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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 7.1893-1894

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Heft 17 (1. Juniheft 1894)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.11728#0275

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brandt, Jan Steen, Philipp Wouverman, Aart van der Neer,
Hobbema, Rnysdael, die beiden v. Rombouts u. a. Sehr
interessant ist auch die sast romanhaft klingende Schilderung
der Schicksale des prächtigen großen Rubensschen Bildes „Das
Bad der Diana", dessen Geschichte vr. Schubart mit vielem
Scharfsinn ansgeklärt hat. Den Kern der Schubartschen
Sammlung bilden die Holländer des k?- Jahrhunderts, die,
von Franz Hals und dem Delftschen van der Meer abgesehen,
in ihren hervorragendsten Meistern vollzählig vertreten sind
und in wirklich auserlesenen Bildern einen sonst lückenlosen
Überblick über jenen Abschnitt der Kunstgeschichte gewähren.
Neben den Holländern kommen wenige Vertreter anderer
Nationen in Betracht: zwei hervorragende Bildnisse von Am-
berger, ein heiliger Hieronymus von Memling, der schon er-
wähnte Rubens, ein bezeichnendes Bild von Teniers d. I.,
zwei ausgezeichnete Bilder von Cranach — eine anmutreiche
Madonna und eine nackte Quellnymphe, die den Meister aller-
dings ganz anders zeigen, als seine prosaischen Durchschnitts-
bilder —, endlich ein trefflicher Watteau und ein Bildnis des
Murillo.

Die photomechanischen Nachbildungen der Verlagsanstalt
für Kunst und Wiffenschaft sind vorzüglich, die gesamte Aus-
stattung des Werkes ist von geschmackvoller und vornehmer
Einfachheit, so daß die Veröffentlichnng allen Beteiligten zu
voller Ehre gereicht.

P>aul Schumann.

Kataloge fnr Rnnstsammler von Ludwig Rosen-
thals Antiquariat in München.

Der erste dieser beiden ungewöhnlich wertvollen Kataloge
betitelt sich „IncnnabutL x^ko^rLpllicL st cllLlco-
^rapllica" (10 M.) und verzeichnet in 8 Abteilungen 2ZZ
Nummern, nämlich Bilderhandschristen, Reiberdrncke und Holz-
schnitte, Blockbücher, Schrotblätter, Teigdrucke, Niellen, Metall-
schnitte und Kupserstiche, Bücher mit Jllnstrationen. Der
Katalog ist typographisch-künstlerisch in hervorragender Weise
ausgestattet und mit 102 Jllustrationen versehen, welche in
der Treue der Nachbildung den weitest gehenden Ansprüchen
genügen. Die Beschreibnng der Blätter und Bücher (in
deutscher und sranzösischer Sprache) ist auf wissenschaftlicher
Grnndlage streng sachlich gehalten. Der Katalog, der eine
Reihe großer Seltenheiten, darunter Unica und unbeschriebene
Blätter verzeichnet, wird zunächst den Sammlern willkommen
sein, aber anch an sich ist er vermöge der vorzüglichen Bilder
wertvoll, und der Wissenschast bietet er einen reichen Stoff
zur Bearbeitung dar. Der zweite Katalog betitelt sich
„Jllustrirter Katalog einer reichhaltigen Sammlung von
Ornamentstichen und Zeichnungen, Kalligraphie, Gartenkunst,
Stick- und Spitzenmustern, Prachteinbänden". (H M.) Er
umfaßt t9t8 Nummern und zählt ebenfalls hervorragende und
zum Teil seltene Stücke der genannten Gattungen aus. so gute
Jllustrationen sind beigegeben. Auch er hat dadurch einen
selbständigen Wert. Sch.


SpreckSÄAl.

nchner Landschaftsinale

Darf ich, ein Nichtdeutscher, der aber die deutsche Kunst
nicht nur mit Teilnahme, sondern sehr oft mit Bewunderung
versolgt, mir die Niederschrift einiger Anmerkungen über sie
erlauben, so mnß ich eine Bemerkung vorherschicken. Es ist
nnr aufgefallen, mit wie geringer Vorsicht selbst angesehene
dcutsche Zeitschristen ihre Kunstreferenten auswählen. Blätter,
die in anderer Beziehung musterhaft geleitet sind, geben Kri-
tikern das Wort, deren Leistungen jene Geringschätzung be-
greiflich machen, welche deutsche Künstler weit häufiger als
englische oder sranzösische der Kritik überhaupt zollen.

