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Zeitschrift für christliche Kunst — 2.1889

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Beissel, Stephan: Ein illustrirtes Gebetbuch des XV. Jahrhunderts
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Schnütgen, Alexander: Neuentdeckte Wandmalerei des XIII. Jahrhunderts in einem Kölner Privathause
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https://doi.org/10.11588/diglit.3570#0062

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89

1889. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

Nr. 3.

90

Neuentdeckte Wandmalerei des XIII. Jahrh. in einem Kölner Privathause.

Mit Abbildung.

n dem Hause Mathiasstrafse 4 zu
Köln, welches von seinem Eigen-
thümer Herrn Johann Lückger be-
wohnt wird, trat vor Kurzem ge-
legentlich der Tapetenerneuerung auf dem
obersten Gange ein Wandgemälde zu Tage,
welches in einzelnen Parthien so gut erhalten
•st, dafs der Maler Batzem die umstehende
ganz getreue Abbildung davon nehmen konnte.
Die Breite der ganzen Darstellung beträgt
2 m 16 cm, die Höhe des Mittelbildes 1 m
6 cm, die der Donatoren 54 cm. Das Mittel-
bdd stellt Christus am Kreuze zwischen Maria
und Johannes dar, von einem Vierpasse um-
geben; den ein Kreis umschliefst. Grüne und
i'othe Linien bilden die Einfassungsstreifen,
blaue Farbe den Hintergrund. Das Kreuz
,st braunroth, das Lendentuch weifs, die Krone
dunkelbraun gefärbt; die Heiligenscheine sind
gelb gehalten, der Mantel der Gottesmutter wie
des hl. Johannes roth. Dafs der letztere knieend
dargestellt ist (vielleicht auch die hl. Maria), ist
Wohl als eine ganz aufsergewöhnliche Kon-
zession zu betrachten, welche hier dem sie eng
umrahmenden Vierpasse gemacht wurde. Die
beiden Medaillons, welche den oberen Kreuz-
oalken flankiren, haben ohne Zweifel die Reprä-
sentationen von Sonne und Mond enthalten. Die
Waltung des Christuskörpers ist eine sehr mafs-
volle und edle, der Oberkörper ganz schwach
ötodellirt, das Lendentuch in weitem Gefält sehr
würdig drapirt nach Analogie des Wechsel-
Bürger Holz-Kruzifixus. Der Gesichtsausdruck
rler Gottesmutter zeigt erhabenen Ernst, die
Johannes-Figur meisterhafte Faltenbehandlung.
Jafs die leider nur sehr mangelhaft erhaltene
* llt;telgruppe von hoher künstlerischer Bedeu-
Ung war, beweisen auch die beiden desto
esser konservirten Donatoren-Figuren, deren
Geisterhafte Zeichnung unsere Abbildung hin-
eichend erkennen läfst. Die eine derselben
stellt gemäfs der Beischrift „... ctian de Beren-
0rP" dar, welcher mit einem halb dunkel-
°then Untergewande und mit gelblichem Pelz-
mantel und Pelzmütze bekleidet ist; die er-
_ Denen Hände halten ein kleines Kreuz und
e grofse Palme, welche den Gedanken nahe
8en, dafs der Stifter im Kreuzzuge geblieben

sei. Die Stifterin trägt gelbliches mit weifsen
Lichtern versehenes Unterkleid, rothen Mantel
mit hellblauem Futter und schwarzem Kragen,
weifses Kopftuch und Gebände. Auch die Hände
dieser mit „Hildcgtindis" bezeichneten Stifterin
sind betend erhoben. Sie kniet wie ihr Partner
auf einer Konstellation braunrother Linien, die
nicht als Wolke gedeutet werden kann wegen
ihrer zackenartigen Gestaltung. Diese weist viel-
mehr auf ein Felsgebilde hin, wie es sich auch
in Ueberresten zu Füfsen des hl. Johannes er-
halten hat, und scheint also den Kalvarienberg
darstellen zu sollen. — Leider ist es nicht ge-
lungenem den Kölner Schreinsurkunden diese
Namen ausfindig zu machen, und es wird wohl
einem glücklichen Zufalle überlassen bleiben
müssen, etwas Näheres über deren Träger zu
ermitteln. Dafs sie dem X11I. Jahrhundert an-
gehört haben, kann keinem Zweifel unterliegen,
denn auf dieses und zwar nahezu auf die Mitte
desselben weisen Zeichnung und Kostüm mit
grofser Bestimmtheit hin. Das Untergewand des
Stifters zeigt in seinen Ausläufen noch roma-
nisirende Anklänge, seine Haarlocke bereits go-
thisirende Neigungen. Die Tracht der Stifterin,
ihre weiten Schleppärmel und ihr Kopftuch nebst
Gebände bezeichnen den Schlufs der Ueber-
gangszeit. Die aufserordentliche Leichtigkeit,
womit der reiche und lebendige Faltenwurf be-
handelt ist, die Grazie, welche die Bewegung,
das feine Gefühl, welches die Hände, der edle
Ausdruck, welche die Köpfe auszeichnet, die
ganze aufserordentlich klare und bestimmte
Linienführung lassen den Urheber als einen
sehr hervorragenden Künstler erscheinen. Viel-
leicht ist es derselbe, dem die allerdings viel
gröfseren und minder delikat ausgeführten, aber
in der Bewegung sehr ähnlichen Figuren in der
Taufkapelle von St. Gereon in Köln ihren
Ursprung verdanken. Auch die Gemälde in
den beiden seitlichen Kapellen-Nischen von
St. Kunibert zeigen manche verwandte Züge,
besonders in der scharf konturirten zackigen
Gewandbehandlung, und die Gewölbemalereien
in St. Maria Lyskirchen, die unser Mitarbeiter
Kaplan Göbbels vorzüglich hergestellt hat, dürfen
vielleicht als etwas spätere Erzeugnisse derselben
Hand betrachtet werden. Dieser hervorragenden
 
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