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Schönermark, Gustav [Hrsg.]
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen (Band 16): Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Delitzsch — Halle a. d. S., 1892

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https://doi.org/10.11588/diglit.25510#0035
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Delitzsch.

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AiLsmalung des Kircheninneren ermöglichen sollte. Im folgenden Jahre nämlich,
in welchem auch die neue Orgel gesetzt wurde, schmückte der Maler Eisenherg
ans Leipzig die Deckengewölbe des Chores und der Kreuzkapelle — vermutldich
auch die der südlichen Kapelle, sowie die Bordwand der Kirche, wo sich noch
Spuren von Malerei vorfinden — mit Heiligenbildern aus. 1461 wird die Kirche
geweisst, wohl zum ersten Male und jedenfalls im Aeusseren, weil ja im vorher-
gegangenon Jahre das Innnere Gemälde erhalten hatte. Es wird zum Jahre 1464
auch noch bemerkt, dass der Maler Peter aus Leipzig das Aeussere der Orgel ge-
malt habe, sowie „das lange Tuch vor dem Sacramente" nnd „die Juden". Diese
Malereien sind nicht mehr vorhanden; es werden Tafelbilder gemeint sein bez.
wird unter dem langen Tuche ein gemaltes Antependium verstanden werden
müssen. 1475 traf der Plitz den Dachreiter, der aber wieder hergestellt wurde.
Erst 1490 setzt man den seit längerer Zeit unterbrochenen Bau des eigentlichen
Thurmes im Westen fort, um ihn im folgenden Jahre durch den Zimmermeister
Wenzel und Hans Möller, sowie den Maurer Georg Amme vollenden zu lassen.
Das letzte Obergeschoss, die Glockenstube, rührt wohl aus dieser Zeit her. Die
südliche und nördliche Mauer wurden „einstweilen mit Aufschieblingen gedeckt",
eine Bemerkung, die wohl nichts anderes heissen soll, als dass man die Neben-
rüume des Thurmes nördlich uud südlich mit Pultdächern versehen habe, bis man
sie zu gleicher Höhe mit dem Schiffe emporführen könne, was alsdann unterblieb.
1496 baute der Maurermeister Andreas von Rochlitz mit 10,000 Stück Mauersteinen
aus der Ziegelscheune des Raths „die Abside an dem Glockenthurme und das Ge-
wölbe"; der Sinn dieser AVorte der Chronik ist unverständlich, weil eine Apsis an)
Glockenthurme weder vorhanden ist, noch sich erkennen lässt, wo eine solche je-
mals vorhanden gewesen sein könne; ebenso hat sich, soviel erkennbar ist, nie-
mals ein Gewölbe im Tluirme befunden. Als man 1544 eine der Glocken aus der
unfertigen Marienkirche bekam, wurde der „Seiger", welcher bereits 1438 und
dann wieder 1469 von einem Leipziger Künstler neu gemacht und von einem
Leipziger Goldschmiede mit vergoldeten Zahlen (den heutigen) versehen war, ein
Stock höher gebracht, d. h. der Seiger (Uhr mit Zifferblatt), weicher sich seither
„bei den Glocken" befand, also in derEussbodenhühe der Glockenstube, wurde
jetzt an seinen heutigen Platz auf die Balkenlage der Helme gesetzt. Für das
Zifferblatt und die Schlagglocke musste nun der Erkner gegen Süden herausgebaut
werden nnd dazu verbrauchte man das Material des Dachreiters, den man abbrach.
1552 wird die Kreuzkapelle mit Schiefer umgedeckt. Nachdem 1555 die gothischc
Bedachung über der Leichenhalle bis auf die Ueberwölbung abgebrochen war, er-
hielt dieser Anbau sein jetziges Obergeschoss und das zu letzterem führendc
AVendeltreppenthürmchen. Der Zweck war, eine „Kastenstube" zur AArwahrung
des Gotteskastens, der Einnahmen der Kirchenzinsen und der Abnahme und Auf-
bewahrung der Rechnungen anzulegen, ln den Sommermonaten des Jahres 1585
tünchte und weisste man die Kirche mit dem Thurme. 1691 erforderten die
Thurmspitzen, die wohl höher als die jetzigen waren, einen Umbau, der vom 19.
August bis zum 2. September wählte. Die chronicalen Angaben, die sich nicht
auf den Kirchenbau im Allgemeinen, sondern auf Einzelheiten desselben beziehen,
können erst bei der Beschreibung dieser im Folgenden berücksichtigt werden.
 
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