Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Das neue Frankfurt: internationale Monatsschrift für die Probleme kultureller Neugestaltung — 2.1928

DOI Artikel:
Gantner, Joseph: Steine der Lebenden
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.17441#0158

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Ln

ABCDEFGHIJKLMN
OPQRSTUVWXYZ KQJM1P©
MEMENTOMORI-

*1234S<$78?10+

JOSEF HARTWIG, Schriftproben für Grabfteine. Aus der Mappe „Ein altes und vier neue Alphabete". Selbftverlag.

einheitliche Geftaltung unferes Lebens langfam wieder möglich werde. Diefe
Formen find abflrakt, geometrifch, unorganifch in dem Sinne, dar) fie nicht
von Lebensgefetjen des menfchlichen Organismus beffimmt werden. Sie
werden aber auch nicht beftimmt von irgendeiner Modeftrömung unter
denen, die fie entwerfen, fondern ganz einfach — und das vergeffen die
Tadler immer wieder — durch die Arbeitsweife der Mafchine. 95" » aller
Grabfteine werde heute induftriell hergeftellt. Das Sägeblatt der Mafchine
läuft fchnurgerade, genau so laufen die Schur- und Schleiffcheiben, und fo
ift die kantige, rechteckige und rechtwinklige Form nicht der Ausgangspunkt,
fondern das E r g e b n i s des Herffellungsprozeffes, genau fo wie bei der
modernen Baukunft, die mit typifierten Elementen arbeiten m u fj, wenn fie
die Möglichkeit der fo dringend nötigen Verbilligung des Arbeits- und Her-
ftellungsvorganges ausnützen will. Wenn nun aber jemand um allen Preis
auf dem Grab eines Angehörigen ein Monument mit Porzellanengeln,
fteinernen Baumftümpfen, mitRofenkreuzen und Galvanopalmen haben will?
Dann mufj man ihm fachte auf die Schulter tippen und ihm fagen, dafj er
denfelben Gefchmacks- und Denkfehler begeht, wie die Bahnverwaltungen
älteren Stiles, die für ihre Perrondächer korinthifche Säulen in Gufjeifen
machen liefen. Er könnte ebenfo gut mit einem Reifrock in die Trambahn
einfteigen, und genau fo gut könnte eine grofje Tageszeitung ihre Spalten
in der Zierfchrift der Spätgotik fetjen und drucken. Denn der Stemmet}, der
ein Grabmal diefer Art in Auftrag bekommt, befchafft fich ja in den meiften
Fällen das Ganze oder einzelne Teile wieder aus der Fabrik, wo dann eben

die Dinge, die nach Form und Sinn eine handwerkliche Herftellung einfach Berichtigung ZU Heft 5

verlangen - Säulen, Engel, Palmen ufw. - fchlecht genug mechanifch her- Auf Seite 84 von Heft 5 wird das vierte Re-
#, Ii. i i/ ,i i c Ii l *i Li I t- klamehäuschen als eine Arbeit von Archi-

qeltellt werden. Kommt aber, was als Seltenheit wohl einmal tur einen , ,, n „ ,,», r> . . ■ . rN.

, n r ii ■ f i i ■ i i- i i Li" i 'e'c* ba'ler und W. üexel bezeichnet. Die

reichen Befteller gefchehen mag, ein Grabmal wirklich nur aus den Händen genaue Legende (oNte iauten. Architektur

eines guten, künftlerifch begabten Bildhauers hervor, dann wird kein Hoch- ^es Häuschens von E. Balfer, Befchriftung

bauamt der Welt etwas dagegen einzuwenden haben. Im Gegenteil. von W.Dexel.

108
 
Annotationen