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Zeitschrift für christliche Kunst — 2.1889

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Schnütgen, Alexander: Spätgothische Silber-Agraffe in der Pfarrkirche zu Burgen
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https://doi.org/10.11588/diglit.3570#0140

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235

1889.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 7.

236

Spätgothische Silber-Agraffe in der Pfarrkirche zu Burgen

Mit 2 Abbildungen.

ie hier abgebildete an einer Kette

auf der Brust zu tragende Agraffe
hat einen Durchmesser von 101/»
cm, eine Dicke von 4}/2 cm. Den
Mittelpunkt bildet auf der einen Seite ein durch
Metallgufs hergestelltes Medaillon mit der
Darstellung der Kreuzigung in Hoch-Relief,
auf der anderen Seite in flacher Elfenbein-
schnitzerei die Darstellung der Geifselung
Christi. Jenes ver-
goldete Silberme-
daillon zeigt in den
mehr hervortreten-
den, daher etwas ab-
geschlissenen Köpfen
die Spuren vielfachen
Gebrauches, in den
zurücktretenden Fi-
guren aber auch noch
die feine Modellirung
und Durchbildung,
die das Relief aus-
zeichnet. Das Elfen-
beinmedaillon,
durch ein Glasplätt-
chen geschützt, ist
nur in dem überaus
fein durchbrochenen
von Rosettchen be-
lebten Rankenwerk
des Hintergrundes
beschädigt. Von ihm
heben sich vortreff-
lich ab die äufserst
zart geschnitzten Fi-
gürchen: der zur Linken mit übereinanderge-
schlagenen Beinen sitzende Hohepriester, der
an die Säule gebundene Heiland zwischen den
beiden Henkersknechten und unter dem Brust-
bilde des segnenden Vaters, ein in den Raum
höchst geschickt komponirtes Griippchen. Seine
Wirkung wird durch die sparsam und diskret
angebrachte Färbung: Mattgrün für das Futter,
Gold für Haar, Schmuck, Attribute u. s. w. noch
erhöht, in reizendem Gegenspiel zu dem matt-
grauen Ton des Elfenbeins.

Diese beiden gegen die Mitte des XV. Jahrh.
entstandenen Rundbilder haben kurz darauf die
sehr lebendige und elegante silbervergoldetc

Fassung erhalten, welche sie zu der vorliegen-
den Agraffe gestaltet hat. Ueberall läfst sie die
geschickte Hand des erfindenden und ausfüh-
renden Goldschmiedes erkennen, der die Auf-
gabe der Fassung vorzüglich gelöst und mit
verhältnifsmäfsig geringen Mitteln eine überaus
reiche Wirkung erreicht hat. — Die unmittelbare
Umrahmung der Medaillons bildet eine Schräge
und ein Perlstab. Von diesem leitet eine Hohl-
kehle zu dem Perl-
stabe über, der die
Agraffe in achteckiger
Sternform abschliefst.
Ein glücklicher Kon-
trast zu den runden
Mittelbildern,dereine
Artvon Ausgleichung
erhält durch das die
einzelnen Sternseg-
mente belebende und
das Ganze wiederum
abrundende Blatt-
werk. Dieses besteht
in einem ausgesägten
und verschnittenen
wild geworfenen Drei-
blattpaare, dessen
Mittelpunkt ein ge-
drehter Knopf bildet
mitrechtsundlinksan
ihm befestigter kurzer
Blattschnecke. Wo
jene Blattpaare ap
den Sternspitzen zu-
sammenkommen,ver-
bindet sie ein Türkis in Kastenfassung, die auf
Sechspafsrosetten befestigt ist an einer aus
glattem und gekerbtem Draht gewundenen K°r"
del. Aehnlich behandeltes, aber aus Vierblät-
tern sich zusammensetzendes Rankenwerk füll'
in mannigfaltigen Windungen die Hohlkehle-
Jedoch sind bei diesen Blättern im Unterschiede
von den soeben erwähnten, die Nerven nicht
nur durch das Verschneiden mit dem Stichel
gebildet, sondern auch durch Auflöthung eineS
dünnen runden Drahtes, eine in dieser Periode
sehr häufig angewandte Technik, welche sowom
in der Sorge für die Solidität, als auch in dem
Bestreben ihren Grund hatte, den Blattorna-
 
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