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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 20,1.1907

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Heft 12 (2. Märzheft 1907)
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.8627#0859

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Aus: „An das leidende Angesicht Zesu Christi"

O Häupt voll Blut und Wuuden,
voll Schmerz und voller Hohn!
o Häupt, zu Spott gebunden
mit einer Dornenkron!

O Häupt, sonst schön gezieret
mit höchster Ehr und Zier,
itzt aber hoch schimpfieret!
gegrüßet seist du mir.

Du edles Angesichte,
dafür sonst schrickt und scheut
das große Weltgewichte,
wie bist du so bespeit?

Wie bist du so erbleichet?

Wsr hat dein Augenlicht,
dem sonst kein Licht nicht gleichet,
so schändlich zugericht?

Die Farbe deiner Wangen,
der roten Lippen Pracht
ist hin und ganz vergangen:
des blassen Todes Macht
Hat alles hingenommen,
hat alles hingerafft,
und daher bist du kommen
von deines Leibes Kraft.

Nun, was du, Herr, erduldet,
ist alles meine Last:
ich hab es selbst verschuldet,
was du getragen hast.

Schau her, hie steh ich Armer,
der Zorn verdienet hat:
gib mir, o mein Erbarmer,
den Anblick deiner Gnad.

Wann ich einmal soll scheiden,
so scheide nicht von mir.

Wann ich den Tod soll leiden,
so tritt du dann herfür.

Wann mir am allerbängsten
wird üm das Herze sein,
so reiß mich aus den Angsten
kraft deiner Angst urrd Pein.

Erscheine mir zum Schilde,
zum Trost in meinem Tod,
und laß mich sehn dein Bilde
in deiner Kreuzesnot.

2. Märzheft
 
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