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Feuer: Monatsschrift für Kunst und künstlerische Kultur — 2.1920/​1921

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Bodman, Emanuel von: Stilles Fest
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https://doi.org/10.11588/diglit.41961#0598

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STILLES FEST

EMANUEL VON BODMAN
(* 23. Januar 1874 in Friedrichshafen am ßodensee)

Wieder glänzt im ersten Sonnenstrahle
Meine Heimat, jeder Wiesenpfad,
So wie einst, als ich mit blanker Schale
In den Morgen meines Lebens trat.
Wieder lockt die Straße in die Weite
Hell vorbei am alten Vaterhaus.
Drunten schwillt ein Segelboot hinaus.
Eine Maischalmei gibt das Geleite.
Und ich schreite wie in einen Spiegel,
Der die Bilder meiner Stunden faßt.
Meine Kammern, öffnet eure Riegel!
Der Erobrer lädt sich selbst zu Gast:
Heute will ich von den schwersten Freuden
Und von jeder leichtgewordnen Qual
Einen wohlvergärten Trunk vergeuden,
Daß es funkelt wie zum ersten Mal!
Leben, dürft’ ich so mein ganzes Leben
O wie heute diesen blauen Tag,
Immer wieder hier verklärt durchbeben,
Bis es trunken in mir stöhnen mag,
Und vor Nacht, bevor das große Grauen
Naht, beim fernen Klange von Musik
Noch einmal mit aufgerissnem Blick
Hier in meinen Wunderspiegel schauen!

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