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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 7.1893-1894

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Heft 6 (2. Dezemberheft 1893)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.11728#0100

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von ^5 M. für dns Blatt) bringen aber Reproduktionen
einiger seincr allerherrlichsten Schöpfungen: fo des Todes, der
durch den Herbst reitet, der Klage des Hirten, der Villa am
Meer, der idealen Frühlingslandschaft, des Ganges nach
Emmans, des Einsiedlers. All diese Blätter bieten neben ihrem
Eigenwert auch einen vorzüglichen Schmnck, der bei einiger
Geschicklichkeit des Rahmers auch in jede Zimmereinrichtung
recht wohl koloristisch eingefügt werden kann. Und Böcklin
könnte soviel zur Erziehung der Phantasie in unserm Volke
thun, wenn er von mehr Wänden herab anf die Bewohner sühe!

Aus Studienmappen deutscher Meister. Heraus-
gegeben von Julius Lohmeyer. Jede Mappe, mit 10 Licht-
drucken, Biographie und Bildnis 15 M. (Breslau, Wiskott.)

Nach längerer Pause werden uns von diesem trefflichen
Sammelwerke wiederum zwei Mappen vorgelegt, eine That-
sache, die, eben weil sie die Fortsetzung des Unternehmens be-
deutet, an und für sich mit Genugthuung zu verzeichnen ist.
Die neuen Mappen ziehen nach Menzel, Knaus, Werner,
Meyerheim, Gesellschap, Defregger, Schuch und Grützner nun
Heinrich Hofmann und Ludwig Passini in den Kreis
ihrer Darbietungen. Zu den Verehrern Heinrich Hofmanns
können wir uns nicht bekennen — wer aber zu seinen Ver-
ehrern gehört, der wird durch die zweckmäßige Auswahl des
Gebotenen erfreut sein. Die Passini-Mappe ihrerseits führt
uns den liebenswürdigen und feinen Meister mit teilweis ge-
staltenreichen Bildern vor, von denen eine Kirchenszene aus
St. Maria dei Frari als Doppelblatt wiedergegeben ist. Daß
die Wiskottschen Mappen sich weniger uud weniger an den
Sinn für das Entstehen des Kunstwerks, für das Schaffeu in
der Kunst, als an die Freude am Bilderbesehen wenden und
somit nicht mehr so sehr wie früher Entwürfe erster Konzeption
bieten, sei erwähnt. Einem größeren Publikum kommt man
dadurch entgegen, aber wir wünschten doch, daß zu Gunsten
eines engeren, aber vielleicht empfänglicheren Kreises von Kunst-
freunden bei den folgenden Mappen folchen Blättern wieder
mehr Aufmerksamkeit gemidmet werden könnte, die ins erste
Entstehen und Werden der Kunstwerke blicken lassen.

Sizilianische Freilichtstudien. Etwa HOO Photo-
graphien in Quartformat. (Leipzig, Hugo Grosser, je ^,50 M.,
im Dutzend t,25 M.).

Was bei uns, zumal in den Anzeigeteilen der Zeit-
schriften, als „Aktstudien" bezeichnet wird, ist meist sehr un-
sauberer Herkunft und sehr unsauberen Zweckes — aber auch,
wenn wir von jenen Blättern absehen, bei denen die Kunst
nur Vorwand für ein schmutziges Geschäft ist, und uns zu den
wenigen wenden, die mit ihren photographischen Aktstudien
wirklich die Kunst im Auge haben, finden wir nur selten Brauch-
bares. Jnsbesondere in Deutschland gemachte Freilichtstudien
mit Akten sind aus den verschiedensten Gründen wahre Selten-
heiten. So, haben sich denn seit einer Reihe von Jahren be-
sonders zwei in Jtalien lebende Deutsche in dieser Beziehung
sehr verdient nm unsre Maler gemacht: Wilhelm Plüschow
in Neapel und Wilhelm von Glöden in Taormina. Was
sie, Männer mit künstlerisch gebildetem Auge, in vielen Hunderten
von Studien insbesondere nach nackten Jünglingen in südlicher
Landschaft uns bieten, ist zum großen Teile sowohl hinsichtlich
der prächtigen, schier „antiken" Körper vortrefflich, wie hin-
sichtlich der Posen, die nordische Modelle nie mit jener auch
innerlichen Anpassung an die Absicht einnehmen, wie die süd-
lichen, und schließlich auch wegen der überaus interessanten und
schönen Wirkungen des italienischen Freilichts.