So hatte ich in der letzten Zeit in deutschen Zeitschriften
Einiges über jüngere Münchener Landschaftsmaler gelesen, was
mich zu der Aunahme verleiten mußte, daß eine neue, außer-
ordentlich geniale Jugend anfange in Deutschland herauszu-
kommen. Meine Sympathien gehören der Jugend. So zog
es mich denn an, aus eigener Anschauung kennen zu lernen,
was so über die Maßen gelobt worden war. Jch bedaure
sagen zu müssen, daß ich enttäuscht wurde.

Es handelt sich um eine Gruppe von Münchener Malern,
die auf dem Umwege über Glasgow japanische Einflüsse auf-
zunehmen beginnen. Jhre Leistungen rechtfertigen nach der
Meinung auch ihrer deutschen Kunstgenossen wohl doch nicht
den rednerischen Auswand sür sie. Diese Leute sind keine Origi-
nale, sondern Jmitatoren und, wenn ich mich so ausdrücken darf,
Jllusionisten: sie erinnern mit ihrer seelenlosen Geschicklichkeit an
die Artisten der Spezialitütentheater. Eine Ausnahme macht
vielleicht allein derHamburger Peter Behrens, derallerdings
auch vorläufig noch mit seinem allznheraussordernden Muskelspiel
und seinem Schauspieleraffekt an die Eigenschaften eines Zirkus-
athleten erinnert, aber doch alle Fähigkeiten zu besitzen scheint,
um aus diesem herans den olympischen Sieger entwickeln zn
können. Auch Th. Th. Heine ist ein talentvoller junger

ei und deutsche Ruustkritik.

Mann, wie er mit seinem „Angler" gezeigt hat. Sein Talent
liegt in einem sicheren Ange, einer geschickten Hand nud, wenn
ich so sagen darf, in einer gewissen Frechheit. Von „Seele"
bemerke ich bei ihm nicht viel. Er ist malender Jongleur,
Equilibrist, Clown, und es macht ihm augenscheinlich beson-
deres Vergnügen, seine Kritiker ein wenig an der Nase zu
sühren. Otto Eckmann und die Übrigen, die genannt
worden waren, sind unpersönliche Nachahmer, die nicht einmal
das solide technische Können ihrer Vorbilder besitzen. Daß
man sie, wie dics geschehen ist, mit Künstlern wie James
Guthrie, John Lavery, Alexander Roche und anderen Glas-
gowern zusammenstellen konnte, gilt mir als ein Beweis sür
die Unsühigkeit, Nuancen zn unterscheiden, deren Erkennen
wesentlich ist, um das geschickte Machwerk vom Kunstwerk zu
trennen.

Ganz sern aber liegt es mir, aus solchen Jrrtümern der
Kritik aus einen tiefen Stand auch der Kunst selber in Deutsch-
land zn schließen. Es besteht dort oder vielmehr es beginnt
dort zu entstehen eine Kunst der Malerei, die sehr wohl sür
den Aufbau der erwähnten kritischen Lobsprüche der neuesten
deutschen Malerei einen thatsächlichen Untergrund giebt. Aller-
dings nicht aus diese Art Malerei waren sie angewendet
worden, sondern gerade anf solche, die dasjenige nicht enthielt,
was ihr spekulativer Gedankengang auszudrücken schien. Jch
bekenne mich uun zu der Meinung, daß man auf dem Wege
der Spetülation der Kunst nicht näher tritt, in das Wesen der
Malerei nicht tiefer eindringt. Man kommt nicht schneller vor-
wärts auf dem Wege zu malerischem Empfinden, wenn man
viel philosophisches und überhanpt literarisches Gepäck mitträgt.
Es ist mir immer aufgefallen, daß in Frankreich, wo doch anch
und vielleicht mehr noch als in Deutschland ein streberisches
Journalistentum besteht, die Kunstkritik aus einer so viel höheren
 
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