DOI Artikel:
Craemer, H.: Was können wir Ingenieure zur Gesundung der Baukunst beitragen?
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.17291#0008
FUNKSTELLE DES FRANKFURTER FLUGHAFENS
der Auch-Architekten aber blieb den Gedankengängen aus der Zeit des ■
Jugendftils treu; nur ftatt der neuen Stile fchuf man jetjt Ismen. Die Baukunft
wurde mehr und mehr der Mode unterworfen und ftatt der Entwicklung
kam die Verwicklung.
Die Folge diefer Unftetigkeit ift wachfende Gefchmacks-Unficherheit in allen
Kreifen; der gebildete Laie, zu deffen kulturellen Pflichten es gehören würde,
die Künfte feiner Zeit durch Intereffe zu tragen und zu fördern, lehnt es
häufig ab, fich ernftlich mit der Baukunft zu befaffen, da er Befferes zu tun
hat, als fich durch faft alljährlich eingeführte neue Formen verwirren zu laffen.
So ftehen die Dinge heute. Das Bild, das fich uns darbietet, ift ein recht uner-
freuliches. Zwar ift es wahrfcheinlich, dafj die Gefchichte unfere Zeit mit mehr
Nachficht beurteilen wird, als es denen möglich ift, die mitten in den Gefcheh- .j& je jvSCj i
niffen ftehend diefe kritifch zu werten und zu beeinfluffen haben: Nicht nur P Tf^tSiit!—lf?Sii
auf dem Gebiet der Technik, wo dies am augenfälligffen ift, fondern auch auf mm^^^^^^it^Tjg^Mmt
geiftigem Gebiet hat fich das Entwicklungstempo heute gegen früher ver- Z!!?**11 - t~*%m
vielfacht; der Ablauf allen Gefchehens geht gleichfam durch den Zeitraffer ■
hindurch und aus dem Neben-, Gegen-und übereinander wird ein oft fchwer ^HHHwBH BK8l
überfehbares Durcheinander. hochbauamt frankfurt am main
Wenn fo zwar, welthiftorifch betrachtet, mancherlei Entfchuldigungsgründe Baurat Adolf Meyer. Photo Wolff
für die Unausgeglichenheit unferer Epoche vorliegen mögen, fo wird dadurch
unfere Verpflichtung nicht geringer, nach beften Kräften zur Überwindung
der Krife beizutragen. Die Erkenntnis der im fchnellen Tempo unferer Zeit
liegenden Gefahr verwirrender Vielfältigkeit weift uns von felbft auf den Weg
der Heraushebung des Abfoluten und Eindeutigen und der Vermeidung
alles Gekünftelten und Spielerifchen.
Es mufj zu denken geben, dafj der eigentliche Induftriebau, und zwar nicht
nur der Eifenbau, fondern auch der nur wenige Jahrzehnte alte Eifenbeton-
bau, feit langem feine endgültige Erfcheinungsform gefunden hat; gelegent-
liche Vergewaltigungen durch dekorationsfreudige künftlerifche Mitarbeiter
fallen höchft unangenehm auf und beweifen dadurch ihre Seltenheit.
Der Grund für die fo fchnell entftandene Formen-Klarheit auf diefem Gebiet
liegt wohl zum grofjen Teil darin, dafj die fchwierigen Anforderungen, die """"N'"""'!tut -
zu erfüllen waren, die Löfung ziemlich eindeutig feftlegen. Die Konffruktion
derartiger Bauwerke benötigt zu viel exakte Wiffenfchaft, als dafj fie Mode-
ffrömungen unterworfen fein könnte. So können wir Ingenieure es uns gar
nicht mal zum befonderen Verdienft anrechnen, wenn die Erfcheinungsform ==-
unferer Bauten das einzig ftetige im legten Vierteljahrhundert war; fie wurde ~") : r——' ''"'—-—^ r
eben nur beeinflußt durch die wachfende ingenieur-wiffenfchaftliche Erkennt- 1 >; ^ l__j ezz! □ q | | jg
nis und die dadurch neu entgehenden Konftruktionsmöglichkeiten. lageplan
i
2
der Auch-Architekten aber blieb den Gedankengängen aus der Zeit des ■
Jugendftils treu; nur ftatt der neuen Stile fchuf man jetjt Ismen. Die Baukunft
wurde mehr und mehr der Mode unterworfen und ftatt der Entwicklung
kam die Verwicklung.
