Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Feuer: Monatsschrift für Kunst und künstlerische Kultur — 2.1920/​1921

DOI Artikel:
Behne, Adolf: Von holländischer Baukunst
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.41961#0303

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext

VON
HOLLÄNDISCHER BAUKUNST
ADOLF BEHNE

In jenem ungedruckfen internationalen Konversationslexikon der Halb-Gebildeten,
aus dessen Phraseologie der „tiefe philosophische Deutsche“, der „mystische
Russe“, der „elegante geistreiche Franzose“ und der „leiditbcwegliche Italiener“
immer wieder, falsch wie alles Stereotype, auftauchen, steht Holland unter den
anderen Ländern als das „malerische Holland“ abgestempelt. Was mu| man von
Holland wissen? Man muß wissen, daß im 17. Jahrhundert in jeder Stadt eine
Gesellschaft höchst tüchtiger Maler saß. Wenn man nicht weih, daß Wouverman
seinen »Schimmel«, Jan Steen seine »Rüpel«, de Heem seine »Stilleben« und de Hooch
seine »Stuben« gemalt hat, darf man sich nicht zu den Gebildeten rechnen, denen
es bekannt zu sein hat, welche Rolle das Holland des 17. Jahrhunderts in der
Geschichte der Kunst spielte. Rembrandt ist dann mehr für die ganz groben
Gelegenheiten. Bei Festbanketten, Begrüßungsreden und Ministertoasten erscheint
er als „Hollands Genius“ neben den anderen „Geniussen“ Beethoven, Goethe,
Shakespeare und Midielangelo. Auch das ist für die Gebildeten so schön, weil
es so stereotyp ist. Was vor der Blüte der holländischen Malerei war und was ihr
folgte, aber gar was nicht Malerei ist, steht im internationalen Konversationslexikon
nicht vorgedruckt — d.h. es ist nicht. (Beweis: die Kunsteinführung des Bädecker.)
Das „malerische Holland“ ist nicht Holland. Man kennt nidrt dieses Land, wenn
man im Maurüshuis und im Rijksmuseum die Aberhunderte von bemalten Lein-
wänden abgegrast hat. Diese Malerei, zu Unrecht in den Vordergrund gesduoben,
bettet sich in Wahrheit bescheiden und selbstverständlich ein in eine starke
geschlossene Kultur. Sie hat ihren erstaunlichen Wert, wenn man sie richtig
betrachtet — nicht so sehr als Kunst, sondern als einen Beweis unter vielen anderen
für jenes hohe kulturelle Niveau, das geschaffen hatte nicht die Malerei, sondern
— nicht ausschließlich, aber in sehr erheblidiem Grade — die Architektur. Die
Malerei, die so ungeheuer bekannt ist, ist nicht eigentlich das Arbeitsfeld der
stärksten Form- und Bildnerkräfte des Landes, ist nicht primären Charakters,
sondern ist ein leßtes Sich-Ausspielen am Ende noch vorhandener Kräfte, die,
nachdem stärkere Elemente die große Form geschaffen haben, nun in sicherer Huf


279
 
Annotationen