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Feuer: Monatsschrift für Kunst und künstlerische Kultur — 2.1920/​1921

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Becher, Johannes Robert: Musik des Abschieds
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https://doi.org/10.11588/diglit.41961#0146

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JOHANNES R. BECHER
MUSIK DES ABSCHIEDS
Verheißung, Böen, Insel-Fest und Pfeile —
Vorbei Beginn! O Trunkenheit! Verzückte Bienenschwärme flüstern um den Ort.
O Rosen-Dorf! Des Südens glühende Winde heilen.
Gehöft. Ein Hirt. Wir träumten jubelnd uns aus Nordens fremden Völkerstämmen
fort.
Verlorenes Land! Aus düsterem Abschieds-Auge schwermut-schräg heut über-
gossen . . .
Schwert du, Blut, Stern und Christi Dornenkranz: füllt auf — o noch ein Mal! —
den lebten Krug!
Dann aber —: auf gewacht! ihr meiner Zeit Genossen!
Erde genug! Nun heißts: ins Licht den Flug!!
Kristall-Salz-Wälder. Sonnen-Wirbel. Hängende Städte. Wanderungen unterm
Eise . . .
Aus allen Zonen münden wundertreu die Züge ein.
Gewaltige Sänger lodern hügelauf und preisen.
Genesung?! Zögere nicht! Musik irrselig. Ewiger Wein.
Seht Feuer-Segel! Tanzt ihr braunen Monde!
O Jagden! Pyramiden. Nil. Und buntes Schilf. Mein Zelt,
Verfinsterungen, Höllen. Schatten der Entthronten.
Ein Trümmer-Traum: Europa! Reich um Reidi zerfällt.
Strom-Engen, Brücken, Kreide-Felsen, Brüche —
Nach Afrika! Mensch: nackt und rot! Aus göttlichem Granit!
Die Kiefer dorrt. Die Säule welkt. Die violetten Sumpf-Gerüche.
Ein Krokodil-Geheul. Ein Ur-Gesang! Doch Leucht-Spur jeder Schritt!
Und aufgetürmt dort sieben der Gebirge.
Zerstört es mich?! Mich frohlockt sehnsuchts-schüchtern Wildnis,
Ein Mond-Tier namenlos und rätselhaft gebannt im fliegenden Gestein.
Würgt ein Verräter wo? Und wirkt die Circe?!
An Wänden fiebert Schrift. O lockere dich! Es fließt Gewein.

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