet ein näheres
Eingehen, dessen, wie mit Freuden zu konstatieren
ist, nicht nur in dieser oder jener Beziehung jeder
der preisgekrönten Entwürfe (unter denen sich übrigens
auch erfreulicherweise ein solcher des Hamburgischen
Künstlers Cäsar Scharff befindet), sondern auch eine
ganze Reihe anderer wert wäre; ebenso genugthuend
ist es, dass die Erwartung, der Wertung dieses Preis-

gerichtes könne bedingungslos Gefolgschaft geleistet
werden, sich so völlig bestätigt hat.

Die Entscheidung, ob das Lederer-Schaudt'sche
Werk zur Ausführung gelangen soll, liegt jetzt bei
einem engeren Ausschusse des Denkmalkomitees.
Mögen die Männer, in deren Händen diese Entschei-
dung liegt, dem von Berufeneren gesprochenen Urteil
folgen und so Zeugnis ablegen, dass auch sie nicht
nur auserwählt sind, sondern berufen, der alten Hanse-
stadt und der jungen deutschen Kunst zur Ehre für
alle Zeiten. Quod felix faustumque sit!

Hamburg, den lt. Januar 1902.

Dr. ARTHUR GOLDS CH MI DT.

NEKROLOGE
Claudius von Schraudolph, früher Direktor der
Kunstschule in Stuttgart, ist am 3. Januar in St. Michael
bei Eppan gestorben. Sein bekanntestes Bild ist -Faust
und Wagner«. Der Künstler ist nahezu 59 Jahre alt ge-
geworden.

Max Adamo t. Der am Sylvesterabend im Alter von
65 Jahren zu München verschiedene Kunstler war ein
Pilotyschüler. Eines seiner bekanntesten Gemälde Der
Sturz Robespierres« ist in die Berliner Nationalgalerie ge-
kommen.

Charlotte Mohr-Piepenhagen, eine besonders in
früheren Jahren in ihrer Heimat sehr geschätzte Prager
Landschaftsmalerin, ist gestorben.

Professor Gustav Schauer, der in Berlin als Ge-
schichtsmaler wirkte, ist am 8. Januar gestorben. Er war
am 24. Juni 1826 geboren und hat nicht nur als Künstler,
sondern auch als Spender und Unternehmer im Kunstleben
Berlins eine Rolle gespielt.

PERSONALIEN

Henry van de Velde wird die Leitung der Kunst-
gewerbeschule in Weimar übernehmen. Wir sind begierig,
wie sich unter dem Einflüsse dieses eigenartigen Künstlers
diejkhule gestalten wird. — Von anderer Seite wird aller-
dings berichtet, Velde wäre nur zur Belebung des Weimarer
Kunstgewerbes dorthin berufen und träte nicht unmittelbar
in den Verband der Schule ein.

Budapest. Professor Edmund Faragär, der durch
seine Möbelentwürfe und seine Lehrthätigkeit in Budapest
für die Entwickelung des Kunstgewerbes lebhaft thätig ist,
erhielt die grosse goldene Staatsmedaille für Kunst und
Industrie.

Theo Schmuz-Baudiss, einer der geschätztesten mo-
dernen Keramiker, ist an die Berliner Porzellan-Manufaktur
berufen worden, was einen schweren Verlust für München
und einen ebenso gewichtigen Gewinn für Berlin bedeutet.
In den »Münch. N. N.« macht G. Kayssner seinem Un-
mute über die Thatenlosigkeit, mit der man in München
solche Talente ziehen lässt, Luft. Er meint, es solle eine
Kommission gebildet werden, die bei jedem Fortberufungs-
antrage an einen talentvollen Münchener den Behörden
Vorschläge zu machen habe, wie man den Betreffenden
an die Heimat fesseln könne.

AUSGRABUNGEN UND FUNDE
Ueber ein Fresko des Federico Zuccari, das an-
geblich in Venedig entdeckt worden sei, war unlängst in
der Presse zu lesen. Wir gaben die Mitteilung kurz wieder
und behielten uns vor, authentische Nachricht von unserem
dortigen Korrespondenten einzuholen. Dieser schreibt uns
nun über diese »Entdeckung« der Zeitungsberichterstatter:
 
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