Die Folge diefer Unftetigkeit ift wachfende Gefchmacks-Unficherheit in allen
Kreifen; der gebildete Laie, zu deffen kulturellen Pflichten es gehören würde,
die Künfte feiner Zeit durch Intereffe zu tragen und zu fördern, lehnt es
häufig ab, fich ernftlich mit der Baukunft zu befaffen, da er Befferes zu tun
hat, als fich durch faft alljährlich eingeführte neue Formen verwirren zu laffen.
So ftehen die Dinge heute. Das Bild, das fich uns darbietet, ift ein recht uner-
freuliches. Zwar ift es wahrfcheinlich, dafj die Gefchichte unfere Zeit mit mehr
Nachficht beurteilen wird, als es denen möglich ift, die mitten in den Gefcheh- .j& je jvSCj i
niffen ftehend diefe kritifch zu werten und zu beeinfluffen haben: Nicht nur P Tf^tSiit!—lf?Sii
auf dem Gebiet der Technik, wo dies am augenfälligffen ift, fondern auch auf mm^^^^^^it^Tjg^Mmt
geiftigem Gebiet hat fich das Entwicklungstempo heute gegen früher ver- Z!!?**11 - t~*%m
vielfacht; der Ablauf allen Gefchehens geht gleichfam durch den Zeitraffer ■
hindurch und aus dem Neben-, Gegen-und übereinander wird ein oft fchwer ^HHHwBH BK8l
überfehbares Durcheinander. hochbauamt frankfurt am main
Wenn fo zwar, welthiftorifch betrachtet, mancherlei Entfchuldigungsgründe Baurat Adolf Meyer. Photo Wolff
für die Unausgeglichenheit unferer Epoche vorliegen mögen, fo wird dadurch
unfere Verpflichtung nicht geringer, nach beften Kräften zur Überwindung
der Krife beizutragen. Die Erkenntnis der im fchnellen Tempo unferer Zeit
liegenden Gefahr verwirrender Vielfältigkeit weift uns von felbft auf den Weg
der Heraushebung des Abfoluten und Eindeutigen und der Vermeidung
alles Gekünftelten und Spielerifchen.
Es mufj zu denken geben, dafj der eigentliche Induftriebau, und zwar nicht
nur der Eifenbau, fondern auch der nur wenige Jahrzehnte alte Eifenbeton-
bau, feit langem feine endgültige Erfcheinungsform gefunden hat; gelegent-
liche Vergewaltigungen durch dekorationsfreudige künftlerifche Mitarbeiter
fallen höchft unangenehm auf und beweifen dadurch ihre Seltenheit.
Der Grund für die fo fchnell entftandene Formen-Klarheit auf diefem Gebiet
liegt wohl zum grofjen Teil darin, dafj die fchwierigen Anforderungen, die """"N'"""'!tut -
zu erfüllen waren, die Löfung ziemlich eindeutig feftlegen. Die Konffruktion
derartiger Bauwerke benötigt zu viel exakte Wiffenfchaft, als dafj fie Mode-
ffrömungen unterworfen fein könnte. So können wir Ingenieure es uns gar
nicht mal zum befonderen Verdienft anrechnen, wenn die Erfcheinungsform ==-
unferer Bauten das einzig ftetige im legten Vierteljahrhundert war; fie wurde ~") : r——' ''"'—-—^ r
eben nur beeinflußt durch die wachfende ingenieur-wiffenfchaftliche Erkennt- 1 >; ^ l__j ezz! □ q | | jg
nis und die dadurch neu entgehenden Konftruktionsmöglichkeiten. lageplan
i
2