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Sondheim, Moriz
Gesammelte Schriften: Buchkunde, Bibliographie, Literatur, Kunst u.a. — Frankfurt a.M., 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.34388#0195

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machen, und um ornamental zu wirken, müssen sie sich ge-
wissen Beschränkungen unterwerfen und architektonisch wer-
den . . .
William Morris ist am 3. Oktober 1896 gestorben. Seitdem
hat die Keimscott Presse noch einige Bände gedruckt, die er
vorbereitet hatte. Von dem „Froissart", der vielleicht den
„Chaucer* übertreffen sollte, sind nur zwei Blätter vollendet
worden. Im Augenblicke, da ich diese Zeilen schreibe, erhalte
ich eine Anzeige von den Leitern der Keimscott Presse, in wel-
cher das Erscheinen von noch zwei Büchern angekündigt wird:
„Some German woodcuts of the fifteenth Century, being repro-
ductions from books that were in the library at Keimscott
House, together with a list of the principal woodcut books in
that library", und „A note by William Morris on his aims in
starting the Keimscott Press: together with facts concerning
the Press and an annotated list of all the books there printed,
compiled by S. C. Cockerell". Dies werden die letzten Bücher
sein, welche die Keimscott Presse veröffentlicht. Die Drucke-
rei ist Anfang des Jahres 1898 geschlossen worden; die Typen
bleiben in den Händen der „Trustees" für spätere Benutzung,
aber die Ornamente von William Morris sollen nicht mehr zur
Anwendung kommen, die Holzstöcke werden dem British Mu-
seum einverleibt werden. Wenn dieser Aufsatz erscheint, wird
die Keimscott Presse schon der Vergangenheit angehören. Sie
war so sehr das Werk, die Sache ihres Schöpfers, daß ihr Fort-
bestehen ohne ihn nicht denkbar war, und doch wird diese
Nachricht jeden Bücherfreund berühren, wie wenn William
Morris zum zweiten Male gestorben v/äre.
„Mit William Morris", schrieb vor wenigen Monaten die
Zeitschrift „Bibliographica" in dem Epilog, mit welchem sie
ihr Eingehen ankündigte, „haben wir einen Mann verloren,
dessen Leben besseren Dingen gewidmet war als der Biblio-
graphie, aber als Forscher und Sammler wahrte er bis zu
seinem Ende reges Interesse für unsere Sache, und durch die
herrliche Folge von Büchern, die seine Keimscott Presse er-
zeugt hat, hat er viel gewirkt für eine Frage, welche
jedem wahren Bibliographen am Herzen liegt, für die
Vervollkommnung des modernen Buches. Von dem Men-
schen William Morris zu sprechen ist hier nicht der
Ort; ihn auch nur ein wenig kennen, hieß ihn lieben, und die-
jenigen, welche ihn am besten gekannt, haben ihn am meisten
geliebt." Eine Zeit wird kommen, wo alle, welche den Menschen
William Morris gekannt haben, nicht mehr sein werden; die
mächtige Bewegung im Kunstgewerbe, die er durch sein Bei-
spiel und seine Thatkraft hervorgerufen, wird vorübergehen,
und Neues wird die Erinnerung an sie im Gedächtnisse der
Menschen verdrängen; seine Zimmergeräte werden der ver-
änderten Mode weichen müssen, seine Dichtungen werden als
 
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