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Sondheim, Moriz
Gesammelte Schriften: Buchkunde, Bibliographie, Literatur, Kunst u.a. — Frankfurt a.M., 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.34388#0351

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gleiche man das Blatt Murner und der Lutherische
Narr mit dem Holzschnitt der Muhle von Schwindelsheim BL
4v, ein rohen narren fressen, und mit dem Kl app er-
ben ckly aus der Schelmenzunft 1512, das wir im Frankfurter
Bücherfreund IX S. 80 abgebildet haben; ich glaube diese we-
nigen Beispiele, denen ich noch zahlreiche andere beifügen
könnte, beweisen, daß alle diese Illustrationen von derselben
Hand gezeichnet sind, derselben Hand, die den Sabellicus illu-
striert hat.
Gehen wir noch weiter in Murners illustrierten Werken zu-
rück, so kommen wir zu den mnemotechnischen Spielkarten,
die er für die Erlernung der Logik im Jahre 1507 und für die
der Institutionen vor 1502 gezeichnet hat. Das logische
Kartenspiel kenne ich aus den Holzschnitten in Murners
„Logica memorativa", Straßburg, Grüninger 1509, mit Vorrede
datiert Freiburg 1508. Im Exordium erklärt Murner, er habe
die in dem Buche abgebildeten Spielkarten entworfen, nicht
aus widerrechtlichem Vergnügen, „nulla me Chartas effingendi
voluptas impulit iniuriosa"; und in dem am Schlüsse abgedruck-
ten Testimonium der Universität Krakau wird bezeugt, „Tho-
mam Murner hanc chartiludiorum praxim apud nos finxisse".
Im Frankfurter Bücherfreund VIII, S. 87 ist der Holzschnitt
von Bl. H. 6 reproduziert; er ist, wie alle übrigen in dem Buche
im Stile der Grüningerschen Offizin gehalten, geht aber wie
alle andern unzweifelhaft auf Murners Zeichnungen zurück.
Nur die große Abbildung auf Bl. 6 v ist Kopie eines Holz-
schnittes in der Schottschen Ausgabe von Reisch's Margarita
philosophica. Das juristische Kartenspiel Murners exi-
stierte schon im Jahre 1502, wie wir durch einen von diesem
Jahre datierten Brief Thomas Wolfs wissen.*) Das ganze Spiel
bestand aus 121 Blättern. Ein Exemplar, an dem zwei Blätter
fehlen, besitzt die Universitätsbibliothek Basel; L. Sieber hat
es in der erwähnten Arbeit eingehend beschrieben. Ein zweites
Exemplar von 110 Blättern, im Besitze des Hofmuseums in
Wien, hat neuerdings Ä. Weixlgärtner in kunstgeschichtlicher
Hinsicht besprochen.^) Er schreibt darüber: „Das Spiel wurde
schon 1502 von Thomas Murner publiziert, und zwar wahr-
scheinlich in Straßburg .... Die Holzschnitte sind recht roh
und unbeholfen. Mit der Straßburger Illustratorenschule, be-
J „Quid non audet monachus iste", schreibt Wolf, „qui sacratissimas Ju-
stiniani institutiones ineptissimis depravavit glossis? Nec ea re satiatus addidit
imagunculas quasdam marginibus depictas. Proh nefas: ut protinus jam edicta
caesarea appareant chartae lusoriae." Und Murner antwortet kurz darauf: „In-
genue fateor me in imperatorias constitutiones quosdam commentarios edidis-
se, cartiludium institutionum ac pictasmate Justinianum textum ad facilem me-
morandi viam revocasse" (Sieber, L., Murner u. sein jurist. Kartenspiel, in
Beitr. zur Vaterland. Gesch. Basels X S. 288—289).
0 A. Weixlgärtner, Ungedruckte Stiche, im Jahrb. d. Kunsthistor. Samml.
d. allerhöchst. Kaiserhauses. Bd. XXIX Heft 4, 1911.

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