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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 18,2.1905

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Heft 13 (1. Aprilheft 1905)
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Unsere Bilder und Noten
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https://doi.org/10.11588/diglit.11879#0066

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Farbe kümmern sich ja nicht um baulich konstruktiv oder nnkonstruktiv,
ihnen gibt all das Formengetreibe nur tausend Möglichkeiten, hier zu
träumen, dort zu spielen, hier voll zu tönen, dort zu schwirren und zu
flirren — dem Maler aber bietet sich dadurch eine herrliche Kraftprobe, zu
zeigen, ob er all das zusammenbändigen kann. Wie hat es Menzel gebän-
digt! Jn dieser Mannigfaltigkeit welche Ruhe! Und dabei ist das Bild
kein „Teppich", ist es durchaus nicht flächenhaft geworden, ist es ganz und
gar Raum. Ja, selbst die Menschenschilderung kommt nicht zu kurz. Wie
nebensächlich die kleinen Gestalten auf diesem Bilde sind, sie sind kein
Füllsel, sie sind durchaus bezeichnend ersaßte Besucher eben einer katho-
lischen Kirche.

Nun geben wir in großen Lichtdrucken die beiden berühmtesten Oel-
bilder Menzels mit. Ueber das „F l ö t e n k o n z e r t" von j852 wolle man
in der Rundschau nachlesen, wie krittelig Menzel selbst es besprochen hat,
aber dabei nicht übersehen, üaß er da nur nach Fehlern ausschaute, daß
er die Vorzüge einfach als selbstverständlich hinnahm. Mag sein, daß es
das Kronleuchterlicht ist, was Menzel zu dem Bilde angeregt hat, dieses
Kronleuchter-K erzen licht, das mit den Kerzenlichtern drunten so viel pikan-
ter zu allen Einzelheiten gleichsam seine Randbemerkungen hinzuschreibt, als
eine ruhig großartige Beleuchtung von heutzutag, und das zugleich den
ganzen Raum in einen goldigen Zitternebel spinnt. Mag aber den echten
Künstler anregen, was will, er bleibt nicht bei dem, was ihn anregt,
und wie Dürer von der Reiterrüstung zu Ritter, Tod und Teufel kam,
so Menzel vom Kronleuchterlicht zu dieser trotz seiner eigenen Bemängelungen
so schlagend überzeugenden Schilderung der Hofgesellschast beim alten Fritzen.
Schon, wie der eine ganz dabei ist, der andre halb, die meisten gar nicht
und wie sie doch, jeder auf irgend eine Weise, „äi1j§6ntiÄNi praestieren",
das konnte nur Menzel so ein- und zugleich so ganz unaufdringlich schil-
dern. Der Satiriker saß ihm eben nicht auf dem Nacken, sondern da, wo
ihn keiner sehen konnte und wo er doch überall dabei war: im Blut.
Man vergleiche das andre, das „holzgeschnittene" Flötenkonzert, das wir
mitgeben: ist sonst alles brav, so muß wenigstens die Komik der befederten
Frisur über den Noten gegen die Feierlichkeit wirken. — Das „Eisenwalz-
werk" von j875 nennt Muther eine der drei größten Taten, der drei
„Ltunäurä^orlrL iN der Kunst des ganzen Jahrhunderts in der ganzen
Welt. Bei seinem Erscheinen hat es verblüsfend wie eine Offenbarung
gewirkt — aber für Menzel war es nur ein Fund am Wege. Das Ausmünzen
des hier gefundenen Goldes wie das Suchen nach mehr davon an dieser
Stelle überließ er andern. Man betrachte sich die „modernen Zyklopen"
nach dem Hofe von Sanssouci: es ist derselbe Mann, der diese und
jene und der beide s o schilderte! Derselbe, der dann wieder das stofflich
so gleichgültige „menschenlose" Stubenbild, das wir nach Meier-Gräses

j. Axrilheft H905 53
 
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