Strebungen zu. Kraft dieser Einstellung, welche er am
Schlüsse in die Mahnung kleidet „Es kommt darauf
an, daß der Expressionismus sidr treu bleibt“, gehört
G. F. Harflaub mit seinem Budre zu denen, welche
gegen jene Kleingläubigen Verwahrung erheben, die
heute mit einem Male zur eiligsten Umkehr auf dem
eingesdrlagenen Wege predigen, und bezeugt auf sei-
nem Gebiete den Glauben, daß im Untergang des
Abendlandes die sichere Gewähr einer künftigen Neu-
geburt sdrlummert.
IM HAAG F. M. HUEBNER.
EIN REM BRANDT-BUCH. Die nicht unbefrädrtlidre
Zahl der mehr oder minder umfangreidren Forsdrer-
arbeifen über Rembrandt soll durdr das neulich erschienene
Buch Pfisters nicht um eine weitere vermehrt werden.
(Rembrandt. Von Kurt Pfister. Mit 50 Abbildungen.
München, Delphin-Verlag.) Es ist persönlidrer gehalten,
spürt die unmittelbareren kiinstlerisdren und, im lebten
Sinne, menschlichen Beziehungen auf, die sich für den
ergeben, der sidr mit der unersdröpflidr reidren Gesamt-
erscheinung Rembrandfs auseinanderseßt. Ohne wissen-
sdraftlidren Apparat wird das Wesen der Rembrandt-
schen Kunst herausgeschält, die Gebärde dieses Sdraffen-
den, als der Ausdruck innerer Gesichte, gedeutet.
Bildnis, Landschaft, religiöse Szene, die drei „Stoffs-
Gebiete des Malers, werden gesondert, aber nidrt
zusammenhanglos betradrtet. Die Kategorien sind wie
eine künstlerisdre Stufenleiter, wenn audr die Sprossen
sidr gelegentlidr durdreinandersdrieben. Dem Subjekti-
vismus des jungen Künstlers entspridrt mehr das
Individuelle, Augenblickliche des Bildnisses, die Kunst
des mittleren Rembrandt ist gesättigt vom ruhenden
Sein der Landsdraft, der Rembrandt der beiden lebten
Jahrzehnte, der sdron äußerlidr der Welt entrückt ist,
wird immer tiefer und großartiger, großartig in der
sdrlidrten Einfadrheif des formalen Ausdrucks seiner
ganz verinnerliditen Gesichte. Verklärtes Menschentum,
religiöses Erlebnis, erlebte Religion, gespiegelt in der
einmaligen überzeugenden Gestaltung, deren leßtes
Geheimnis nur nodr geahnt, nicht mehr gedeutet werden
kann. Nicht neue Erkenntnisse, vielmehr die liebevolle
Einfühlung in das Schaffen und die seelisdre Gr'und-
sfimmung des großen Holländers machen das Budr
Pfisters zu einer sympathischen Ersdreinung in der
Kunstliteratur. Wenn Pfister in der Einleitung an-
kündigt, mit einfadren Worten das aussprechen zu
wollen, was gewiß viele der Generation ahnend emp-
finden, wenn sie in Ehrfurcht den Namen Rembrandts
nennen, so hat er damit selbst am besten sein bescheiden-
schönes Budi drarakterisiert. PlIETZFELD
BERLINER KUNSTSCHAU. Die Sommerpause der
hiesigen Veranstaltungen empfindet man nadi all der
hastigen Betriebsamkeit des leßten Jahres als garnidrl
unsympathisch; was man dodr nodr zu sehen bekommt,
das sind meist „Verkaufsausstellungen“, in denen es
etwas freier zugehen kann: man bringt bei der Ge-
legenheit manches zu Tage, das-sich sonst nur schwierig
einrangieren ließe, also anderswo bereits Gezeigtes,
Begehrtes und Nidrtbegehrtes, offenbar Minderwertiges,
aber audr mitunter Dinge, die es wahrhaftig lohnt gesehen
zu haben. (So ragen z. B. bei Möller formgewaltige
Sfilleben des früheren Schmidt-Rottluff auf, und eine
wundervolle kristallen - blaue Seelandsdraft von Hodler.)
