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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 18,2.1905

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Heft 21 (1. Augustheft 1905)
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Unsere Bilder und Noten
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https://doi.org/10.11588/diglit.11879#0566

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Als Satiriker ist Th. Th. Heine zur Genüge bekannt. Auch daß
dieser Satiriker dem zersetzenden Geist seiner Darstellungen neben „schnei-
denden" Formen spöttisch anmutige und graziöse Gestalt zu geben versteht,
weiß man. Aber daß er bei all seinem Verneinungstrieb Empfänglichkeit
haben kann für schlichte Reize des Lebens, dürfte wohl von sehr vielen
bezweifelt werden. Jch glaube, das farbige Bildnis, das diesem Hefte
vorgesetzt ist, wird diese Zweifel widerlegen können. So selten Heine so
was ohne den Rest einer gewissen Jronie gelingt, hier einmal ist es ihm
gelungen: das kleine dicke Mädel und der Mops, die im Sessel unge-
zwungen beieinander sitzen, sie sind von einem Auge erfaßt, das sich nicht
nur ein Bild feinen Geschmackes in Form und Farbe ersah, nein, das
dabei auch die drollig schlichte „Unschuld" in diesem Stück Leben als Reiz
empfand. — Auch der Bronzeteufel, der dämonische Tiermensch, den unser
zweites Bild bringt, ist mit einer Sachlichkeit gestaltet, die den künst-
lerischen Ernst des Humoristen beinahe bis zur Liebe vertieft zeigt. Nicht
der gefallene Engel, nicht ein grimmiges Symbol von Lastern und Ver-
brechen, nein, durchaus „sozialrealistisch" ist es der satanische Proletarier,
der Handlanger, der Höllenknecht 8NN8 xüra.86, der hier zielbewußt, mit
seinem Berufsgebrüll sozusagen und mit charakteristisch handwerksmäßigen
Arm- und Handbewegungen auf sein Opfer zuschreitet. Wie organisch aus
den Arbeitsanforderungen heraus an einen solchen Gesellen ist diese ganze
Gestalt empfunden. Die kurzen stämmigen Beine mit den gewaltig sich an--
saugenden Sohlenflächen, die überlangen Greifarme mit den mächtigen
Bratzen — wie ficher umfaßt man, wie unwiderstehlich trägt man mit
solchen Hilfsmitteln die Sünder hinweg, selbst wenn sie sich noch so sehr
sträuben. Auch zum Kohlenschaufeln in den unterirdischen Heizanlagen eignet
sich eine solche Konstitution offenbar ganz vorzüglich. Ueber diesen gewaltigen
„Arbeitspartien" baut sich dann, hoch gleich einem Schlote, der Wampen-
hals auf, draus das erschreckliche Teufelsgeröhr dröhnt. Der verhältnis-
mäßig kleine Verstandesbehälter aber zu oberst drückt mit allem was dazu-
gehört weniger Beweglichkeit des Geistes aus, als unerschütterliche Berufs-
sicherheit seines Befitzers. So schreitet er grölend hin, in jedem Zoll ein
Ausdruck seines inneren Wesens. Und sein kurzes Stummelschwänzchen weist
belehrend darauf hin, wie die Natur keines ihrer Geschöpfe ganz ohne Zierde
aus ihrem Mutterschoße entläßt.

Das Bild von Bartning ist im wesentlichen eine Schilderung der
römischen Campagna. Wenige Orte vereinigen so wie dort höchste Natur-
schönheit mit den Dokumenten Jahrtausende alter Menschheitsgeschichte. Bart-
ning faßt die Aufgabe in unserem Bilde nicht allein, aber doch vorzugs-

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Runstwart XVIIH 2t
 
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