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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 18,2.1905

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Heft 17 (1. Juniheft 1905)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.11879#0323

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sänglich an einigen seiner Schön-
heiten gefreut hatten. Wir werden
annehmen müssen, daß sich das Urteil
der Zukunft für den grundgütigen,
sympathischen Meunier noch schärfer
gestaltet. Sie wird ihn nicht einen
Neuerer nennen, trotz seiner nenen
Motive, eher einen Klassizisten; sie
wird über die Torheit, daß man ihn
in einem Atemzuge mit Rodin zu
nennen wagte, absolut hinweggehen."

Kann man treffender, logischer
abmessen? Weil Rodin groß ist, ist
Meunier, so scheint es, klein und
akademisch. Weil er akademisch und
sentimental ist, hat er sein „groß
Publikum". Und weil er's hat, am
Schlusse seines Lebens sich erobert
hat, hat er keine Liebhaber mehr.
Das ist freilich schlimm, aber nicht
immer ganz so schlimm, wie es aus-
sieht.

-K Die Schillerfeier und
der Kaiser

Um dieselbe Stunde, da man
in Straßburg das Gedächtnis Schil-
lers feierte, hielt der Kaiser, der am
Schillertage gerade in der Stadt
weilte, eine Parade ab. Auch sonst
ist nicht bekannt geworden, daß er
irgendwelche tiefere Teilnahme an
diesem nationalen Festtage gezeigt
habe. Das hat man nun teils be-
trauert, teils spöttisch belächelt, teils
triumphierend an die politische große
Glocke gehängt. Die Wehmütigen zi-
tieren wohl gar, was der Dichter
selbst über dis deutsche Muse seiner
Zeit hinterlassen hat: „Sie ward
nicht gepflegt vom Ruhme, sie ent-
faltete die Blume nicht am Strahl
der Fürstengunst." Wenn er aber
damals schon hinzufügen konnte:
„Rühmend darf's der Deutsche sa-
gen ... selbst erschuf er sich den
Wert" — so sollten wir heute, wo
auch der mächtigste Fürst keine dau-
ernde Macht mehr auf die Entwick-
lung der Kunst ausüben kann, nicht

trauriger sein wollen als Schiller.
Der hat ja am Ende garnicht so
schlechte Erfahrungen mit Carl August
oder mit dem Herzog von Augusten-
burg gemacht. Zieht der Kaiser
nun eine klare Bekundung seiner
Teilnahmlosigkeit dem Gegenteil vor,
so ist das seine eigene Sache, ge-
nau so, wie wenn er Kipling be-
wundert, sich die Widmung der Esch-
thruth gefallen läßt und Leoncavallo
beehrt. Wie können wir ihm die
Freiheit der Meinung versagen wol-
len, die jeder von uns für sich be-
ansprucht? Nur dagegen haben wir
uns zu wenden, wenn diese kaiser-
liche Privatmeinung von der Oeffent-
lichkeit als ein maßgebendes Bei-
spiel aufgefaßt wird, das heißt, wenn
aus der Ehrfurcht vor der Majestüt,
vor dem Kaiser als dem politischen
Vertreter der Nation, die Folgerung
abgeleitet wird, er müßte um dieser
seiner Stellung willen als bestim-
mende Autorität auf den Gebieten
unseres geistigen Lebens gelten. Jst
das der Schillerfeier gegenüber ge-
schehen? Nein. — Dann also liegt
weder zur Trauer, noch zum Spotte,
noch zum Triumphe ein Anlaß vor.

K Schillerdraht

Es liegt im Elbetal eine schöne
Stadt, reich an Kunst, reich an Gaben
der Natur. Namentlich Blumen und
Früchte gedeihen üppig rundum aus
ihren Fluren, sodaß sie, zieht der
Frühling ins Tal, wie in Blüten
gebettet liegt. Und eines Tages im
Mai versammelten sich an der schön-
sten Stelle der schönen Stadt Send-
boten aus allen Gauen des Landes,
um über den Schutz der Schönheit
in Natur und Kunst zu ratschlagen,
und sie gründeten einen Bund „Hei-
matschutz". Sie zu ehren aber hatte
der Wirt auf die Taseln Blumen-
sträuße gestellt, die waren nicht aus
den Blüten des Maien vor den
Türen hergeholt, sondern sie be-
standen aus kunstvoll gefärbtem und

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