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Zeitschrift für christliche Kunst — 2.1889

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Effmann, Wilhelm: Romanischer Taufstein zu Geistingen
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https://doi.org/10.11588/diglit.3570#0203

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351

1881). — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 11.

:!52

Romanischer Taufstein zu Geistingen.

Mit 2 Abbildungen.

ie beiden in dieser Zeitschrift bis-
lang zur Veröffentlichung gekom-
menen Taufsteine gehörten West-
falen an und zeigten die für diese
Gegend typische Cylinderform in einer Aus-
stattung, bei welcher die architektonische Durch-
bildung gegenüber dem plastischen Schmuck
entschieden zurücktritt.1) Anders am Rhein.
Freilich kommen auch hier ähnlich gebildete
Taufsteine vor, so z. B. einfach cylindrisch in
St. Georg zu Köln; etwas verjüngt in Schwarz-
rheindorf2) und in der Stifts-
kirche zu Wetzlar. Ein figür-
licher Schmuck wurde dabei
aber nicht beliebt; sollte eine
glänzendere Wirkung erreicht
werden, so griff man zu einem
Aufbau, bei dem das Schwer-
gewicht auf den Boden der
Architektur verlegt wurde. Am
meisten wurde hierbei wäh-
rend der ganzen romanischen
Periode eine Form bevorzugt,
bei welcher das als Halbkugel
geformte Becken von einem
kräftigen Mittelständer getra-
gen und ringsherum von dün-
neren Säulchen umgeben wird,
welche mit ihren Kapitellen
in das Abschlufsgesims ein-
greifen. Von diesen Taufstei-
nen, bei welchen die Zahl
dieser Säulchen meist zwischen vier und sechs
wechselt,8) sind zahlreiche Beispiele erhalten.4)
Eines der ersteren Art ist der Taufstein in der
Abteikirche zu M.Gladbach,5) ein Beispiel der
zweiten Artc) bietet der hier in Grundrifs und

•) Pieper „Romanischer Taufstein zu Brenken",
I. Jahrg. Sp. 239. — Effmann „Die Bildwerke auf
dem Taufsteine zu Freckenhorst", II. Jahrg. Sp. 109.

2) Boisseree „Denkmale der Baukunst am Nie-
derrhein", 2. Aufl. (1843), Taf. XXIII.

3) Acht Säulen kommen vor bei dem prächtigen,
nicht nur durch seine Gröfse, sondern auch durch
seine eigentümliche Skulptur ausgezeichneten Tauf-
steine im Dome zu Limburg a. d. L. Abgebildet bei
Bock „Rheinlands Baudenkmale", II 6 S. 25.

4) Aufzählung derselben bei Otte-Wernicke
„Handbuch der kirchlichen Kunstarchäologie", 5. Aufl.
(1883), I. Bd. S. 308.

Ansicht zur Darstellung gebrachte Taufstein.
Derselbe befindet sich in der jüngst von mir
in dieser Zeitschrift (IL Jahrg. Sp. 221 ff.) be-
schriebenen Pfarrkirche von Geistingen. Leider
ist von den sechs Säulchen, welche ihn früher
umgaben, keines mehr vorhanden; es fehlt auch
die Plinthe mit den Basen, nur die Kapitelle
sind erhalten geblieben, weil sie mit dem
Becken aus einem Stück gearbeitet sind. Sie
bilden eine kräftige Gliederung des trefflich
ausgeführten Blattfrieses, welcher diesen an sei-
nem oberen Rande umgibt. Die
Stilisirung des Frieses weist dar-
auf hin, dafs wir in dem Tauf-
steine ein Werk aus dem Be-
ginne des XIII. Jahrhunderts
vor uns haben.

Es wäre angezeigt gewesen,
dafs dieser Taufstein bei Ge-
legenheit des Kirchen-Erwei-
terungsbaues aus dem oberen
Theile des nördlichen Seiten-
schiffes an dessen Westende ver-
setzt worden wäre, und dafs man
zugleich die geringen Kosten
aufgewendet hätte, um den-
selben in seiner ursprünglichen
Form wieder herzustellen.7)

Allerdings erfreuen sich die
Taufsteine — oft die ältesten
und ehrwürdigsten Zeugen einer
vielhundertjährigen Vergangen-
heit — auch anderorts nicht immer der ver-
dienten Werthschätzung. So befindet sich z. B-
ein Taufstein von jener am Rheine so seltenen
verjüngten Cylinderform in der jetzt schon seit
Jahren verlassenen alten romanischen Pfarrkirche

von Eitorf.'

Münster. W. Effmann.

8) Abbildung bei Bock a. a. O. I 1 S. in.

c) Mehrere Abbildungen bei aus' m W e e r t n
„Kunsldenkmäler des christlichen Mittelalters in "en
Rheinlanden", II. Bd.

') Bei einer Wiederherstellung des Taufsteines könnte
der jetzige, zwar erst aus dem Ende des XVII. Janrn.
stammende, in seiner Art aber recht gute kuppelartig
Ilolzdeckel beibehalten werden.

8) [So lange ein alter Taufslein noch irgendwie
brauchbar bezw. herstellbar ist, sollte dieser monumen-
tale Anwalt urallen lokalen Christenthums beibehalten,
bezw. in die neue Kirche aufgenommen werden.] D.


 
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