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Das neue Frankfurt: internationale Monatsschrift für die Probleme kultureller Neugestaltung — 3.1929

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https://doi.org/10.11588/diglit.17291#0360

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vom biologifchen [tandpunkt aus benötigt der gefunde menfch
für leine wohnung in erfter linie luft und licht, dagegen nur eine
geringe menge an räum, allo ift es unrichtig, das heil in einer Ver-
größerung der räume zu erblicken, vielmehr lautet das gebot:
vergrößert die fenlter, fpart an Wohnraum.

um dem individuum von heute aber bei der [charteren ausprägung
des individuellen lebens innerhalb der gefellfchaft den lebens-
wichtigen abffand von den mifbewohnern der wohnung zu fichern,
gilt es, das ziel zu erreichen: jedem erwachfenen (ein eigenes,
wenn auch kleinftes zimmer!

6) es wäre allo falfch, das programm der minimalwohnung aus
den unterlten anfprüchen verelendeter volkskreile und aus dem
gegenwärtigen durchfchnittseinkommen abzuleiten, aus den biolo-
gilchen und loziologifchen grundforderungen ergibt (ich vielmehr
analog einem mietbaren d-zugsplaß oder einer Ichitfskabine, das
aus zweck und linn begründete lachliche minimum: die ftandard-
wohnung.

7) die Itandardwohnung muh die minimumforderung für alle er-
werbstätigen darttellen ; dann ift es lache der wirtfchaft, dies zu
verwirklichen und jedem erwerbstätigen feine ration wohnung zu-
zuteilen

diefreizügigkeitderindultriellen bevölkerung verlangt die miet-
bare ration wohnung.

die geiftige und wirtfchaftliche verfelbftändigung der trau fordert
ferner die entlaftung der familie von hauswirtfchaftlicher tätigkeit.
diele erlcheinung drängt auch aus gründen der allgemeinen
Ökonomie zum zentralifierten grohhaushalt.

8) die erfahrungen aller zivilifierten länder zeigen, dafj an eine be-
friedigung der wohnbedürfnilfe der masse bei der beftehenden
fpannung Zwilchen einkommen und herftellungskoffen und bei
den begehenden zinsfäßen nicht gedacht werden kann.

da die technik im rahmen von indultrie und banken arbeitet und
jede erzielte verbilligung in erfter linie für die rentabilität der
privatwirtlchaft auszunutzen gezwungen ift, kann fie erft dann
billigere und differenziertere Wohnungen liefern, wenn der staat
durch erhöhte fürforgliche mahnahmen das intereffe der privaf-
wirtfchaft für die Produktion billiger (tandardwohnungen ftärkt.
für die Verwirklichung der minimalwohnung zu erfchwinglichen
mietfäßen wird daher an die (taaten die forderung gerichtet:

1) die Vergeudung öffentlicher gelder zu verhindern, dagegen
die geldbefchaffung zum bau von minimalwohnungen unter feft-
legung einer oberen gröhengrenze zu erleichtern.

2) die auffchliehungskoften für minimalwohnungen herabzufeßen
und auf die gefamtheit zu verteilen.

3) bauland bereitzuftellen und es der bodenfpekulation zu ent-
ziehen.

4) die (tädtebaulichen tiefbau-technifchen und hochbau-technilchen
bauvorlchriften zu revilieren und zu erleichtern.

SCHLUSSFOLGERUNGEN DES REFERATES VON
HANS SCHMIDT-BASEL ÜBER
„BAUVORSCHRIFTFN UND MINIMALWOHNUNG"

Praktilch können heute folgende Forderungen an die Baugefeß-
gebung vom Standpunkt der Minimalwohnung aufgeffellt werden:

1) Alle Bauvorlchriften mit Ausnahme derjenigen Vorfchriften,
welche Befißverhältnilfe abgrenzen oder einfchränken (nachbar-
rechtliche oder Bodenausnußungsvorfchriften), follten grundfätj-
lich in Form von Verordnungen erlaffen werden. Bei der Auf-
hellung und Abänderung diefer Verordnungen follten die Be-
rufsverbände(Architekten und Ingenieure) herangezogen werden.
Ebenfo follte die Überwachung und Auslegung der Vorfchriften
unter Zuziehung diefer Berufsverbände ermöglicht werden.

2) Wohnungstechnifche Vorfchriften, die auf hygienifchen und fo-
zialen Gefichtspunkten beruhen, follten nicht über allgemeine
Normen hinausgehen und tollten möglichfte Freiheit in der Auf-
falfung des Wohnprogramms und in der Art der Erfüllung der
hygienifchen und lozialen Anforderungen zulaffen. Auslegung und
Kontrolle der Normen follten nicht Aufgabe von Baupolizeibe-
hörden, londern von Wohnungsämtern oder Ämtern für Volks-
hygiene (ein.

3) Bautechnifche Vorfchriften, allo Normen über Standficherheit,
Solidität und Feuerlicherheit follten foweit irgend möglich nach
den heutigen wiIfenfchaftl iche n Methoden aufgeffellt und
kontrolliert werden. Innerhalb dieler präzifen Normen follte dem
Bauenden möglichfte Freiheit in der Wahl des Materials und der
Konftruktionsart gelaffen werden.

ZUSAMMENFASSUNG DES REFERATES VON

VICTOR BOURGEOIS BRÜSSEL UBER

„LE PROGRAMME DE L'HABITATION MINIMUM''

Das erneute Zulammenwirken der wirtfchaftlichen, fozialen und
technifchen Faktoren wird begrüßt. Denn das Problem der Kleinft-
wohnung kann weder von einem einzelnen Architekten noch
von der Architektenfchaft als folcher gelöft werden. Es wird darauf
ankommen, durch vereinigte Anftrengungen und Verfuche, die
Wohnungsfypen zu fixieren und fie auf Grund der Erfahrung
ftändig zu verbeffern. Das Wohnungsproblem wird nur durch die
finanzielle Mitwirkung der öffentlichen Hand gelöft werden können.
Die phyfikalifchen Vorausfeßungen der Kleinffwohnung find:

Luft: Möglichkeit ftändiger Lüftung.

Wärme: Zentrale Heizanlagen.

Schall: Einführung von Ichalldichten Wänden und Ifolier-
mitteln.

Licht: Das Fenfter ift auf feine eigentliche Funktion als Licht-

(pender zurückzuführen.
Hinfichtlich der Hauswirtfchaft ift belonders zu forgen für Feft-
(tellung der Arbeitsvorgänge im Haushalt und die entfprechende
Erziehung der neuen Hausfrauen im Haushaltungsunterricht.

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