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Zeitschrift für christliche Kunst — 2.1889

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Münzenberger, Ernst F. A.: Der neue Hochaltar in der Minoritenkirche zu Köln
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https://doi.org/10.11588/diglit.3570#0109

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Abhandlungen.

Der neue Hochaltar in der Minoriten-
kirche zu Köln.

Mit Lichtdruck (Tafel X).

m Samstag vor Pfingsten gelangte in
der Minoritenkirche zu Köln ein
mittelalterlicher Flügel-Altarschrein
zur Aufstellung, der dieser Kirche
zur hohen Zierde gereicht und durch den Köln,
das noch so reich an herrlichen alten Kirchen,
so arm aber an gleichzeitigen Altaraufsätzen ist,
e'ne sehr beachtenswerthe Bereicherung seiner
Kunstschätze erfahren hat. Die beifolgende Ab-
bildung zeigt besser als eine Beschreibung es
vermöchte den Inhalt und die Bedeutung des
ganzen Werkes. — Das Hauptbild im Mittel-
schrein ist das der Gottesmutter: wie es aber
bei fast allen mittelalterlichen Altären, wenig-
stens im Norden der Fall ist, so zeigt auch
hier der Künstler, dafs er nicht sowohl einen
Marienaltar, der zunächst der Verherrlichung
der hl. Jungfrau gewidmet sein sollte, im Sinne
gehabt hat, sondern dafs der Altar zum Preise
des grofsen Geheimnisses der Menschwerdung
gefertigt wurde, zur bildlichen Darstellung der
Stelle im Credo: „Qui propler nos homines et
Pfopter nostram salutem descendit de coelis et
tncarnatus est de spiritu sancto ex Maria Vir-
gine et homo /actus est." Darum finden sich
aUch aufser den vier Gruppen aus der Kindheit
Jesu, die das Mittelbild umgeben, und auf denen
aUch die hl. Mutter des Herrn jedesmal dargestellt
'st, vier Szenen aus der Vollendungszeit des
Erlösungswerkes. Die Erste der Erlösten steht
eben als Mutter des menschgewordenen Gottes-
sohnes in der Mitte, umgeben von Engeln und
v°n den mit ihr erlösten Heiligen. Zwei dieser
'etztern sind die Patrone der Kirche, aus der
der Altar stammt, St. Katharina und Nikolaus,
Und darum finden sich auch auf den Flügeln
Je zwei Gruppen mit Darstellungen aus ihrem
J-eben. Diese Nebeneinanderstellung der Szenen
ails dem Leben Christi mit solchen aus dem
^eben der Heiligen sieht man sonst in Deutsch-
and sehr selten; aber gerade die Gegend, aus
cler unser Altarwerk stammt, weist mehrere Bei-

spiele dafür auf, so besonders den herrlichen,
aus 1424 stammenden Altar der Paulinuskirche
zu Göttingen, der jetzt dem Weifenmuseum zu
Hannover angehört; dort zeigen sich neben sechs-
zehn Bildern aus der hl. Geschichte zwei aus dem
Leben des hl. Georg und des hl. Franziskus.
Wie ist aber das vorliegende schöne Werk
jetzt nach Köln gelangt? — Als im vorigen
Jahre die interessante Stadtkirche zu Alfeld bei
Hannover einer gründlichen Restauration unter-
zogen werden sollte, stellte sich die Noth wen-
digkeit heraus, die alte Hochaltar-Mensa von
ihrer Stelle zu rücken und damit auch den
grofsen Altarschrein, der auf derselben noch
aus mittelalterlicher Zeit sich befand — und
dies ist der hier in Rede stehende — wegzu-
nehmen. Da derselbe sich als in hohem Grade
restaurationsbedürftig herausstellte, mag die
dortige Kirchenverwaltung zu dem Entschlufs
veranlafst worden sein, ihn zu veräufsern. Zwei
holländische Händler hatten gerade ein Gebot
von 3200 Mk. gemacht, als der Unterzeichnete
durch einen Frankfurter Antiquar, der sich zur
Zeit in Hannover befand, Kunde davon erhielt,
dafs in Alfeld ein grofser mittelalterlicher Altar
zu verkaufen und jenes Gebot bereits erfolgt sei.
Da galt es, schnell sich zu entscheiden, wenn
das Werk dem kirchlichen Gebrauch und der
heimischen Kunst erhalten bleiben sollte. Eine
alsbald mit dem Vertreter des Alfelder Kirchen-
vorstandes eröffnete Unterhandlung führte zu dem
Ziele, dafs der Altar für die Summe von 4000 Mk.
dem Unterzeichneten überlassen wurde. Das
schöne Werk wurde gleich nachFrankfurt gebracht,
und da es unrestaurirt unmöglich wieder in den
Dienst des Heiligthums gestellt werden konnte, so-
fort im Atelier des Herrn Weis daselbst in Arbeit
genommen, unter Ueberwachung durch den Unter-
zeichneten. Der Hauptgrundsatz, welcher dabei
mafsgebend sein mufste, war der des treuen Fest-
haltens an der alten Polychromirung, und dies ist
denn auch in sorgsamsterWeise durchgeführt wor-
den. Die zum Theil verwitterten Figuren ergänzte
Herr Weis streng im Stil des Ganzen; eine neue
Kammbekrönung wurde hergestellt, der gesammle
Kreidegrund neu aufgetragen und dann die Poly-
 
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