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Sondheim, Moriz
Gesammelte Schriften: Buchkunde, Bibliographie, Literatur, Kunst u.a. — Frankfurt a.M., 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.34388#0259

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vielen Irrthümer für den Litteraturforscher noch unersetzt ist
Die bibliographische Bearbeitung dieses ungeheuren Ma-
terials besorgte hauptsächlich Gottscheds Frau. Aber auch für
das Aeußere der Bibliothek mußte „die geschickte Freundin*'
sorgen; „sie beschrieb in meiner allmählig anwesenden Biblio-
thek alle Pergamentbände mit sehr zierlichen Titeln der Bü-
cher aufs sauberste, die oft von Kennern der Kalligraphie be-
wundert wurden. Und damit ist sie fast bis an ihr Ende fort-
gefahren; da sie nämlich wegen des Zitterns ihrer Hände,
nicht ferner mehr so schön zu schreiben im Stande war".i)
Gottscheds Bibliothek war in seinem Auditorium aufge-
stellt. Sie umfaßte bei seinem Tode ungefähr 5 000 Werke.
Welchen großen Raum sie einnahm, lassen uns die Schränke
und Regale ahnen, die aus seinem Nachlasse versteigert wur-
den.2) Sogar ein Mann wie C. F. Bahrdt, der Gottsched „als
einen stolzen Idioten verachtete", konnte sich dem Zauber
dieser wohlgepflegten Büchersammlung nicht entziehen. An
einer berüchtigten Stelle seiner Selbstbiographie hat er erzählt,
wie die Pracht dieser Bibliothek ihn reizte, sich mit derselben
bekannt zu machend)
Gottsched starb am 12. December 1766. Am 13. Juli des
folgenden Jahres wurde seine Bibliothek in seiner Wohnung,
„in aedibus Breitkopfianis vulgo der goldene Bär dictis" öffent-
lich versteigert. Den gedruckten Auctions-Katalog, den wir
in Anmerkung 2 erwähnen, hat zum ersten Male im Jahre 1872
J. M. Wagner citiert und zu einer werthvollen Abhandlung be-
nutzte) Wagner kannte nur ein Exemplar, das im Besitze seines
Freundes F. Haydinger war; wir können ein zweites nachweisen,
das aus E. Kelchners Bibliothek stammt und jetzt der Stadt-
bibliothek in Frankfurt a. M. gehört.
Frau Gottsched hatte ihre eigene Bibliothek, deren Katalog
von ihrem Manne am Schlüsse der Sammlung ihrer kleinen
Gedichte veröffentlicht wurde; sie war „proprement reliee en
veau dore et autres reliures angloises et italiennes", und war
vertheilt in „quatre armoires egaux, vitres et blancs, avec des
frises bleues et dorees, pour parer les quatre parois d'un Ca-
binet de Dame". 3) Diese Bibliothek sollte zu 1000 Reichstha-
lern en bloc verkauft werden, es fand sich aber kein Käufer,
und, wie Wagner berichtet,^) wurde sie zugleich mit Gottscheds
Büchern versteigert.
0 Gottsched, Leben der Gottschedin in „Der Frau Gottschedinn Kleinere
Gedichte" 1763.
-) Catalogus Bibliothecae, quam J. C: Gottschedius reliquit. Lips. 1767. pag.
234. Nr. 34—39.
"1 C. F. Bahrdts Geschichte seines Lebens. 1790. Bd. I. S. 220.
4) J. M. Wagner, Gottsched's Bibliothek, in Petzholdts Neuem Anzeiger f.
Bibliographie. 1872. S. 200 th
0 Gotschedinn, Gedichte. S. 485 f.
e) Wagner, 1. c. S. 227.
 
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