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Das neue Frankfurt: internationale Monatsschrift für die Probleme kultureller Neugestaltung — 2.1928

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Drevermann, Friedrich Ernst: Strömungen in der Universität
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https://doi.org/10.11588/diglit.17441#0289

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Lehrer der Schule und Hochfchule, Ausfchaltung jeder Art von Mitleid ift
nötig. Der Glaube, dafj das Abiturientenexamen für alle Berufe nötig fei,
mufj verfchwinden. Die Auslefe darf nicht nach dem Geldbeutel, fondern nur
nach der Eignung gehen. Die Statiftik der Studenten, d. h. derjenigen, die
die finanziellen Mittel zum Befuch der höheren und hohen Schulen aufbrin-
gen, ergibt 1,4% Arbeiterkinder, die Statiftik der Studienftiftung des Deut-
fchen Volkes, die unter jeder möglichen Ausfchaltung menfchlichen Irrens die
allerbeften Abiturienten auswählt, um fie auf Koften des Reiches ftudieren zu
laffen, die alfo nur nach Tüchtigkeit und Perfon, nicht nach der finanziellen
Lage der Elfern urteilt, ergibt 12%!

2. Der Unterricht auf Schule und Hochfchule mufj mehr auf Denken, mehr auf
Verbindung getrennter Disziplinen, als auf Wiffen und Lehrbuchpauken ein-
geteilt werden.

3. Zum Staatsexamen als Lehrer darf nur zugelaffen werden, wer vorher
feine Fähigkeit zur Erziehung, feine pädagogifche Begabung bewiefen hat,
nicht durch ein Examen in Pädagogik, fondern durch praktifche Lehrtätigkeit.
Das Urteil werde ausgefuchten Eltern, den beften Lehrern und klugen Schülern
anvertraut!

B) Der Kampf gilt zweitens der Einheit, der wahren Univerfitas.

1. Politifche, konfeffionelle, ftändifche, fportliche oder wiffenfchaftliche Verbin-
dungen von Studenten find an fich faft wertlos, weil fie trennen. Sie verdienen
nur dann Förderung, wenn fie alle Richtungen zu Wort kommen laffen und
Seite an Seite auf Klärung arbeiten. Wer gute Anfärje in diefer Richtung för-
dert, verdient Unterffüfjung. Wenn z. B. alle Korporationen einer Univerfität
gemeinfam mit den nicht inkorporierten eine Frage zu klären fuchen, wenn
Angehörige aller Richtungen im fportlichen Wettkampf ringen oder nach
fachlicher Ausbildung ftreben, fo follfe jede derartige Lockerung vorhandener
oder drohender Grenzen gefördert werden. Das Ziel ift: Achtung vor jedem
ernfthaft Strebenden, vor jedem, der eine junge aufnahmefrohe Seele befity
und zum Kampf gegen negierendes Spießertum ins Philifterium mitnehmen
will.

2. Ein Zufammenfchlufj aller Studenten ift ebenfo zu beurteilen — die Uni-
verfitas befteht aus Profefforen und Studenten.

3. Aber auch für die ganze Univerfität, die fich nach aufjen abfchliefjt, gilt
nichts anderes. Auch fie züchtet Dünkel und Überheblichkeit, wenn fie nicht
im ganzen Volke wurzelt und die Beften aus allen Kreifen anzuziehen vermag.
Unfer heifjer Wunfeh gelte geiftiger Beweglichkeit, er richte fich gegen jede
Schranke, gegen alles ftarr gewordene und werdende. Er gelte höchfter Qua-
lität, damit wahre Führer erzogen werden. Der Kampf ums Dafein kennt
nirgends eine „Berechtigung" zum Leben, aufjer innerlicher
Tüchtigkeit, d. h. der Fähigkeit fich in jeder Umwelt zu behaup-
ten. Wer fich in allen Lagen bewährt, foll Führer fein!

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