Im waffenrock. Von Feodor Czabran. Ernste
und heitere Bilder aus dem Soldatenleben. (Gera, Gustav
Leutzsch, in Mappe 6 M.)

Die zwölf Bilder sind besser, als wir angesichts der vielen
dieser Art, die in jüngster Zeit vorgelegen haben, so nach
dem Durchschnitt vermuteten, besser z. B. als die Allersscheu
Marinebilder. Ohne jede Karikirung, aber mit natiirlichem
Gefühl für den Humor der Situationen und mit frischer Frcude
am Wirklichen sind die Bilder herausgegriffen aus einem vollen
Leben, das ein Sinn, wie der hier waltende, in der That
interessant macht wo er's packt. Besonders sei noch hervor-
gehoben, daß auch eigentlich malerische Reize, wie man sie in
einer solchen Mappe doch kaum sucht, nicht selten sind; der
Künstler hat ein feines Auge für Lichtwirkungen und ein
besonderes Vergnügen daran, sie geschickt zu verwerten.

Stimmungsbilder. Von Anna von Wahl. (Berlin,
Grote.)

Eine Mappe mit fünfundzwanzig guten Lichtdrucken nach
Zeichnungen, die allerhand Szenen aus dem Kinderleben
darstellen. Hentschel und Allers sind die Sonnen, die der
Zeichnerin bei ihren Beobachtungen die Natur beleuchtet haben.
Es ist ja mancherlei ganz Hübsches unter den Sachen, aber
wir dächten doch: zur Zusammenstellung einer eigenen Mappe
sollte nur eine stärkere Persönlichkeit berechtigen oder eine be-
sondere Eigenart des Jnhalts.

Ainder- und Hausmärchen, gesammelt durch die
Gebrüder Grimm. Mit Jllustrationen von P. Grot
Johann und R. Leinweber. (Stuttgart, Deutsche Ber-
lagsanstalt, geb. m. Gldschn. 25 M.)

Wir haben diese Ausgabe schon nach dem Erscheinen der
ersten Lieferung begrüßt und können ihr nun, da fie in einem
Bande abgeschlossen vor uns liegt, nnsre Empfehlung mitgeben.
Grot Johann hat die Arbeit, die er allein unternommen, nicht
mehr beendigen können; der Knochenmann, cher im deutschen
Märchen eine so große Rolle spielt, schlug ihm den Stift aus
der Hand. Nun hat ihn der Deutschböhme Robert Lein-
weber aufgenommen. Und der Nachfolger zeigte fich dem
Vorgänger gewachsen: auch Leinwebers Bilder sind oft gute
Jllustrationen. Es hieße unberechtigte Reklame machen,
nennte man sie „genial" oder „unübertresflich", aber auch
üb erflüssig e: die Richter und Schwind haben uns nun ein-
mal keinen illustrirten Grimm hinterlassen, und unter den
Lebenden, die für den Holzschnitt zeichnen — wer hätte Grot
Johann und Leinweber übertroffen? Was uns Vogel-
Planen mit der Grimm-Ausgabe bringen wird, an der er
arbeitet, müssen wir abwarten — wir dürfen bei seiner Eigen-
art wohl annehmen, daß er für einige Mürchen, kaum aber,
daß er für alle diese nach Stimmung und Gestaltenkreis so
verschiedenartigen Stücke ins Schwarze treffen wird. Taucht
nicht ganz unvermutet irgendwo ein Märchen-Jllustrator aller-
ersten Ranges auf, so wird diese Ausgabe also wohl lange
mindestens die eine der beiden besten bleiben. Jhre Holzschnitte
nützen die Mittel der Technik vom Linien- bis zum Tonschnitt
weidlich aus und erstreben zumal in den Vollbildern oft mit
Glück auch malerische Wirkungen. Ein belehrender Aufsatz von
Moritz Neckar, „Die Brüder Grimm und ihre Märchen", ist der
(übrigens ganz vollständigen) Ausgabe beigegeben uud schließt
den in Papier und Druck ncusterhaft besorgten stattlichen
Band ab.

Unsere Kunst. Mit Beiträgen deutscher Dichter heraus-
gegeben von der Freien Vereinigung Düsseldorfer Künstler.
(Düsseldorf, Hermann Michels, Prachtbd. 56 M., Künstler-
ausgabe sLederbd.j 60 M.)

Einem Sammelwerk, das die Düsseldorfer Sezessionisten
herausgeben, wird jedenfalls mit Teilnahme entgegengesehen.
Aber wir fürchten, mancher wird von dem Bande enttäuscht
sein, wenn er uach der Ankündiguug ihn selber zur Hand

— so —
 
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