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Feuer: Monatsschrift für Kunst und künstlerische Kultur — 2.1920/​1921

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Sternberg, Leo: Triumph der Liebe
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https://doi.org/10.11588/diglit.41961#0464

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LEO STERNBERG

TRIUMPH DER LIEBE

Du bist zum Gott in meinem Innern worden
und bildest mich nadi deinem sanften Willen.
Wie nun die Orgelklänge meiner stillen
Mitte mein Wesen donnernd überborden!
In mich verlegt die Milde aller Welt.
Die tausend Arme meiner Seele dehnen
sich auf zu deinen Himmeln . . . Die Posaunen
der Hingebung durch des Geschickes Launen,
verlorenes Hoffen, Schmerz hindurch und Sehnen
sprengen mit ihrem Hall das Firmament,
daß Paradiese weit geöffnet stehen,
worin des Lidites goldne Ströme schwimmen
und meines Ungestümes brandende Stimmen
sofort in sanftes Säuseln übergehen,
das jenseit schwebt und aus mir selber tönt.
In welch ein Reich der Kniende entronnen,
der sich von Schiff zu Schilf, auf Zufalls Wogen,
gepeitscht vom Schicksal, um den Pol gebogen,
zu suchen fern des Lebens tiefsten Bronnen,
der heimlich ruhte in der eignen Brust!
Umstarrt midi nodi das Eisland des Gegebnen?
Der warme Quell darunter läßt es tauen
und schmilzt heraus die enzianenblauen
Alpmatten über grenzenlosen Ebnen,
darüber sich der Freiheit Adler wiegt.
Nun kann ich nie mehr, weif* ich, dich verlieren.
Ich trage dich aus deines Körpers Grenzen
heraus in ein unfaßbar-luftig Glänzen,
mir ewig einverleibt, zu triumphieren
über der Welt Versagung und Besiß.

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