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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 18,2.1905

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Heft 24 (2. Septemberheft 1905)
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Unsere Bilder und Noten
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https://doi.org/10.11588/diglit.11879#0740

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und viel ganz echt aus dem Leben Herausgeholtes darin. Denn solcher
Gesellen gibt es nun einmal genug aus den Alpen, Prachtkerle sind's
obendrein, und so ist eigentlich doch kaum einzusehn, weshalb sie uns
nicht einmal einer vorstellen soll, der sie versteht und deshalb verstehen lehrt.

A

Die Airma Breitkopf und Härtel, Leipzig, ersucht uns, mitzuteilen,
daß Otto Greiners Lithographie „Die Tänzer", die wir in Hest 20 unter
unseren Beilagen abbildeten, im Verlage der Firma erschienen ist.

Unsere Notenbeilage gibt zwei Proben japanischer Tonkunst im Anschluß
an den bezüglichen Hauptartikel. Das erste Stück mag als Probe volks-
tümlicher Kunst gelten. Die genauen, oft geradezu verschwenderischen Vor-
tragsbezeichnungen des Bearbeiters (Dittrich) erleichtern den richtigen Vortrag
ungemein. — Die zweite Nummer soll einen Begriff von japanischer Theater-,
demnach Stimmungsmusik geben und begleitet die Sterbeszene des
Dramas „Kesa". Also ein japanischer „Liebestod", aber nur für eine Stimme
und aus der langgestreckten Koto (der Zither) zu spielen. Die Harmonie,
welche sozusagen mit in der melodischen Linie steckt, hat Polak hinzugefügt,
um das Ganze dem europäischen Ohre faßlicher zu machen. Die Bortrags-
bezeichnungen taten wir in ähnlicher Absicht hinzu, ohne damit behaupten
zu wollen, daß Zeitmaß, Dynamik und Phrasierung der japanischen genau
entsprechen, sondern nach eigenem musikalischen Empfinden. Nach einem
hestigen Schmerzensausbruch nimmt die Melodie den Ton stiller, aber tiefer
Klage an, stets unterbrochen durch leidenschaftliche Akzente, zagend, auf-
rafsend, niedersinkend, dann resigniert wie ins Leere verhallend. Neue stür-
mische Wallungen, wehmütige Beschwichtigungen, ein dichteres Auf- und
Wwogen der Empfindung, bis unter leisen Seufzern der letzte Laut erstirbt.
Dem ergreisenden Eindruck wird sich bei ausdrucksvollem Vortrag wohl
niemand entziehen können. Der Klang des Koto läßt sich auf dem Klavier
durch reicheren Gebrauch der Apappie und entsprechenden Anschlag andeuten.

Liszt. Aus dem Schluß der Faustsymphonie. Man fühlt,
hier gibt es gar kein wenn und aber. Wie die ganze Symphonie, so ist
der Schlußchor mit seinem allmählichen Uebergang aus dem tollen Mephisto-
satz ein Meisterwerk der Tondichterkunst. Wir können nur einen zwei-
händigen Klavierauszug geben. Aber in den bloßen Harmonien und in
der Melodie des Chors steckt ein gewaltiger Ausdruck, der auch ohne den
beabsichtigten Vollklang ergreift. Die Kraft liegt an der Einführung des
Gretchenthemas — wir haben nur Raum für das eingeführte Thema —, an
dem geheimnisvollen Ernst der weiteren Takte, die zum Männerchor über-
leiten, und an diesem selbst. Wie oft sind die Worte des cboi-us mMicus
komponiert worden! Aber wo mit solch überzeugender Jnspiration? Man
braucht nicht zu wissen, daß der Rhythmus ans Hauptthema des ersten
Satzes der Symphonie anklingt; es genügt, sich ohne Studium von Be-
ziehungen dem lebendigen Eindruck hinzugeben. — Zuletzt teilen wir mit,
daß die Bearbeitung dieses Schlußchors einer Reihe von Uebertragungen
Stradals entnommen ist, der alle Symphonien und symphonischen Dichtungen,
ferner die Graner- und die Krönungsmesse Liszts für Klavier zweihändig be-
arbeitet hat. (Faustsymphonie und die beiden Messen bei Schuberth, alles
andere bei Breitkopf.) Es freut uns, daß damit eine vierte Serie von Be-
arbeitungen zu Ende geführt ist; die symphonischen Dichtungen und die
Symphonien sind für zwei Klaviere, für ein Klavier vier- und zweihändig

2. Sextemberheft jZOS 65Y
 
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