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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 18,2.1905

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Heft 15 (1. Maiheft 1905)
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.11879#0174

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I.ose Vlatter

Zus 8ckiUer

Vorbemerkung. Wir beschränken uns an dieser Stelle daraus,
Schillers Persönlichkeit, sein Empfinden, Denken und Wollen aus den un-
mittelbarsten Zeugnissen zu spiegeln, die er hinterlassen hat: aus den Briefen
an seine Braut und Frau, an die Freunde; aus den Schriften über das Wesen
und den Wert der Kunst, über ihre Aufgaben für die Oekonomie und die
Sittlichung aller höheren Kräfte im Menschen. Schon unsere doch sehr be-
scheidene Auslese deutet den erstaunlichen Umfang der Dinge genügend an,
die dieser erlauchte Geist mit einer ganz seltenen Energie des Erfassens in
jedem Betracht sich planvoll untertan zu machen wußte. Das „Baumeisterliche"
— das Goethe dem Aristoteles einmal zueignet — wirkt aus der straff ge-
zügelten Rede unseres Dichters mit großer Kraft und siegender Gcwalt
auch da noch, wo die vorsichtiger tastende neuere Erkenntnis nicht mehr mit
kann. Sein ästhetisches Lebensideal erglänzt uns aber bei alledem unver-
rückbarer denn je, und alle diejenigen, die mit der Erbpracht des Schille-
rischen Gehaltsidealismus meinen, die Form als „bloße Formsache" über-
nehmen und abtun zu können, werden sich durch den Meister selbst sehr
unsanft aus solcher stattlichen Erhabenheit ausgerüttelt sehen. Wie er die
Moral im Reiche des Schönen auf ihren selbstverständlichen aber keineswegs
alleinherrschenden Platz verweist, so zieht er die Grenze zwischen Wollen
und Vollbringen sehr streng, sich selbst wie den andern im ästhetischen Satze,
der für ihn ein Gesetz bedeutete.

Für unsere Auslese kam neben den bekannten Briefsammlungen an
Lotte, an Goethe, Körner u. A. vor allem dankenswert die neue Sammlung
Gleichen-Rußwurms in Betracht, über die sich in unserer heutigen
„Rundschau" nähere Angaben finden.

personlicküs

Jch bedarf eines Mediums, durch das ich die anderen Freuden ge-
nieße. Freundschast, Geschmack, Wahrheit und Schönheit werden mehr aus
mich wirken, wenn eine ununterbrochene Reihe feiner wohlthätiger häus-
licher Empfindungen mich für die Freude stimmt und mein erstarrtes Wesen
wieder durchwärmt. Jch bin bis jetzt ein isolirter fremder Mensch in der
Natur herumgeirrt und habe nichts als Eigenthum besessen. Alle Wesen,
an die ich mich fesselte, haben ctwas gehabt, das ihnen theurer war,
als ich, und damit kann sich mein Herz nicht behelfen. Jch sehne mich nach
einer bürgerlichen und häuslichen Existenz, und das ist das Einzige, was
ich jetzt noch hofse. (An Körner 7. j. j788.)

*

Jm 'Ernst, ich habe zuviel Trägheit und zuviel Stolz, einem Menschen
abzuwarten, biss er sich mir entwickelt hat. Es ist eine Sprache, die alle
Menschen verstehen, diese ist, gebrauche deine Kräfte. Wenn jeder mit seiner
ganzen Kraft wirkt, so kann er dem andern nicht verborgen bleiben. Dieß
ist mein Plan. Wenn einmal meine Lage so ist, dass ich alle meine Kräfte
wirken lassen kann, so wird er und andre mich kennen, wie ich seinen G e i st
jetzt kenne. Aber dises lassen Sie mich Jhnen einmal sür allemal sagen.
Erwarten Sie nicht zuviel herzliches und ergiessendes von Menschen, die
von allem was sich ihnen nähert in Bewunderung und Anbetung gewiegt

j. rNacheft 1905

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