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Sondheim, Moriz
Gesammelte Schriften: Buchkunde, Bibliographie, Literatur, Kunst u.a. — Frankfurt a.M., 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.34388#0409

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577 —

die von Generation zu Generation ihre Kunst ausüben, zur Voll-
kommenheit bringen und durch die Ungunst der Zeiten oder
auch durch das Nachlassen des Talentes untergehen. Die Fa-
milien der Manuzio, der Estienne, der Elzevir, der Didot wirken
Jahrhunderte hindurch. Auch Bodoni, der plötzlich in Parma
auftaucht, kinderlos stirbt und dessen Presse mit ihm ver-
schwindet, ist der Sproß einer alten Buchdruckerfamilie.
Das Buch der Hochrenaissance in Italien wird durch die
Pressen der Alden und Giunten vertreten. Aldus Manutius
(1448—1515) ist der älteste und vornehmste dieser großen
Drucker und Verleger. Selbst ein gründlicher Gelehrter und
scharfsinniger Philologe, hat er zuerst die Dichter und Denker
des griechischen Altertums in sorgfältigen Ausgaben veröffent-
licht. Die durch alle Jahrhunderte hindurch geschätzten Al-
dinen sind von ihm nicht als Luxusdrucke gedacht, seine Ab-
sicht war im Gegenteil die literarischen Schätze des Altertums
in würdiger Form, aber zu billigen Preisen zu veröffentlichen,
sodaß sie auch den bescheidensten Mitteln zugänglich waren,
etwa so wie die heutigen Teubnerschen Text-Ausgaben. Wissen-
schaftliche Werke wurden damals fast allgemein in Folio und
Quart gedruckt und waren verhältnismäßig kostspielig. Aldus
hat das kleine Format in Oktav aufgebracht, das Buch, zu dem
man keinen Tisch und keine Truhe braucht, das man in der
Hand lesen und in die Tasche stecken kann. Diese Bücher
druckte er in einer zierlichen Kursivschrift auf gutem Papier;
Buchschmuck hat er nur selten angebracht. Es gibt von ihm
nur ein illustriertes Buch, den Poliphilo des Francesco Colonna,
der durch Schönheit der Typen und der Holzschnitte, durch
harmonische Einfügung der Bilder in den Satz und künstlerische
Wirkung der geschlossenen Seiten das Meisterwerk der italieni-
schen Buchkunst bleibt.
Was die Alden und die Giunten für Italien waren, wurden
die gelehrten Estienne für Frankreich und Plantin für Flandern.
Von deutschen Druckern dieses Zeitraumes ist diesmal nur
Schönsperger in Augsburg vertreten, der für Kaiser Maximi-
lian den Teuerdanck in seiner herrlichen Frakturschrift ge-
druckt hat.
Das 17. Jahrhundert beherrschen die Elzevir in Leiden und
Amsterdam. Sie haben in dem Zeitalter gewirkt, in welchem
Holland, gestählt im Kampfe um Unabhängigkeit und Gedanken-
freiheit, aus der Kraft seines Bürgertums heraus sich zur Welt-
macht hinaufgearbeitet hafte. Die Universität Leiden war da-
mals die erste der Welf und hat dem Verlag der Elzevir seine
wissenschaftliche Bedeutung verliehen, und wie die holländi-
schen Maler jener Zeit den Kunstmarkf beherrscht haben, so
haben die holländischen Pressen den Büchermarkt erobert. Von
dieser Zeit an bis auf den heutigen Tag ist mit dem Namen
Elzevir der Begriff eines wertvollen Druckes verbunden, ob-
 
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