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Feuer: Monatsschrift für Kunst und künstlerische Kultur — 2.1920/​1921

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Wolfradt, Willi: Franz Heckendorfs Landschaftsstil
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https://doi.org/10.11588/diglit.41961#0219

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FRANZ HECKENDORFS
LANDSCHAFTSSTIL
WILLI WOLFRADT

So wenig sich eine bestimmte Grenze zwischen dem künstlerischen Stil der
vorigen und dem der heutigen Generation festlegen labt, so wenig ist in
begrifflicher Formel mit unbedingter Treffsicherheit auszusprechen, worin
der stilistische Gegensah nun eigentlich besteht. Allen solchen Formeln liegt eine
naive und dem sehr komplizierten Sachverhalt nicht entsprediende Vorstellung
vom inneren Wesen des „Gegensabes“ zugrunde. Immerhin mag man den Dingen
noch die geringste Gewalt antun, wenn man den Gegensah als einen des
Verhältnisses von darstellendem Subjekt zu dargestelltem Objekt ausspricht. Es
stehen sich die beiden Möglidrkeiten gegenüber, daf> ein Künstler wiedergibt,
was er sieht, also den empfangenen Eindruck, oder dab er die Dinge so darstellt,
dab ihr eigenstes Wesen möglichst kräftig durch die Erscheinung hindurchschlägt,
dab also die aus der Gesamtheit vieler Eindrücke und sinnlicher Erfahrungen vom
Künstler ausgebildete Vorstellung der Eigenseele der Objekte die primäre Re-
flexion dieser Eindrücke transformiert. Man kann keineswegs eine sachliche einer
mehr subjektiven, noch eine individualistische einer mehr typisierenden Auffassung
entgegenstellen, vielmehr handelt es sich eben um zwei Sachlichkeiten, Subjek-
tivitäten oder Typisierungen verschiedener Art und Stufe. Wer will sagen, es sei
sachlicher, den gewonnenen Natureindruck ohne weiteres abzubilden, als ihn zu-
gunsten eines lebten Ausdrucks der Seele der Sache umzubilden? Ganz abgesehen
von der erkenntnistheoretischen Banalität, sich den Vorgang reflektierenden Nach-
bildcns so ganz ohne weiteres und ohne Vorgänge der Umbildung vorstellen zu
wollen, — man könnte eben die Umbildung, die den Wesenskern der Objekte zu
erfassen trachtet, als den sachlicheren Weg bezeichnen. Gleichwohl ist die impres-
sionistische Beziehung zum Gegenstand schließlich als unmittelbarere aber ober-
flächlichere, die expressionistische Beziehung zum Gegenstand als die mittel-
barere aber wesentlichere zu kennzeichnen.
Man ist danach versucht, eine besonders enge Beziehung zwischen der Landschaft
und dem vorigen Stil einerseits, zwischen dem Porträt und dem jüngsten Stil
andererseits anzunehmen, denn der Mensch, dessen Bildnis gemalt werden soll,

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