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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 20,1.1907

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Heft 9 (1. Februarheft 1907)
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Kraftelos, Egon Heribert: Das Heim des Sensitiven: zugleich eine Anweisung zu modernster Zimmerausstattung
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Avenarius, Ferdinand: Sprechsaal
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https://doi.org/10.11588/diglit.8627#0619

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mich überströmen. Muß er mich nicht stählen zu wunderstärkstem
Schassen?!

Er hat es getan! Denn eine Lrsindung ist mir gelungen, die
alles übrige noch übertrumpst. Ich brauchte noch weitere Senkrechte.
Das geisterhaste Emporragen, ewige Anstreben war mir mit den
Himmelsleitern noch nicht stark genug betont. Alles muß nach oben
deuten! Wohl: Kennst Du noch, was wir in unserer Schulzeit „Aake--
ten" nannten? Wir kauten das eine Ende eines Fidibus, bis es
schwer, weich und seucht wurde, und schleuderten es alsdann an die
Klassendecke. Dort sog sich der feuchte Schwanz sest; der Fidibus
blieb hängen! Ich habe Lrnst aus dem kindlichen Spiel gemacht.
Bogenlange, blendendweiße Raketen hängen, in sreien, großen Rhyth-
men verteilt, tiessinnig von meiner Zimmerdecke. Ich bin entschlossen,
dem großen Mackintosch, dem Ersinder der langhängenden Ostereier
und Zigarrenkisten, dieses Motiv zu widmen.

Ich hatte kürzlich die Kritik hier. Georg Fuchs-Darmstadt will
den delphischen Hymnus an Mackintosch übernehmen; Hans Rosen-
hagen erklärte sich sreimütig sür unsähig, mein Gesamtkunstwerk zu
malen oder auch nur zu beschreiben. Fritz Stahl war noch unent-
schieden, ob er von einer miserablen Dachbude oder von einem Kunst-
morgenrot berichten solle. Der Rest blickte mit dem ihm eigenen
Unverständnis aus das unerhörte Neue. Du aber, mein Freund und
Mitgott, weißt, daß Wien schon jetzt Berlin um mich beneiden wird,
und daß zu den Sternen schreitet Dein

Egon Heribert Krastelos

Sprechsaal

Der Schriftsteller Ferdinand Avenarius in Blasewitz ist von dem
Königl. Schöffengerichte zu Dresden am Mai ds. Is. wegen Beleidi-
gung des Schriststellers Ieannot Emil Freiherr von Grotthuß in Bad
Oeynhausen, begangen durch Veröfsentlichung eines „Zum Falle Lienhard"
überschriebenen Aufsatzes im Aprilhefte des Kunstwart vom Iahre ch05, zu
einhundertsünfzig Mark Geldstrafe

und Dragung der Kosten des Verfahrens rechtskräftig verurteilt worden.

Auf Antrag des Beleidigten wird dies hiermit bekannt gemacht.

Dresden am s. November l906 Königliches Amtsgericht, Abt. IV

E) Flechsig

Einer kritischen Bemerkung über das Rrteil enthalte ich mich auf
das Ersuchen des Gerichts hin, aber der Hinweis darauf ist keine: daß
ich diese hochwichtige Tatsache nun hier zum dritten Male bekannt
mache. Die zwei früheren Male genügtew nämlich dem Herrn Baron
wegen der Form nicht, und so zwang er das Gericht, nochmaligen
Abdruck zu verlangen. Wird er jetzt zufrieden sein, wo die Fassung
vom Gericht selber eingesandt ist? Nach meiner dokumentari-
schen Darlegung in Heft H läßt sich ja doch nichts mehr für ihn
retten! Benutzt aber mein Gegner wieder irgend ein formelles Ver-
sehen, um einen vierten Abdruck zu erzwingen — gut, mir kann's

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Kunstwart XX, 9
 
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