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Sondheim, Moriz
Gesammelte Schriften: Buchkunde, Bibliographie, Literatur, Kunst u.a. — Frankfurt a.M., 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.34388#0413

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man verfertigen. Diese beiden Künstler geben seinen Büchern
das künstlerische Gepräge, Virgil Solis elegant, mit Vorliebe
französische Vorbilder mit überschlanken Hochrenaissance-Ge-
stalten kopierend, Jost Amman seinen Spuren folgend, aber mit
stärkerer Betonung seines schweizer Ursprungs und mit italie-
nischem Einschlag. Beide von überwältigender Fruchtbarkeit.
Sie sind Zeitgenossen des Hans Sachs, sie leben in derselben
Atmosphäre wie er, sie zeichnen wie er dichtet, mehr in die
Breite als in die Tiefe gehend. Hans Sachs bringt in Reime und
sie auf den Holzstock die ganze biblische und römische Ge-
schichte, Ovids Metamorphosen und die deutschen Sagen. Die
Trachten der Völker und Stände, Turniere und Schlachten,
alles was Lärm, Bewegung und Trubel verursacht, alles was
die Menge zur Zeit der Hochrenaissance interessiert, wird
für Feyerabend in Holz geschnitten.
Im letzten Drittel des 16. Jahrhunderts kommt der Sinn für
das Malerische auch im Buchschmuck immer mehr zum Aus-
druck. Der zeichnerische Holzschnitt genügt nicht mehr zur
Lösung der gestellten Aufgaben und Kupferstich und Radierung
dringen in die Buchillustration ein. In unserer Ausstellung
läßt sich deutlich verfolgen, wie der Kupferstich zuerst schüch-
tern neben dem Holzschnitt auftritt, immer mehr sich aus-
dehnt und schließlich den Holzschnitt ganz verdrängt, der
nur noch in Kopf- und Schlußleisten ein kümmerliches Dasein
fristet.
Mit dem Erscheinen des Kupferstechers Theodor de Bry
in Frankfurt im Jahre 1570 ist dem Holzschnitt das Todesurteil
gesprochen. De Bry, ein Wallone aus einer vornehmen und
reichen Familie in Lüttich, hatte wegen seines Glaubens seine
Vaterstadt verlassen müssen und gründete in Frankfurt einen
Buch- und Kunstverlag. Wir schätzen ihn auch als Stecher
vortrefflicher Ornamentstiche für Goldschmiede. Als Verleger
haben er und seine Söhne Johann Theodor und Johann Israel
ihre Bücher mit unzähligen Kupfern geschmückt. Ihr Haupt-
werk ist ihre Sammlung von Reisen nach Indien und Amerika,
die in deutscher und lateinischer Sprache erschien, 25 Folio-
bände mit zahlreichen Kupfern. Nach dem Tode der de Bry
übernimmt der Schwiegersohn des Johann Theodor, der Maler
und Kupferstecher Mathäus Merian aus Basel im Jahre 1624
das Geschäft und er und seine Söhne haben noch größer an-
gelegte Verlagswerke unternommen. In den Wirren des dreißig-
jährigen Krieges erschienen sein Theatrum Europaeum, ein
Jahrbuch der Weltereignisse, das bis zum Jahre 1718 in 21
Foliobänden fortgesetzt wurde, und die Topographien in 32
Foliobänden, ein einzigartiges Werk, das Städte und Städtchen
des Reichs, der Niederlande und Frankreichs beschreibt und
abkonterfeit, mit etwas nüchternem Stichel, der aber gerade
durch seine Trockenheit den Eindruck vollkommener Zuver-
 
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