— Pedrstein und Cesar Klein haben manches sogar
Tüchtige aus ihrem Vorrat ausgekramt und bei Gurlitt
aufgehängt. Im »Sturm« triumphiert die abstrakte
Richtung: der in romantischer Ironie von Ziel zu Ziel
getriebene Goering, der einst die »Seeschlacht« diditele,
hat einige Serien von Zeidmungen und Aquarellen
ausgestellt, außer diesen sind Bilder von Thomas Ring
und Walter Seile vorhanden. — Klinger-Gedädrtnis-
aussfellungen waren unvermcidlidr. — Das Widitigste
scheint mir diesmal in einem neueingerichteten kleinen
Kabinett der Abgußsammlung des Ardräologischen
Instituts der Universität enthalten zu sein, wo man
trefflidreNadrbildungen sieht nadr kretisch-nrinosischen
Originalen. Vor allem begrüßt man eine Abtormung
von dem erhabenen steinernen Minos -Thron! Aus
sdreinbar sehr getreuen und gesdrickt gefertigten Deck-
farbenkopien gewinnt man einen Begriff von der
Wandmalerei: es sind braune, in rhythmischen Parallel-
bewegungen sdireitende Jünglingsgestalten mit „Wespen-
taille“ und mächtigen Sdienkeln (man kennt meist nur
den „Triditerträger“). Dodi audr kleine Flädien- und
Sarkophagdarsfellungen sind uns wichtig zur Erkenntnis
dieser vorgriedrisdren, vornrykenisdren Kunstkultur,
abgesehen davon, daß hier — wenn audr nidrt überall,
so dodr nrandrnral — wahre künstlerische Leistung
angetroffen wird, die uns unmittelbar in Bewegung seßt.
BEYER.
GEMÄLDE AUS DARMSTÄDTER PRIVAT-
BESITZ. Bilder kaufen ist leidrf, Bilder sammeln
sdrwer. Uber das ersfere enfsdreiden die Mittel, über
das zweite Verständnis und Gesdrnrack. Wenn beides
zusanrnrentrifft, kommen herrlidre Dinge zustande.
Wenn es nidrt zusanrnrentrifft, dann entsteht die Aus-
stellung „Gemälde aus Darnrstädter Privatbesiß“. Mit
einer Einsdrränk.ung: Alexander Kodr, der Kunst-
verleger, hat inr Laufe der Jahre eine Sammlung
zustande gebradrt, die sidr sehen lassen kann, wenigstens
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Schlüsse in die Mahnung kleidet „Es kommt darauf
an, daß der Expressionismus sidr treu bleibt“, gehört
G. F. Harflaub mit seinem Budre zu denen, welche
gegen jene Kleingläubigen Verwahrung erheben, die
heute mit einem Male zur eiligsten Umkehr auf dem
eingesdrlagenen Wege predigen, und bezeugt auf sei-
nem Gebiete den Glauben, daß im Untergang des
Abendlandes die sichere Gewähr einer künftigen Neu-
geburt sdrlummert.
IM HAAG F. M. HUEBNER.
EIN REM BRANDT-BUCH. Die nicht unbefrädrtlidre
Zahl der mehr oder minder umfangreidren Forsdrer-
arbeifen über Rembrandt soll durdr das neulich erschienene
Buch Pfisters nicht um eine weitere vermehrt werden.
(Rembrandt. Von Kurt Pfister. Mit 50 Abbildungen.
München, Delphin-Verlag.) Es ist persönlidrer gehalten,
spürt die unmittelbareren kiinstlerisdren und, im lebten
Sinne, menschlichen Beziehungen auf, die sich für den
ergeben, der sidr mit der unersdröpflidr reidren Gesamt-
erscheinung Rembrandfs auseinanderseßt. Ohne wissen-
sdraftlidren Apparat wird das Wesen der Rembrandt-
schen Kunst herausgeschält, die Gebärde dieses Sdraffen-
den, als der Ausdruck innerer Gesichte, gedeutet.
