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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 20,1.1907

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Heft 2 (2. Oktoberheft 1906)
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Blech, Leo: Vom Dirigieren
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Naumann, Friedrich: Kunst und Industrie, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.8627#0099

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in der Kriegskunst so anch beim Dirigieren immer besser, als eine
laue, unentschiedene Durchführung trefflicher Intentionen. Anderseits
soll der Orchestermusiker seinen Dirigenten wohl als seinen befeuernden
Führer, aber nicht als seinen Despoten empfinden, der ihm seine Auf-
sassungen auszwingt. Also auch vom Standpunkt des Orchesters aus
verdient der Kapellmeister den Vorzug, der bei der Aufsührung sich
scheinbar wenig bemerkbar macht. Dazu gehört freilich, daß die Musiker
ihren Dirigenten gut kennen, und daraus erklärt es sich, datz man
jetzt überall von dem Parade-Gastdirigieren zurückkommt und die Lin-
richtung ständiger Dirigenten anstrebt. Anderseits findet auch eine
Anpassung des Kapellmeisters an seine Kapelle, besonders an den Ehor
der Bläser statt, die immer individuell behandelt und gesührt sein
wollen. Die Gabe, eines Komponisten Absichten aus den schwarzen
Notenzeichen der Partitur mit scharsem Instinkt zu lesen, sich mit dieser
Absicht zu durchtränken und sie einem Vokal- oder Instrumentalkörper
rasch und deutlich zu vermitteln — das macht den hervorragenden
Dirigenten, alles andere ist Sache der Äbung, der Geschicklichkeit und
darum erlernbar. Leo Blech

Kunst und Jndustrie*

Lassen Sie, verehrte Versammelte, das bunte Vielerlei, welches
wir draußen in der Ausstellung erleben, ein wenig in uns zur Ruhe
kommen, damit wir still und nachdenklich nns dessen bewußt werden,
was die Ausstellung in ihrem Kern ist und bietet. Wir wollen unser
gemeinsames Nachdenken anheften an die beiden Worte: Kunst und
Industrie. Von beidem ist die Ausstellung voll. Sie ist eine große
Zusammenhäufung von künstlerischen Formengestalten, von farbigen
Lebendigkeiten, von kleinen Einfällen und großen die Seele erfassenden
Schöpfungen, und sie ist anderseits eine Fülle von geschäftlichen Ab-
sichten und Versuchen und fast in allen ihren Teilen durchzogen von
dem Willen, durch Kunst den Lrwerb und die erwerbende Arbeit
zu fördern.

Beginnen wir bei dem künstlerischen LLindruck der Ausstellung,
so ist es, als ob wir auf einem jener großen Musikfeste uns befänden,
auf dem ein Gesangverein nach dem andern auf die Bühne tritt, jeder mit
einem andern Dirigenten, der eine mit einem Lhoral, der andre mit einem
schwierigen Kunstgesang, und wieder ein anderer mit verfeinerter Heraus-
arbeitung eines schlichten Volksliedes. Nnd neben den Gesangvereinen
erklingen die verschlungen gemischten Töne der verschiedenen Orchester

* Der Vortrag Friedrich Naumanns im Festsaale der Dresdner
Kunstgewerbeausstellung, hat bekanntlich sehr viel Aufsehen erregt; er
erscheint hier zum ersten Male in seiner vollen Ausdehnung im Druck.
Wir möchten die Naumannschen Gedankengänge nicht durch Zwischen-
rufe stören und beschränken uns deshalb auf die Erinnerung daran, daß
wir uns der Beurteilung der einzelnen Künstler, die Naumann nennt,
nicht in allem anschließen, z. B. nicht bei van de Velde. Das wissen
freilich unsre Leser schon aus meinem Aufsatze „Bedenken und Aufgaben"
(Kw. XIX, 23). Für die Beurteilung der Naumannschen Ideen ist es
natürlich ganz gleichgültig. A

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