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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 18,2.1905

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Heft 23 (1. Septemberheft 1905)
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Lose Blätter
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.11879#0665

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Sie wissen, daß ich die Dummheiten geistreicher Leute dem Geiste
der Dummen vorziehe, und daß jener Mängel mir lieber sind als die
„Qualitäten" dieser. Jn diesem Sinne gibt es verfehlte Werke, die viel
mehr Wert haben als andere, die sehr „geglnckt" und erfolgreich sind!

(An eine Freundin.)

Dauerndes Glück ist nur möglich durch völliges, durch absolntes
Entsagen, wie es die Heiligen geübt haben, wie es die Liebe in den
Augenblicken ihrer höchsten Erhebung faßt! (An eine Freundin.)

sw-cis cd a _ä

^ Debrecziner Schweins-
knöchelsulze

Alexander Petöfi, mit zwanzig
Jahren Straßenjunge, mit fünfund-
zwanzig Jahren tot, eines der Opser
des ungarrschen Befreiungskrieges, in
den füns dazwischen liegenden Jahren
der gefeiertste Dichter Ungarns, war
der Sohn eines Schlüchtermeisters.
Als solcher wußte er gut Bescheid
mit der Bereitung der Debrecziner
Schweinsknöchelsulze. Hören wir, wie
er sich darüber ausspricht. „Du
brauchst mir nicht zu schreiben,"
sagte er zu Kertbeny, „du weißt,
wie sehr ich es hasse, Briefe be-
antworten zu sollen, denn es ist
nichts geführlicher als Briese. Stirbt
man einst berühmt, so ist sogar der
Schuster, den man je um Geduld
betresf seiner Stieselrechnung er-
suchte, fähig, solch einen Bries als
teure Reliquie zu veröffentlichen,
und die Nachwelt, welche als Jury
links des Dichters Werke, rechts
seine Waschzettel von Privatbriefen
vor sich liegen hat, diese Wider-
sprüche aber nicht gut reimen kann,
sie immerhin jedoch reimen will,
kocht dann ein Zerrbild von Cha-
rakterporträt aus diesen Widersprü-
chen zusammen, als wär's aus De-
brecziner Schweinsknöchelsulze ge-
knetet."

Nun wissen wir mit der Bereitung
der Debrecziner Schweinsknöchelsulze
Bescheid. Wir kommen jetzt dazu,
zu untersuchen, wie man diese Be-

reitung hintertreiben kann. Jn dem
Falle nämlich, daß man der Mei-
nung ist, es sei bereits zuviel der
Debrecziner Schweinsknöchelsulze da.
Denn es siud unsere gestorbenen
Dichter in das selige Schlaraffen-
land hinübergegangen, welches von
einem großen und immer breiter
werdenden Berge von Debrecziner
Schweinsknöchelsulze umgeben ist,
durch den ein gründlicher deutscher
Jüngling sich erst hindurchessen
muß, ehe er von den Früchten
schmecken darf, die der Dichter selbst
ihm vorzusetzen hat. Da hat es sicki
nun herausgestellt, daß er — zu diesem
seligen Genuß durch Durchessung des
Berges als befühigt erwiesen und
wissenschaftlich anerkannt — in den
bisher bekannt gewordenen Fällen
meist nicht mehr aufnahmefähig
war. Während des jahrelangen emsi-
gen Schweinsknöchelsulze-Essens näm-
lich hatte sich sein Magen regelmüßig
derartig an diese feste Kost gewöhnt,
daß er, alsobald er das jenseitige
selige Licht und die duftenden Früchte
erblickte, in die Frage ausbrach:
„Gibt's auch Schweinsknöchelsulze?"
Nnd sogleich darauf, ehe man noch
recht verneinen konnte, stürzte er sich,
die allmählich der Rüsselform stark
angeähnelten Eßorgane seines Geistes
weit vorangestreckt, auf einen noch
undurchwühlten Teil des Berges, um
sich zurückzuessen.

So leben denn die jenseitigen
hohen Geister in verhältnismäßig

(. Sextemberheft (ZOS
 
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