Bildnis, Landschaft, religiöse Szene, die drei „Stoffs-
Gebiete des Malers, werden gesondert, aber nidrt
zusammenhanglos betradrtet. Die Kategorien sind wie
eine künstlerisdre Stufenleiter, wenn audr die Sprossen
sidr gelegentlidr durdreinandersdrieben. Dem Subjekti-
vismus des jungen Künstlers entspridrt mehr das
Individuelle, Augenblickliche des Bildnisses, die Kunst
des mittleren Rembrandt ist gesättigt vom ruhenden
Sein der Landsdraft, der Rembrandt der beiden lebten
Jahrzehnte, der sdron äußerlidr der Welt entrückt ist,
wird immer tiefer und großartiger, großartig in der
sdrlidrten Einfadrheif des formalen Ausdrucks seiner
ganz verinnerliditen Gesichte. Verklärtes Menschentum,
religiöses Erlebnis, erlebte Religion, gespiegelt in der
einmaligen überzeugenden Gestaltung, deren leßtes
Geheimnis nur nodr geahnt, nicht mehr gedeutet werden
kann. Nicht neue Erkenntnisse, vielmehr die liebevolle
Einfühlung in das Schaffen und die seelisdre Gr'und-
sfimmung des großen Holländers machen das Budr
Pfisters zu einer sympathischen Ersdreinung in der
Kunstliteratur. Wenn Pfister in der Einleitung an-
kündigt, mit einfadren Worten das aussprechen zu
wollen, was gewiß viele der Generation ahnend emp-
finden, wenn sie in Ehrfurcht den Namen Rembrandts
nennen, so hat er damit selbst am besten sein bescheiden-
schönes Budi drarakterisiert. PlIETZFELD
BERLINER KUNSTSCHAU. Die Sommerpause der
hiesigen Veranstaltungen empfindet man nadi all der
hastigen Betriebsamkeit des leßten Jahres als garnidrl
unsympathisch; was man dodr nodr zu sehen bekommt,
das sind meist „Verkaufsausstellungen“, in denen es
etwas freier zugehen kann: man bringt bei der Ge-
legenheit manches zu Tage, das-sich sonst nur schwierig
einrangieren ließe, also anderswo bereits Gezeigtes,
Begehrtes und Nidrtbegehrtes, offenbar Minderwertiges,
aber audr mitunter Dinge, die es wahrhaftig lohnt gesehen
zu haben. (So ragen z. B. bei Möller formgewaltige
Sfilleben des früheren Schmidt-Rottluff auf, und eine
wundervolle kristallen - blaue Seelandsdraft von Hodler.)
— Pedrstein und Cesar Klein haben manches sogar
Tüchtige aus ihrem Vorrat ausgekramt und bei Gurlitt
aufgehängt. Im »Sturm« triumphiert die abstrakte
Richtung: der in romantischer Ironie von Ziel zu Ziel
getriebene Goering, der einst die »Seeschlacht« diditele,
hat einige Serien von Zeidmungen und Aquarellen
ausgestellt, außer diesen sind Bilder von Thomas Ring
und Walter Seile vorhanden. — Klinger-Gedädrtnis-
aussfellungen waren unvermcidlidr. — Das Widitigste
scheint mir diesmal in einem neueingerichteten kleinen
Kabinett der Abgußsammlung des Ardräologischen
Instituts der Universität enthalten zu sein, wo man
trefflidreNadrbildungen sieht nadr kretisch-nrinosischen
Originalen. Vor allem begrüßt man eine Abtormung
von dem erhabenen steinernen Minos -Thron! Aus
sdreinbar sehr getreuen und gesdrickt gefertigten Deck-
farbenkopien gewinnt man einen Begriff von der
Wandmalerei: es sind braune, in rhythmischen Parallel-
bewegungen sdireitende Jünglingsgestalten mit „Wespen-
taille“ und mächtigen Sdienkeln (man kennt meist nur
den „Triditerträger“). Dodi audr kleine Flädien- und
Sarkophagdarsfellungen sind uns wichtig zur Erkenntnis
dieser vorgriedrisdren, vornrykenisdren Kunstkultur,
abgesehen davon, daß hier — wenn audr nidrt überall,
so dodr nrandrnral — wahre künstlerische Leistung
angetroffen wird, die uns unmittelbar in Bewegung seßt.
BEYER.
GEMÄLDE AUS DARMSTÄDTER PRIVAT-
BESITZ. Bilder kaufen ist leidrf, Bilder sammeln
sdrwer. Uber das ersfere enfsdreiden die Mittel, über
das zweite Verständnis und Gesdrnrack. Wenn beides
zusanrnrentrifft, kommen herrlidre Dinge zustande.
Wenn es nidrt zusanrnrentrifft, dann entsteht die Aus-
stellung „Gemälde aus Darnrstädter Privatbesiß“. Mit
einer Einsdrränk.ung: Alexander Kodr, der Kunst-
verleger, hat inr Laufe der Jahre eine Sammlung
zustande gebradrt, die sidr sehen lassen kann, wenigstens
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