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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 20,1.1907

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Heft 11 (1. Märzheft 1907)
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Unsre Bilder und Noten
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https://doi.org/10.11588/diglit.8627#0823

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Ansre BiLder und V^oLeu

Da wir nach Klinger in diesem Heft aus den auf S. 625 angeführten
Gründen keine Bildbeilage bringen möchten, so bringen wir eine nach
dem Hrößten Vorläufer seiner Griffelkunst, nach Francisco de Goya.
Wir verdanken es dem Entgegenkommen des Kgl. Kupferstichkabinetts in
Berlin, daß wir aus defsen Neuerwerbnngen nicht nur eines der künst-
lerisch wertvollsten und bezeichnendsten Blätter, sondern auch eine der
größteu Seltenheiten vervielfältigen dürfen: den Gohaschen „Riesen".
Die Platte soll nach ganz wenigen Abzügen zerbrochen sein. Man beachte
die Ortschaften auf der Erde drunten, um den Maßstab für dissen Koloß
zu finden, der sich den Nücken schon von der Sonne bescheinen läßt, die
für die Menschen noch unterm Horizonte steht. Das ist aber das Merk-
würdigste und es zeugt für Goyas Phantasiekraft am erstaunlichsten:
daß wir die Maßstab gebenden Einzelheiten, die Erde wie sogar den
abnehmenden Mond, auf dem Bilde zudecken können und dennoch den
Angeheuren als Ungeheuer an Größs empfinden.

Mit der Reproduktion nach Hans Völckers „Tauwind" wird
uns auch so etwas wie ein Rätsel aufgegeben. Ist in diesem Bilde nicht
alles „naß"? Es ist in sehr kecker, breiter Technik hingemalt, man
sieht die sozusagen „gehauenen" Farbenflecke und förmlich die Pinsel-
schläge selber auch auf der Reproduktion noch — dennoch, es ist alles
„nasse Luft". So sicher sind die Töne von der Wirklichkeit ab-
gefangen, und so sicher sind sie zu einem Ganzen zusammengestimmt,
daß wir den Assoziationen gar nicht entgehen können. Hei, wie der
Südwind aus der weiten Ferne her über die Ebene und zu uns her
zwischen die Bäume segt! Hören wir nicht auch, wie's in den Bäumen
raschelt nnd saust und wie selbst der kleine Fluß, der sonst so ruhige, aufge--
regt wird und mit zu reden anfängt? Der Vorgang in der Natur aber
verbindet sich mit der kraftvollen Technik des Malers so glücklich, daß
wir hier wieder einmal vor einem Gemälde ohne alle allegorische oder
„literarische" Zutat das Beste, was eine jede Kunst zu geben hat,
sühlen: Poesie.

Die Illustrationsbeilage zu Luxens Aufsatz über die Arbeiter-
wohnung und zu dem Aufsatz über die Verderbung des Römer-
berges in Frankfurt a. M. erklären sich selber. A

Ansre Notenbeilage gibt als Beispiel für den musikalischen Hauptartikel
dieses Heftes ein Lied von Gerhard Schjelderup, dem norwegischön
Komponisten, der sich in jahrelangem Aufenthalt zu Dresden längst einge-
deutscht hat. Schjelderups Lieder haben einen eigenen Ton und verdienen
darum unter der Menge der täglich auf den Markt geworfenen Erscheinungen
dieser Gattung beachtet zu werden. Das obstinate Motiv des Klavierparts
kennzeichnet die trotzige Grundstimmung, die das Stormsche Gedicht beherrscht.
tzerausgeber.- Ferdinand Avenarius in Dresden-Blasewitz; verantwortlich: der herauS-
geber. Mitleitende: Eugen Kalkschmidt, Dresden-Loschwitz; für Musik: Or. Richard
Batka in Prag-Weinberge; für bildende Kunst: Prof. Paul Schultze-Naumburg in
Saaleck bei Kösen in Thüringen — Sendungen für den Text ohne Angabe eineS Personen»
namens an die »Kunstwart-Leitung* in Dresden-Blasewitz; über Musik an Or. Richard
Batka in Prag-Weinberge — Manuskripte nur nach vorheriger Vereinbarung,
widrigenfalls keinerlei Verantwortung übernommen werden kann — Verlag von Georg
S W Callwey — Druck von Kastner L Callwey, kgl. Hofbuchdruckerei in München — In öster»
reich-Ungarn für HerauSgabc und Schriftleitung verantwortlich: Hugo Heller in Wie« I


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Kunstwart XX, A
 
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