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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 18,2.1905

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Heft 23 (1. Septemberheft 1905)
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Vogel, Max Alfred: Gedichte in der Volksschule, [2]: Schwabenstreiche
DOI Artikel:
Göhler, Georg: Franz Liszts Gesammelte Schriften und Briefe
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https://doi.org/10.11588/diglit.11879#0639

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sich los: „Da wallt dem Deutschen auch sein Blut", und es schüttelt
den ganzeu Menschen vor innerem Grimm. „Er trifft des Türken
Pferd so gut. Er haut ihm ab mit einem Streich die beiden Vorder-
füß zugleich." Das wird dramatisch deutlich gemacht. „Als er
das Tier zu Fall gebracht, da saßt er erst sein Schwert mit Macht!"
Hier faßt's der Lehrer wie mit beiden Händen. Die Kinder müfsen
von der Gewalt der Situation fo ergriffen werden, daß sie dann gut
verstehen: „Da packt die andern kalter Graus", was schnell, mit
aller Angst von Flüchtcnden gesagt werden muß, den Kopf in den
Schultern geduckt, mit scheuem Zurückblicken, die Hände zitternd.

Bei einigem Geschick ist die Wirkung des Gedichts auf Knaben
sehr stark. Die Methode, den Vortrag einzustudieren ist dieselbe
wie beim „Heidenröslein": immer von der Anschauung aus den
richtigen Ausdruck herauszülocken. Max Alfred vogel

franL ^isLis Gssammelte 8ckri?ten uncl Vrieke

Von Franz Liszt sind im Verlage von Breitkopf L Härtel
erfchienen: 6 Bände Gesammelte Schriften und f2 Bände Gefam-
melte Briefe. Niemand, der die Verhältnisse kennt, wird behaupten
wollen, daß dieses geistige Kapital bisher auch nur in einigermaßen
entsprechender Weise verwertet worden sei. Die folgenden Zeilen
sollen helfen, daß dieser Teil des Lebenswerkes eines der bedeu-
tendsten Geister des V- Jahrhunderts auch in weiteren Kreisen etwas
mehr Beachtung finde. Seltsam bleibt es ja, daß felbst die meisten
Fachmusiker daran vorübergegangen sind. Gründe nnd Folgen dieser
Tatsache werden bald zu erklären sein. Der Umfang des vorliegen-
den Materials — es handelt fich um zirka 5600 Druckseiten —
zwingt zur Beschränkung auf das Wesentlichste. Es kommt mir dar-
auf an, den allgemeinen Wert und die Bedeutung dieser fchrift-
lichen Dokumente für die Kunstpflege der Gegenwart und Zukunft
klarzulegen und durch kürze Hinweife den gebildeten Kunstfreunden
anzudeuten, wo fie die wichtigsten, auch für den Laien bequem zu-
gänglichen Anregungen zu fuchen haben. Bisher hat wohl viele
die Fülle der Gesichte abgeschreckt; an manchem sind die Leser
auch vorübergegangen, weil sie hinter dem Titel der einzelnen
Schriften nicht das vermuteten, was fie tatfächlich enthalten;
fchließlich hat auch Liszts Darstellungsweise beim flüchtigen Lesen
wohl oft befremdet, weil man gerade beim Beginn der Lektüre in
eine ungünstige Gegend seiner Schriften geriet.

Man darf den Schriften gegenüber — von diesen reden wir
zunächst — nicht vergesfen, daß fie Uebersetzungen sind. Das hat
stets seine Nachteile, besonders, wenn es sich um Uebersetzungen aus
dem Franzöfischen handelt, und zwar aus dem Französischen der
Romantik vor der Mitte des vorigen Jahrhunderts. Dieser Stil,
noch dazu aus der Feder eines außerordentlich lebhaft empfindenden
Mufikers, klingt in deutfchen Abhandlungen zunächst ungewöhnlich.
Wagner hat selbst einmal an Liszt geschrieben: „Deinen Stil kann
derjenige nicht begreifen, der die Musik nicht begreift: wie Du

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Runstwart XVIII, 23
 
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