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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 28.1930

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Heft 8
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Friedländer, Max J.: C. Hofstede de Groot
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Seifert-Wattenberg, ...: Achtundneunzigste Grosse Kunstausstellung Hannover
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https://doi.org/10.11588/diglit.7609#0368

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wußtsein seiner überlegenen Kennerschaft nicht Phantasie
genug aufbrachte, sich selbst als das Opfer einer Täuschung
zu betrachten, und geistig nicht mehr beweglich genug war,
von dem falschen Weg abzubiegen.

Von dem einen Fall abgesehen, lag gerade seine Stärke

in der unbeirrbaren Sicherheit der Überzeugung, und nun,
da uns sein Urteil fehlt, wird man seiner gedenken als
eines unbestechlichen Richters und seine produktive Leistung
ihrem ganzen Umfange nach ermessen.

M. J. Friedländer.

ACHTUNDNEUNZIGSTE GROSSE KUNSTAUSSTELLUNG HANNOVER

"V Tor zwei Jahrzehnten, als die Secessionen in Blüte standen,
* galten die Kunstvereine als eine überholte, längst ver-
staubte Angelegenheit. Das hat sich gründlich geändert.
Heute sind sie es allein, die sich den Luxus einer großen
Ausstellung noch leisten können. Und wird eine solche Aus-
stellung mit so viel Umsicht und Sorgfalt aufgezogen, wie das
bei der achtundneunzigsten großen Frühjahrsausstellung des
Hannoverschen Kunstvereins der Fall ist, so kann man es im
Interesse der Kunst als ein Glück bezeichnen, daß solche
Institute noch existieren.

Der Erfolg, den die Ausstellung hat, ist durchaus wohl-
verdient. Es gibt nicht nur eine Reihe guter Werke zu se-
hen — vor allen Dingen ist eine Übersicht über das augen-
blickliche künstlerische Schaffen in Deutschland und in der
Schweiz gegeben, wie man sie selbst in den Kunstzentren
an einer Stelle kaum antreffen wird. Keine Richtung kann
sich beklagen. An guten Beispielen läßt sich der Weg „von
Paris bis nach Dessau" verfolgen. Von den älteren Impressio-

nisten wirken am stärksten: Slevogt, Leo von König, Hübner
und Spiro, der erste mit ausgezeichneter Graphik. Dann fol-
gen die Brückenleute: Abkehr von Frankreich, Abkehr vom
neunzehnten Jahrhundert — bewußtes Zurückgreifen auf früh-
gotische Ziele, ja auf die Kunst ganz primitiver Völker. Es
ist wohl kein Zufall, wenn die meisten der deutschen „Fau-
ves" mit frühen Werken erscheinen. Hier wirkt das jugend-
liche Temperament noch ungebrochen und verheißungsvoll.
Die starke Landschaft von Kirchner (1912), der straffe Circus
von Heckel (1920), der Junge mit den Fischen von Pechstein
(dieser allerdings erst 1928 gemalt) sind Merksteine im Ent-
wicklungsgang dieser Künstler. Sehr gut vertreten ist Otto
Müller. Nachwuchs zeigt sich in Kaus und Herbig — auch
der Düsseldorfer Gilles mit seinem starken Dreiklang: Rot
Blau Grün gehört hierher.

Über das eindringliche Stilleben von Schmidt-Rottluff
kommt man zu Hofer. Hofers Jazzband verrät nicht den Weg
über Rom und Paris, zeigt aber seine eigensten Farben und

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